Der Anblick nach dem Kahlschlag schmerzt die Anwohner nicht nur, er macht ihnen auch Angst. Denn sie sorgen sich um ihre persönliche Sicherheit.

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Radikal-Rodung am ehemaligen Knepper-Gelände: „Es war Gefahr in Verzug“

rnNach dem Unwetter

Einige Anwohner macht der Kahlschlag am ehemaligen Knepper-Areal noch immer fassungslos. Gleichzeitig kämpfen sie mit neuen Ängsten. Laut Stadt und Eigentümer bestand dringender Handlungsbedarf.

Oestrich, Deininghausen

, 09.08.2021, 17:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Kahlschlag am früheren Kraftwerk Knepper ist für einige Anwohner ein großer Schock. Die massiven Rodungsarbeiten liegen bereits eine Weile zurück, doch die Wut ist geblieben. „Wie kann die Stadt nur so ein Baum-Massaker genehmigen?“, fragt sich eine Nachbarin in Dortmund-Oestrich. Nicht nur ihr Zorn ist groß, sondern auch ihre Angst.

Das Gelände an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel ist mittlerweile im Besitz der Firma Hagedorn. Aktuell wird es für die Ansiedlung von neuem Gewerbe hergerichtet. Auch der gerodete Gehölzstreifen auf der Böschung entlang der Nierhausstraße gehört dem Gütersloher Unternehmen.

Nicht nur der kahle Anblick schmerzt die Anwohner, sie haben auch große Sorgen um ihre eigene Sicherheit. „Mit der Abholzung wurde der natürliche Wasserzieher komplett wegrasiert“, kritisieren die Anwohner. Sie befürchten, dass sie zukünftige Regenmassen ohne den Schutz der Bäume und Sträucher noch härter treffen werden als in der Vergangenheit. „Demnächst werden wir komplett absaufen.“

Nur viele Baumstümpfe sind übrig geblieben: Weil laut Stadt "Gefahr in Verzug" war, wurde der Waldstreifen am ehemaligen Knepper-Gelände entfernt.

Nur viele Baumstümpfe sind übrig geblieben: Weil laut Stadt "Gefahr in Verzug" war, wurde der Waldstreifen am ehemaligen Knepper-Gelände entfernt. © Beate Dönnewald

Die Erinnerungen an das Unwetter vom 14. Juli sind noch frisch. „Die Wasserfälle sind vom Hagedorn-Gelände auf die Straße herabgestürzt und haben alles überschwemmt“, erzählen die Anwohner. Für sie sei es immer noch unbegreiflich, „dass alle Bäume und Sträucher weggeputzt wurden.“

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Laut Stadt Dortmund gab es Ende Juli keine andere Möglichkeit, als die Böschung komplett zu roden. Denn: „Bei dem Unwetter sind einige Bäume an der Böschung umgefallen und in den Straßenraum gestürzt. Dabei wurden auch noch weitere Bäume ,angeschlagen‘“, schreibt Stadtsprecher Christian Schön auf Anfrage dieser Redaktion.

Einige Anwohner sprechen von einem "Baum-Massaker".

Einige Anwohner sprechen von einem "Baum-Massaker". © Beate Dönnewald

Deshalb habe die Firma Hagedorn mit der Unteren Forstbehörde (Wald und Holz, Regionalforstamt Ruhrgebiet) die Situation des Waldstreifens an der Nierhausstraße bewertet. „Eine Vielzahl der Bäume wies danach bereits Vorschädigungen oder kränklichen Befall auf, so dass die Situation als Gefahr in Verzug bewertet wurde“, so Schön. In solchen Fällen dürfe das gesamte Jahr über gerodet werden.

Ökologische Baubegleitung während der Rodung

Gemeinsam hätten Vertreter der Firma und der Forstbehörde festgelegt, auf Grund der hohen Anzahl betroffener Bäume den gesamten Streifen zu roden. „Während der Rodungen war eine ökologische Baubegleitung vor Ort, sodass die Aspekte des Artenschutzes berücksichtigt werden konnten“, betont Christian Schön.

Leicht habe sich die Stadt die Entscheidung auch mit Blick auf den Klimawandel nicht gemacht, merkt Schön an: „Jeder vitale Baum mit all seinen klimatisch positiven Eigenschaften wie CO2-Bindung, Kühlungsfunktion oder Erosionsschutz ist nach Möglichkeit zu erhalten.“ Solche Bäume habe man an der Nierhausstraße aber größtenteils nicht mehr vorgefunden.

Dieser Baum war während des Unwetters auf die Nierhausstraße gekracht. Viele der anderen Bäume seien laut Stadt auch nicht mehr standsicher gewesen.

Dieser Baum war während des Unwetters auf die Nierhausstraße gekracht. Viele der anderen Bäume seien laut Stadt auch nicht mehr standsicher gewesen. © privat

Im Zuge der Ausgleichsmaßnahmen werde der Grünstreifen wieder neu bepflanzt und gestaltet, erklärt Rick Mädel, Geschäftsführer der Hagedorn Revital GmbH, im Gespräch mit dieser Redaktion. „Die Böschung wird später schöner und attraktiver sein als der bisherige Wildwuchs“, verspricht er. Details zur Gestaltung könne er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht nennen.

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Keine Zeit, Anwohner zu informieren

Weil „Gefahr in Verzug“ gewesen sei, habe man schnell handeln müssen, so Rick Mädel. „Deshalb hatten wir auch keine Zeit, die Anwohner im Vorfeld über die Absperrungen zu informieren.“ Da die Arbeiten nur zwei Tage gedauert hätten, seien die verkehrlichen Einschränkungen für die Menschen vor Ort aber nicht allzu gravierend gewesen, meint er.

Auf die Frage, wie man die Menschen hier zukünftig besser schützen könne, antwortet die Stadt so: „Ein Erhalt der Waldstruktur hätte hier im konkreten Fall zukünftige Überschwemmungen nicht verhindert. Man kann den von Überschwemmungen schwer Getroffenen nur ganz viel Mut und Kraft zusprechen“, schreibt Christian Schön.

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