Ein Überfall auf ein von Linken besetztes Haus in Bochum, bei dem rechte Parolen gerufen werden, aber auch „Allahu akbar“? Was sich nach Schilderungen der Betroffenen im März ereignet haben soll, klingt erstaunlich. Aber Vieles deutet darauf hin: Rechtsextreme aus Dortmund und polizeibekannte junge Männer mit migrantischen Wurzeln machen gemeinsame Sache.
Das gemeinsame Ziel, mindestens von verbalen Attacken: die Antifa. Was sagt eigentlich die Polizei zu dieser neuen Allianz, die von den einzelnen Akteuren über Social-Media-Kanäle offensiv selbstvermarktet wird?
Staatsanwaltschaft ermittelt
Man habe das auf dem Schirm, erklärte Polizeipräsident Gregor Lange, als er nun eine Zwischenbilanz nach acht Jahren „Soko Rechts“ zog. Es gebe Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum, die man auch unterstütze. Und eigentlich könne er nicht viel sagen, es sei ja ein laufendes Verfahren.
Dieser Überfall stehe „in zeitlichem Zusammenhang mit einem Autobrand in Oestrich“, so Lange. Alles Weitere sei Teil der Ermittlungen. Womit sich Dortmunds Polizeipräsident allerdings festlegt: Die Polizei rechne damit, dass diese neue Allianz zwischen den Rechtsextremen und anderen Intensivtätern nicht so stabil sei, wie sie dargestellt werde.
Einer muss ins Gefängnis
Die Affinität zur Gewalt, die Bereitschaft zur Körperverletzung – das eine die Beteiligten aller ideologischer Differenzen zum Trotz, so Lange. „Wir erwarten allerdings, dass ein Mehrfach- und Intensivtäter aus der rechtsextremen Szene demnächst ins Gefängnis muss.“
In der Tat: Das Urteil gegen den Betreffenden ist gesprochen, mehr als zwei Jahre Haft. Auch wenn derjenige direkt nach dem Urteil noch auf freiem Fuß ist, auch wenn er sich noch wegen weiterer Straftaten vor Gericht verantworten muss - der Haftantritt steht bald an.
Kurioses Lob von Migranten
In der kurzen Zeit in Freiheit nutzte der Neonazi seinen Bekanntheitsgrad in der Szene für mehrere Social-Media-Auftritte. Influencer mit migrantischen Wurzeln interviewten ihn. Und selbst wenn der Rechtsextreme beharrte, alle Ausländer sollten Deutschland verlassen - einige junge Migranten lobten ihn dennoch.
Wie wichtig die Person für diese Allianz ist, das ist aber auch der Polizei nicht entgangen. „Wenn ein umtriebiger Akteur nicht mehr aktionsfähig ist“, so Polizeipräsident Lange, dann habe das natürlich einen großen Einfluss auf die Entwicklung der ganzen Allianz.
Polizei: Nur eine Anzeige
Welche gemeinsamen Attacken gegenüber der Antifa hat es überhaupt gegeben? Gab es Einschüchterungen, Überfälle, Körperverletzungen vonseiten der Rechtsextremen und der migrantischen Schläger gegenüber Linken? Auch gegenüber unserer Redaktion wurde das so geäußert. Die Polizei allerdings kann nur sagen, sie habe das zwar auch vernommen.
Die Akten seien allerdings kurioserweise recht leer. Obwohl in Medienberichten und über Social-Media-Kanäle von Attacken berichtet wird, habe man 2023 lediglich eine einzige Anzeige in dieser Richtung vorliegen.
Bewaffnete Reichsbürger in Dortmund: So viele SEK-Einsätze – das ist ein Schock!
„Haben die Szene komplett entwaffnet“: Polizei identifiziert Dortmunds Reichsbürger - und kassiert i
Kaum noch Neonazi-Gewalt und Demos in Dortmund?: Polizei sieht die Szene in der „Sackgasse“