Dr. Prosper Rodewyk, Sprecher der Dortmunder Hausärzte, hält nicht viel von der derzeitigen Ausgestaltung des E-Rezepts.

Dr. Prosper Rodewyk, Sprecher der Dortmunder Hausärzte, hält nicht viel von der derzeitigen Ausgestaltung des E-Rezepts. © Schuetze/Abda/Montage RN

„Produziert etwas, das funktioniert!" - Dortmunder Ärzte-Chef wettert gegen E-Rezept

rnGesundheit und Digitalisierung

Die Einführung des E-Rezepts läuft schleppend an. Der Dortmunder Ärzte-Chef Dr. Prosper Rodewyk kritisiert, dass die bisherigen Lösungen entweder unsinnig oder zu kompliziert seien.

Dortmund

, 07.09.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es gibt eine Statistik darüber, wie viele E-Rezepte in Deutschland eingelöst werden. Das waren am Montag (5.9.) etwas mehr als 3100 Stück. Laut der Gematik - die Nationale Agentur für digitale Medizin, die die Statistik führt - waren das weniger als etwa am 26.8. (knapp 4000 Stück).

Und das, obwohl am 1.9. die E-Rezept-Einführung (genannt Rollout) in Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Krankenhäusern in der Region Westfalen-Lippe gestartet ist. In der ersten Phase seien 250 Praxen an Bord, teilt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) mit. Hätten die aber alle zum 1. September wirklich auf E-Rezept umgestellt, müssten die Zahlen eigentlich in die Höhe schießen.

E-Rezept auf einem Blatt Papier

Welche oder wie viele Dortmunder Praxen an dem Rollout teilnehmen, will die KVWL auf Nachfrage unserer Redaktion nicht beantworten. Sprecher Stefan Kuster verweist auf Richtlinien des Datenschutzes.

So viele dürften es aber nicht sein. „In Dortmund läuft bisher wenig bis gar nichts“, sagt Dr. Prosper Rodewyk, Hausarzt in Hörde und Leiter der KVWL-Bezirksstelle. Er selbst nimmt mit seiner Praxis nicht an der Einführungsphase teil. Und von der jetzigen Ausgestaltung des E-Rezepts hält er auch nicht viel.

Statt des üblichen rosa Zettels bekämen die Patienten einfach ein anderes Blatt Papier - versehen mit einem QR-Code. Dieser werde dann in der Apotheke gescannt, und das Medikament geht über den Tisch.

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E-Rezept auf einem Blatt Papier? Für Dr. Rodewyk eine „unsinnige Veränderung“. Man benötige eine elektronische Übermittlung. Allerdings seien die bislang dafür bereitgestellten Lösungen „hochgradig kompliziert".

Aktuell funktioniert die papierlose Übermittlung nur über eine App. Um die zu nutzen, sind jedoch eine NFC-fähige Gesundheitskarte und eine Pin-Nummer erforderlich, die man bei seiner Krankenkasse bekommen kann. Ein NFC-fähiges Smartphone braucht man auch. Vor allem für Ältere sei die App-Lösung untauglich, kritisiert Dr. Rodewyk.

Neues Konzept soll sich durchsetzen

Der Ausweg könnte die elektronische Gesundheitskarte sein. Denn über die sollen Patienten künftig ihre E-Rezepte empfangen und einlösen können. Ohne App, ohne Pin und ohne Smartphone. Das sei ein Konzept der KVWL, das sich „in den kommenden Wochen und Monaten durchsetzen“ soll, sagt Dr. Rodewyk.

Damit das E-Rezept richtig ans Laufen kommt, müsse es einfacher für alle sein. Seine Forderung: „Produziert etwas, das funktioniert!" Der Arzt verspricht: „Die Software-Firmen sind dran.“ Und mehr Arztpraxen, die mitmachen, kämen in den kommenden Monaten sukzessive hinzu.

Michael Beckmann ist der Vorsitzende der Bezirksgruppe Dortmund beim Apothekerverband Westfalen-Lippe und Inhaber der Markt-Apotheke in Aplerbeck. „Die Apotheken werden nicht überrannt", sagt er auf Nachfrage zu dem E-Rezept-Rollout. Es dauere seine Zeit, bis etwas Neues anläuft. Technisch seien die Apotheken jedoch fit fürs E-Rezept.

Apotheker fühlen sich technisch fit

Eingelöst habe seine Apotheke zwischen dem 1.9. und Montagvormittag (5.9.) aber nur eines - oder vielleicht sogar keines. Beckmann war selbst nicht da und ist deshalb nicht ganz sicher. So oder so: reichlich wenig.

Über die Lösung mit dem QR-Code-Ausdruck sagt der Apotheker: „Das ist eine Krücke.“ Er ist aber sicher, dass sich das E-Rezept etablieren und „mit der Zeit ein großer Vorteil für Verbraucher sein wird“.

Dr. Felix Tenbieg, Inhaber der Kirchhörder Patroklus-Apotheke und Dortmunds Sprecher der Apothekerkammer, hat in den vergangenen Monaten etwa „zwei Hände voll" E-Rezepte erhalten. Am 1. und 2.9. war es nur ein E-Rezept. Dabei sei sein Team bereits Januar technisch vorbereitet. „Das läuft reibungslos.“

Praxis hat komplett umgestellt

In Scharnhorst gibt es eine Arztpraxis, die in Sachen E-Rezept schon sehr viel weiter ist als die meisten anderen - unabhängig vom Rollout. Die Hausärztin Dr. Anna Maria Malik war damit am 11.2. gestartet und hat bis zum 6.9. 3629 E-Rezepte ausgestellt. „Wir haben inzwischen komplett umgestellt“, sagt die Medizinerin.

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Von den mehr als 5000 Stammpatienten seien bislang jedoch nur fünf in der Lage, ihr E-Rezept elektronisch über die App zu empfangen. Die anderen bekommen das ausgedruckte Rezept mit QR-Code. Auch Dr. Malik sagt, dass das System sehr viel einfacher werden müsse, um Patienten große Vorteile zu bieten.

Vorteile des E-Rezepts

Allerdings habe das Papier-E-Rezept durchaus einige Vorzüge. Es müsse anders als die herkömmlichen Rezepten nicht mehr händisch unterschrieben werden. Das vereinfache den Ablauf in der Praxis. Zudem seien die QR-Codes fälschungssicher. Zwei herkömmliche Rezepte, die angeblich von Dr. Malik stammten, seien andernorts aufgetaucht, erzählt sie. Es seien Fälschungen gewesen.

Weitere Vorteile: Die Papier-E-Rezepte könnten auch ohne größeren Aufwand bei Online-Apotheken eingelöst werden, so Dr. Malik. Sie enthielten zudem unterschiedliche QR-Codes für die jeweils vermerkten Medikamente. So könne man das Einlösen splitten, falls eine Apotheke ein Medikament nicht vorrätig hat.

Des Weiteren böten die Rezepte eine zusätzliche Absicherung für Arzt und Patient. Falls Ersterer versehentlich Medikamente verschrieben habe, deren Einnahme sich nicht miteinander verträgt, würde das beim E-Rezept auffallen. Und: Die hinterlegten Daten würden dafür sorgen, dass Patienten nicht versehentlich die falsche Packungsgröße bei einem Medikament verschrieben bekommen.

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