
© Uwe von Schirp
Frau Untenberger soll bleiben: Schule sucht Spender für besonderes Projekt
Innovative Schulentwicklung
Gesundheitsmanagement an der Schule: Drei Jahre gibt es das Projekt nun – finanziert von der Stadt. Ein Erfolg. Aber: Die Förderung ist ausgelaufen. Spender sollen das Projekt retten.
Annika erzählt ganz offen von ihrer Krankheit. Seit dem fünften Schuljahr lebt sie damit. Immer wieder suchen sie Panikattacken heim. Passiert das während der Unterrichtszeit, geht die Oberstufenschülerin zur Schulkrankenschwester.
„Für mich würde die Welt untergehen, wenn Frau Untenberger weg ist“, betont sie. Und sagt es nicht einfach nur so. Silvia Untenberger ist seit drei Jahren Schulkrankenschwester am Heinrich-Heine-Gymnasium in Dortmund-Nette.
Silvia Untenberger kümmert sich um die Erstversorgung bei Verletzungen und ist Ansprechpartnerin bei körperlichen und psychischen Problemen. Sie organisiert Präventiv-Workshops oder Corona-Testungen.
Alle Seiten loben den Erfolg des Projektes
Das Projekt ist nun ausgelaufen. Doch es gilt als Erfolg. Das sagen nicht nur Schüler, Eltern und Lehrer. Die wissenschaftliche Evaluation durch Prof. Ingo Froboese von der Sporthochschule Köln bestätigt das. Auch die Stadt und die Schulaufsicht im Regierungspräsidium Arnsberg widersprechen nicht.
Dass es trotzdem keine weitere Förderung gibt, versteht Schulleiterin Susanne Köhnen. „Dann müsste die Stadt ja allen Schulen eine Gesundheitsfachkraft zur Verfügung stellen.“

Annika (l.) und Niko fühlen sich von Silvia Untenberger perfekt betreut. Regelmäßig suchen sie bei der Schulkrankenschwester Rat und Hilfe. © Uwe von Schirp
Die Schulleiterin hatte eine Idee, wie es weitergehen könnte. Als Ganztagsschule hat das HHG ein erhöhtes Lehrerkontingent. Für den Ganztagsbetrieb kann es einzelne Stellen umwidmen – „kapitalisieren“, heißt das im Behördendeutsch.
Für das gerade begonnene Schuljahr ist das allerdings nicht mehr möglich. Frühestens zum kommenden Schuljahr 2022/23 könnte Silvia Untenbergers Arbeit über eine kapitalisierte Lehrerstelle bezahlt werden.
Neuer Verein soll „Gap-Year“ überbrücken
Das Gymnasium will das „Gap-Year“ ohne Gesundheitsmanagement überbrücken. Dafür gründet sich am HHG gerade ein gemeinnütziger „Verein zur Förderung des Ganzheitlichen Gesundheitsmanagements am Heinrich-Heine-Gymnasium“. Gemeinsam mit dem Ganztagsverein soll er das Projekt weiterführen – spendenfinanziert.
Sollte im kommenden Jahr die Kapitalisierung der Lehrerstelle glücken, bleibe der Verein bestehen, erklärt Susann Köhnen. Er könne dann etwa Workshops zur Gesundheitsprävention oder Anschaffungen finanzieren.
Wie sehr er die Arbeit von Silvia Untenberger schätzt, erklärt Niko. Er suchte die Schulkrankenschwester vor drei Jahren erstmals mit einem Schiefhals auf. Untenberger versorgte ihn. „Seitdem bin ich relativ oft da“, sagt der Oberstufenschüler. Niko hat auch Diabetes.
Eine Beruhigung für Eltern
Untenbergers Stelle beruhigt auch Nikos Vater. Michael Kernchen ist Mitglied der Schulpflegschaft und spricht für die Eltern. „Niko hatte eine Phase, wo es ihm nicht gut ging. Er hatte eine Ansprechpartnerin“, sagt Kernchen. „Unsere Kinder sind bei Frau Untenberger gut aufgehoben.“
Das gilt insbesondere bei kritischen Situationen während des Unterrichts. „Wenn ein Kollege 30 Kinder in der Klasse hat und eines eine Panikattacke bekommt, müsste er es begleiten“, erklärt Susanne Köhnen. Gleichzeitig könne er die 29 anderen Schüler nicht allein lassen.
Silvia Untenberger übernimmt in diesen Fällen die Betreuung und Versorgung, sucht das Gespräch und beruhigt die Schüler. „Die Lehrer könnten sonst nur den Krankenwagen rufen“, sagt Annika. „Ohne Frau Untenberger wären meine Panikattacken im Krankenhaus geendet.“
Darum sucht Susanne Köhnen nun Spender. Und „Partner aus dem Gesundheitsbereich wie Apotheken, Arztpraxen oder Krankenkassen“. Nichts will sie unversucht lassen. „Ich kann wie eine Zecke sein und lasse nicht locker.“ Ein Herzensprojekt.
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
