Zur Unterstützung von Kulturschaffenden in der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung im Juni 2020 das Programm „Neustart Kultur“ auf den Weg gebracht. Mehr als zwei Milliarden Euro flossen letztlich an die deutsche Kulturszene. Recherchen von Deutschlandfunk Kultur zeigen nun, dass offenbar auch Geld an rechtsextreme Verlage und Autoren ging. Auch ein Verlag und Versand mit Firmensitz in Dortmund soll davon profitiert haben.
So habe der Forsite Verlag, der laut Impressum seinen Firmensitz in der Thusneldastraße 3 und damit an der Adresse des NPD-Kreisverbands Dortmund hat, Fördergelder in Höhe von 2867,30 Euro erhalten. Das Geld soll für das Buch „Herman Wirth. Leben – Werk – Wirkung“ geflossen sein.
Herman Wirth war ein völkischer Esoteriker, der in der Zeit des Nationalsozialismus die „Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe“ der SS mitgründete. In dem Buch werden seine Theorien dargelegt. Verantwortlich für den Forsite Verlag und den Parzifal Versand ist laut Impressum Dennis K., der als gut vernetzt in der extrem Rechten Szene gilt. Nach Recherchen von Deutschlandfunk Kultur ist K. auch bereits als Autor des Magazins „Nationaler Sozialismus Heute“ („N.S. Heute“) tätig gewesen.
Bekannte Adresse
Der rechtsextreme Sturmzeichen-Verlag, der das Magazin herausgibt, hat seinen Firmensitz ebenfalls in der Thusneldastraße 3 und wird von dem bekannten Dortmunder Rechtsextremisten Sascha Krolzig herausgegeben.
Krolzig wurde zu Beginn des Jahres wegen Inhalten in „N.S. Heute“ zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er Volksverhetzung begangen und Propagandamittel verfassungswidriger Organisationen verbreitet habe. „N.S. Heute“ wird wie das Magazin „Reconquista“, das wiederum Dennis K. und die Thusneldastraße 3 im Impressums stehen hat, werden vom Verfassungsschutz in NRW als „rechtsextrem“ eingestuft
Bislang seien der Verlag und der Versand „nicht im Zusammenhang mit einem strafrechtlich relevanten Verhalten in Verbindung gebracht“ worden, teilt die Polizei Dortmund mit. Konkret seien keine Erkenntnisse darüber bekannt, in welchem Maß die Gewinne aus diesen Beschäftigungsverhältnissen einen Einfluss auf die Finanzierung der rechtsextremen Szene haben, heißt es von der Behörde schriftlich.
Förderung für Kinderbuch
Die Bedeutung solcher Publikationen für die Finanzierung der Szene lasse sich von außen schwierig beurteilen, sagt Leroy Böthel von der mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus der Bezirksregierung Arnsberg. Seiner Einschätzung nach verfolge die rechtsextreme Szene mit der Veröffentlichung von Büchern und Zeitschriften nicht so sehr das Ziel, sich nach außen zu repräsentieren. „Vielmehr dienen solche Zeitschriften zur Festigung innerhalb der Szene“, sagt Böthel.
Neben dem Buch über Herman Wirth habe Dennis K. auch Fördergelder für ein zweites Buch erhalten, berichtet Deutschlandfunk Kultur: Es handelt sich laut Antrag um ein Kinderbuch, „das Sagen und Geschichten enthält, die Kindern ab 10 Jahren moralisches Empfinden, ein Wertebewußtsein [sic!] und ein gesellschaftliches Miteinander“ vermitteln solle.
Der Parzifal Versand vertreibt unter anderem Bücher mit dem Titel „Die Gestaltung der Feste im Jahr- und Lebenslauf – Der SS-Familie“, „Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes“ und „Arische Weltanschauung“. Aus den Buchbeschreibungen lassen sich in Teilen rechte Verschwörungserzählungen herauslesen.
Staat verteilte Geld nicht direkt
Das Geld des Programms „Neustart Kultur“ wurde von der Politik nicht direkt verteilt, sondern mittels zwischengeschalteter Branchenverbände, Stiftungen und Vereine. Das beschleunigte die Prozesse, aber der Staat gab auch die Möglichkeit zur direkten Prüfung ab.
Nach Recherchen von Deutschlandfunk Kultur sind insgesamt mindestens 93,7 Millionen Euro in den Bereich Literatur geflossen.
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