Die Probleme mit der öffentlich sichtbaren Drogenszene rund um die Drogenhilfeeinrichtung Kick in der Dortmunder Innenstadt sind ein Dauerthema. Seit dem Umzug des Drogenkonsumraums zum Grafenhof im Jahr 2020 beklagen Händler immer wieder, dass Konsumenten die Situation auf dem oberen Westenhellweg negativ beeinflussen würden. Es geht um den Konsum selbst, um Hinterlassenschaften wie Abfall und um Bettelei.
Die Aidshilfe Dortmund als Trägerin der Einrichtung und die Stadt Dortmund haben unter anderem reagiert, indem eine neue Stelle geschaffen wurde. Das war im Sommer 2022. Seitdem ist Aline Dickel als Managerin für das Umfeld der Einrichtung im Dienst. Die 28-jährige Sozialarbeiterin ist gleichwohl kein neues Gesicht. Sie arbeitet seit vier Jahren im Kick - zuvor als studentische Hilfskraft. Dickel kennt die Szene, die Menschen und die Probleme.
Positives Feedback
Tobias Heitmann, der Vorsitzende des Cityrings, berichtet von positiven Rückmeldungen, die er von mehreren Mitgliedern bekommen habe, seit Dickel die Stelle angetreten hat. Weniger Müll, mehr Kontrolle - das werde vom Handel registriert.
Aline Dickel arbeitet 30 Stunden pro Woche im Umfeld des Drogenkonsumraums, die übrigen zehn Stunden in der Einrichtung. Wie sie die neue Stelle ausfüllt, habe sie sich zunächst selbst erarbeiten müssen, sagt sie. Sie unternahm Rundgänge und analysierte: Wo wird konsumiert? Wo wird gehandelt? Wo halten sich die Konsumenten auf? Daher besteht ein großer Teil ihrer Arbeit aus Kontaktaufnahme und -pflege.
Ehrenamtliche helfen
Alleine schafft sie das nicht. Dickel hat sich Hilfe gesucht - bei den Drogenkonsumenten selbst. Sie setzt derzeit vier bis fünf Ehrenamtliche ein, die sie mit Informationen versorgen und bei Rundgängen begleiten. „Das sind Leute, denen ich das zugetraut habe“, erläutert die 28-Jährige. Die Hilfe der Konsumenten sei wichtig, um auf Mitglieder der Szene vertrauenswürdig zu wirken - aber auch aus Sicherheitsgründen bei den Rundgängen.

Diese unternimmt Aline Dickel in der Regel nach 16 Uhr, wenn der Drogenkonsumraum bereits geschlossen hat. Die Einsätze seien ganz unterschiedlich, sagt die Sozialarbeiterin. Zum Einstieg macht sie Small Talk. „Wie schmeckt das Hansa heute?“ Sie stellt sich vor, fragt, ob jemand Hilfe braucht, zeigt Optionen auf und weist auf die Einrichtung hin. Denn ihr Ziel lautet: „Die Leute müssen von der Straße runter.“
Ansprechbar für Händler
Dazu versucht Dickel, den Konsum weiter in die Einrichtung zu verlagern. Sie vermittelt Schlafplätze und Wohnungen, auch wenn das nicht einfach sei, wie sie einräumt. In einigen Fällen sei sie aber schon erfolgreich gewesen. Die 28-Jährige holt die Konsumenten dort ab, wo sie sich aufhalten. Sie geht mit ihnen zu Behörden, besorgt Ausweise und füllt Hartz-IV-Anträge aus. Manchmal räumt sie auch einfach nur mit ihnen zusammen Abfall weg.
Auch für die Händler sei sie direkt ansprechbar. Einige hätten sie auf Drogenkonsum in Hauseingängen hingewiesen. Dickel merkt sich die Orte, geht dort regelmäßig vorbei und erläutert den Konsumenten die Situation. Diese wechselten dann schlicht den Ort. „Es hilft, wenn man mich anruft“, sagt Dickel. Man müsse nicht gleich dem Ordnungsamt oder der Polizei Bescheid geben.
Weitere Stelle geplant
Die 28-Jährige sagt über die Konsumenten: „Mir müssen sie nichts vormachen. Sie können so sein, wie sie sind. Das ist anstrengend, aber auch gleichzeitig toll.“
Aktuell ist Aline Dickel mit ihrer Aufgabe auf sich allein gestellt. Das soll sich aber bald ändern. Holger Keßling, der stellvertretende Leiter des Gesundheitsamts, sagt, dass eine weitere Stelle für das Umfeldmanagement der Einrichtung geschaffen werden soll. Die Aufstockung soll die Erweiterung der Öffnungszeiten des Kick begleiten, für die es politisch eine Mehrheit gebe. Denkbar sei, dass Dickel schon im April Verstärkung bekommen könnte, so Keßling. Er betont, dass die Aidshilfe mit der Idee des Umfeldmanagements „offene Türen eingerannt“ habe.
Längere Öffnungszeiten im Kick
Aline Dickel bekräftigt, wie wichtig eine Erweiterung der Öffnungszeiten (derzeit maximal sechs Stunden pro Tag) aus ihrer Sicht sei. Denn die Wirkung ihrer Tätigkeit im Umfeld der Einrichtung sei in jener Zeit, in der das Kick geschlossen ist, begrenzt. „Durch das Umfeldmanagement ist die Relevanz der Öffnungszeiten noch deutlicher geworden“, meint Dickel.
Ein diskutiertes Modell sei eine Öffnung über 72 Stunden in der Woche, sagt Keßling. Aktuell seien es lediglich 38 Stunden. Keßling sagt, dass man möglichst die Zeiten abdecken solle, in der auch die Geschäfte geöffnet haben.
Modellphase gestartet
Jan Sosna, der Leiter der Drogenhilfeeinrichtung, betont, dass sich die Zahl der Konsumvorgänge seit September 2022 signifikant erhöht habe. Das habe insbesondere mit dem Start einer Modellphase zu tun, bei der auch Konsumenten Zutritt zum Kick erhalten, die keinen Wohnsitz in Dortmund nachweisen können. Zugelassen seien nun auch Personen, die außerhalb Dortmunds wohnen, sowie Personen, die keinen Ausweis besitzen, sofern deren Identität glaubhaft bestätigt werden könne.
181 Personen habe man seither zugelassen, die ansonsten vermutlich im öffentlichen Raum konsumiert hätten. Auch durch diese Neuregelung habe sich der Konsum auf der Straße reduziert, sagt Sosna.
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