Polizeipräsident Gregor Lange nimmt Stellung zur Nordstadt-Debatte Arbeit als tägliche Zerreißprobe

Polizeipräsident Gregor Lange nimmt Stellung zur Nordstadt: Reaktion auf Medienbericht
Lesezeit

Polizeipräsident Gregor Lange hat sich zu der erneut aufgeflammten Debatte rund um die Wache der Behörde in der Dortmunder Nordstadt geäußert. Vorausgegangen war dem ein Bericht in der Bild-Zeitung, in der Polizisten der Wache anonym über die dortigen Umstände klagen.

Mit einer Pressemitteilung hat sich der Behördenleiter am Dienstag (23.5.) zu Wort gemeldet. Die Reaktionen, seitdem bei einem Polizeieinsatz in der Nordstadt der 16-jährige Mouhamed D. erschossen worden war, stecke „nicht jeder so einfach weg“. Fünf der an dem Einsatz im August 2022 beteiligten Polizisten müssen sich vor Gericht verantworten.

Es sei „nur verständlich, dass die derzeitige Situation auch Unsicherheit auslöst“, so Lange. Dem Personal des Wachbereichs Nord werde viel abverlangt: „Dessen bin ich mir absolut bewusst.“ Die Behörde sei „derzeit einer Art Zerreißprobe ausgesetzt“. Ein Teil der Bevölkerung verlange ein härteres Vorgehen, ein anderer Teil spreche von übertriebener Härte.

Konsequent eingreifen

Einen der Kern-Vorwürfe aus der Berichterstattung der Bild-Zeitung weist Gregor Lange jedoch zurück. Laut einem anonym zitierten Polizisten habe es eine Anweisung gegeben, Menschen mit Migrationshintergrund weniger zu kontrollieren.

Eine solche Anweisung hat es laut Gregor Lange nicht gegeben. Dort, wo es kriminelle Strukturen gebe, müsse konsequent eingegriffen werden. Dabei sei egal, wer die Straftaten begehe.

Auf Bürger zugehen

Im ursprünglichen Artikel hatten sich auch Geschäftsleute aus der Nordstadt kritisch zur Arbeit der Polizei geäußert. Diese Kritik will Polizeipräsident Gregor Lange ernst nehmen.

Gute Polizeiarbeit müsse sowohl konsequentes Einschreiten als auch Dialog mit den Menschen vor Ort beinhalten. „Wenn Menschen sagen, dass ihr subjektiv empfundenes Sicherheitsgefühl abgenommen hat, dann nehmen wir das sehr ernst und suchen das Gespräch.“ Es sei wichtig, dass sich die Bevölkerung mit Anliegen und Sorgen an die Polizei wendet. Lange möchte einen Ortstermin mit Geschäftsleuten aus dem Borsigplatz-Umfeld arrangieren.

Bürger filmen Einsätze

Gegenüber der Bild-Zeitung sagte Lange weiterhin, dass Einsätze in der Nordstadt generell schwierig seien. Es gebe dort häufig komplexe Einsatzlagen. Regelmäßig würden Beamte bei Einsätzen gefilmt, der Ton werde schon mal rauer. Das dürfe aber nicht zu weit gehen.

Nach der Coronavirus-Pandemie habe sich die Lage auf den Straßen der Nordstadt zugespitzt, so der Polizeipräsident. Die Entwicklung sei insgesamt problematisch. Von Januar bis Ende April 2023 sei die Zahl der Straftaten im Wachbereich Nord um 20,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Im Keuningpark zwischen Uhland- und Leopoldstraße (B54) steht der neue Video-Container neben einem Fußballplatz.
Im Keuningpark zwischen Uhland- und Leopoldstraße (B54) steht der neue Video-Container neben einem Fußballplatz. © Kevin Kindel

Im März ist die Videoüberwachung im Keuning-Park gestartet worden, als Reaktion auf mehr Drogen-, Körperverletzungs- und Raubdelikte in der Grünanlage. „Dass wir es in diesem Zuge mit einem gewissen Verdrängungseffekt in andere Bereiche zu tun haben werden, war und ist uns als Polizei bewusst“, sagt Lange.

Bewährt hätten sich jedoch die regelmäßigen Schwerpunkteinsätze zusammen mit anderen Behörden. Im Jahr 2022 seien bei 67 solcher Einsätze 688 Menschen vorläufig festgenommen worden. In 85 Fällen sind Haftbefehle erwirkt worden. Im ersten Quartal 2023 waren es 214 Festnahmen bei 37 Einsätzen und 14 Haftbefehlen.

Die wichtigste Maßnahme ist aus Sicht des Polizeipräsidenten jedenfalls intensiver Dialog mit allen Beteiligten. Sowohl mit Bürgerinnen und Bürgern als auch mit den Polizeikräften, die in der Nordstadt eingesetzt sind.

Polizei gefrustet, Anwohner in Angst - Berichte zeichnen düsteres Nordstadt-Bild: Was ist dran?

Polizisten hätten Befehle verweigern können: Oberstaatsanwalt nennt Details zu Mouhamed-Anklage

Nach Mouhameds Tod - jetzt Bodycams für alle Polizisten: Finden Sie die Regel gut, Herr Seiler?