Polizisten hätten Befehle verweigern können Oberstaatsanwalt nennt Details zu Mouhamed-Anklage

Polizisten hätten Befehle verweigern können: Oberstaatsanwalt begründet Mouhamed-Anklage
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Fünf Polizisten sind rund um den Tod des 16-jährigen Mouhamed D. angeklagt, einer sogar wegen Totschlags. Der zuständige Oberstaatsanwaltschaft Carsten Dombert erklärt, warum er bei allen Beteiligten „hinreichenden Tatverdacht“ sieht.

„Wir sind der Auffassung, dass der Polizeieinsatz, so wie er abgelaufen ist, rechtswidrig gewesen ist“, sagt er. Die Beamten müssen in so einem Einsatz immer das mildeste Mittel wählen, um ein Problem zu lösen. Und das mildeste Mittel sei „sicherlich nicht“ der Einsatz des Pfeffersprays und der zwei Elektro-Taser gewesen, die gegen den Jugendlichen eingesetzt wurden, als beziehungsweise unmittelbar nachdem er mit einem Messer in der Hand allein am Boden hockte.

„Nachdem Mouhamed D. getroffen worden ist, hat er sich mit einem Messer auf die Polizeibeamten zubewegt“, sagt Dombert. Die Staatsanwaltschaft habe aber nicht feststellen können, dass die Beamten „in Notwehr oder gar in Nothilfe“ gehandelt hätten. Demnach sieht er auch bei den tödlichen Schüssen aus einer Maschinenpistole (MP) strafbares Handeln.

Der 54-jährige Einsatzleiter, der wegen Anstiftung angeklagt ist, soll allen Beteiligten zu Beginn des Einsatzes klare Anweisungen gegeben haben. Der 29-jährige MP-Schütze sollte als „Sicherungsposten“ fungieren.

Waren Straftaten ersichtlich?

„Nach dem Polizeirecht sind sie eigentlich verpflichtet, solche Anweisungen auszuführen“, so Dombert: „Es sei denn, es ist für die Beamten ersichtlich, dass es sich um Straftaten handeln würde, die sie dann begehen würden.“ Dies sei aus seiner Sicht im August der Fall gewesen.

Das Landgericht hat nun zu entscheiden, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Der erfahrene Oberstaatsanwalt „vermag nicht zu sagen“, wann es zu einem Prozess kommt. Vorrang haben Fälle, in denen Verdächtige in Untersuchungshaft sitzen, um ihnen lange Wartezeiten zu ersparen.

Knapp 2500 Seiten dicke Akte

Der wegen Totschlags angeklagte Schütze ist zwar vom Dienst suspendiert, lebt aber auf freiem Fuß. Demzufolge sei der Prozess „nicht ganz so eilbedürftig“, so Dombert. Mehrere Monate wird es nach Einschätzung unserer Redaktion bis zum Prozessbeginn dauern. Der Ankläger geht davon aus, dass der Polizist bestimmt nicht mit einer Tötungsabsicht zum Einsatz gefahren ist.

Nach einiger Kritik daran, dass die Polizei Recklinghausen gegen die Dortmunder Kollegen ermittelt hat, sagt Dombert: „So wie die Kriminalpolizei in Recklinghausen ermittelt hat, war es vorbildlich.“ Die fast 2500 Seiten umfassende Akten sei „absolut neutral und loyal“ zusammengetragen worden.

Carsten Dombert im Video-Interview unter RN.de/Dortmund

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