„Die Kirche ist voll, da kommt keiner mehr rein“, sagte ein Polizist zu einem Mann. Vor dem Kirchengebäude der Elias-Kirchengemeinde in Oespel hatten sich am Mittwochabend (15.11.) mehr als fünfzig Menschen versammelt, die noch hören wollen, was im Inneren über die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes gesagt wurde.
Die Bezirksregierung Arnsberg und die Stadt Dortmund hatten zu einer gemeinsamen Bürgerveranstaltung eingeladen. Sie richtetet sich insbesondere an unmittelbare Anwohnerinnen und Anwohner und fand rund 800 Meter entfernt von der geplanten Unterkunft im Ibis Hotel West am Indupark statt. Anfang des kommenden Jahres sollen die ersten geflüchteten Menschen in die ZUE einziehen.
Bei einigen Wartenden vor der Kirche sorgte für Unmut, dass sie keinen Zutritt mehr bekamen. Direkt zu Beginn der Veranstaltung wurde angekündigt, dass es aufgrund des großen Andrangs einen zweiten Termin am 23. November um 18 Uhr geben werde. Der genaue Ort werde noch bekannt gegeben.
Die Anwesenden in der Kirche, darunter auch viele Vertreter von politischen Parteien, teilten sich scheinbar in zwei Lager. Zum einen waren Personen anwesend, die sich Sorgen um das Wohl der Geflüchteten machten und denen eine gute Unterbringung wichtig war. Auf der anderen Seite waren ablehnende Wortmeldungen gegenüber den Plänen der Bezirksregierung zu hören, eine Landeseinrichtung ausgerechnet in Dortmund oder genauer in Oespel einzurichten.
Sie alle einte aber die Frage: Was kommt genau auf uns zu?

2000 Geflüchtete wöchentlich in Bochum
Wesentliche neue Erkenntnisse blieben dabei bis auf wenige Ausnahmen aus.
Dr. Andreas Hohlfeld, der bei der Bezirksregierung Arnsberg unter anderem die Aufgabenbereiche Ordnungsrecht, Sozialwesen und Gefahrenabwehr leitet, stellte zunächst die Lage in Nordrhein-Westfalen dar. In der Erstaufnahme-Einrichtung in Bochum würden derzeit circa 2000 Personen in der Woche aufgenommen.
„Wir müssen davon ausgehen, dass es ein Phänomen bleibt, dass sich nicht einfach in Luft auflösen wird, deshalb scheint es uns klug, eine mittel- oder langfristige Planungen zu machen“, antwortete er auf die Frage nach dem Zeitraum von fünf Jahren, die die ZUE zunächst bestehen soll.
Unmut hinsichtlich des Termins der Informationsveranstaltung äußerte eine Bürgerin. Sie hätte sich eine frühere Einbeziehung der Anwohner gewünscht. „Was können wir hier noch großartig ändern, wenn die Verträge schon längst in trockenen Tüchern sind?“, fragte sie mit Blick auf die Mitteilung der Bezirksregierung, dass die Verträge mit dem Hotel und die rechtlichen Absprachen mit Stadt und Ministerium mittlerweile abgeschlossen seien.
Hohlfeld argumentierte, dass der Weg durch die politischen Gremien nun mal der Weg sei, wie man zu gemeinschaftlichen Entscheidungen komme. Die in diesem Fall aber nicht basisdemokratisch gefasst worden seien. Mit dieser Veranstaltung wolle man jetzt informieren.

Land übernimmt die Kosten
Die in der ZUE untergebrachten Flüchtlinge werden zu 100 Prozent auf die generelle Aufnahmeverpflichtung der Stadt angerechnet, hob Florian Frey hevor, der bei der Bezirksregierung für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zuständig ist.
Das Land sei außerdem für die Übernahme aller Kosten zuständig: von den Kosten für Miete über die für Sicherheit und Betreuung bis hin zur Verpflegung, die die Geflüchteten erhalten.
Auch das war im Vorfeld bekannt, einen genaueren Kostenrahmen nannte Frey aber auf Nachfrage eines Bürgers: Die Mietkosten würden ohne Nebenkosten circa drei Millionen Euro im Jahr betragen. Noch nicht einberechnet seien darin die Kosten für den Betreuungs- und Sicherheitsdienst, da dort noch die Verhandlungen liefen.
Bewohner können sich frei bewegen
Aktuell sind 75 Stellen für die Betreuung geplant und weitere 25 Stellen für Sicherheitskräfte.
Die Flüchtlinge können sich frei bewegen und die ZUE jederzeit betreten und verlassen. „Die Bewohner bekommen Karten, zum ein- und ausstempeln, wir wissen jederzeit, wer in den Einrichtungen ist und wer nicht“, sagte Frey. „Im Landesasylsystem gibt es keine unregistrierten Flüchtlinge mehr. Alle müssen ihre Fingerabdrücke abgeben.“
Neben der Vollverpflegung will Arnsberg Freizeitangebote, eine Spielstube und eine Sanitätsstation mit Krankenpflegepersonal organisieren. Zudem soll es eine Kleiderkammer, „Hygienepakete“ und Möglichkeiten zum Wäschewaschen geben.
Da die Asylbewerber regulär nicht arbeiten dürfen, hätten sie die Möglichkeit auf ehrenamtliche Arbeit, die symbolisch mit 80 Cent in der Stunde entlohnt werde, sagte Frey. Das sei gesetzlich so festgelegt. An dieser Summe hatte es zuvor Kritik gegeben, da sie so deutlich unter dem Mindestlohn liege.
Ehrenamtliches Engagement
Vertreter von Flüchtlingshilfe und karitativen Vereinen kündigten während der Veranstaltung an, dass sie bereit seien, zu helfen und zu unterstützen. Sie forderten eine Eingliederung der ehrenamtlichen Strukturen in die ZUE und riefen auch unter den Anwesenden auf, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das könne man etwa beim Dialogforum Lütgendortmund tun, sagte ein Vertreter des Flüchtlingsnetzwerks.
Florian Frey sagte, dass man sich über eine Unterstützung von ehrenamtlichen freue. Die werde über einen Umfeldmanager koordiniert, der das Bindeglied ins Ehrenamt darstellen solle. Teams der Bezirksregierung würden die Arbeit des Sicherheits- und Betreuungsdienstes und die Einrichtung selbst auf die Einhaltung der Standards überprüfen, sagte Frey. „Auch zur Nachtzeit“ könnten diese Kontrollen stattfinden.
In die Einrichtung werden wohl vor allem Menschen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei einziehen, da dies die Länder seien, aus denen – abgesehen von der Ukraine, die einen Sonderfall darstelle – aktuell die meisten Menschen kämen, sagte Frey. Bei der Unterbringung werde man darauf schauen, dass auf die Zusammensetzung in der Einrichtung geachtet wird.
Es sollen nicht nur Familien oder nur junge Männer in der Unterkunft einziehen. „Die genaue Zusammensetzung hängt aber auch vom Zufluss ab, den wir im Land haben“, sagte Frey. Es werde aber kein Mann mit einer Familie in ein Zimmer gesteckt. Da werde man auf die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner achten.
Polizei mit vielen Kräften vor Ort
Am Mittwoch war auch die Sicherheit der Informationsveranstaltung ein Thema. Die Polizei war mit mehreren Einsatzfahrzeugen und Beamten vor Ort, um die Versammlung zu schützen. In der Kirche selbst waren Foto-, Video- und Tonaufnahmen durch die Bezirksregierung untersagt worden.

Dortmunder Rechtsextremisten der Neonazi-Partei „Heimat Dortmund“ hatten im Vorfeld zu einer Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte vor der Veranstaltung angekündigt, dass sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen werde und unter anderem Personen ausschließen werde, die mit rechtsextremen Parteien oder der Szene in Verbindung stehen. Mindestens ein Rechtsextremist hatte es trotzdem in die Kirche geschafft und fleißig im Telegramm-Kanal der rechtsextremen Partei mitgetippt.
Nach ersten Erkenntnissen der Polizei kam es an der Kirche aber zu keinen Zwischenfällen. Die Polizei soll auch in ein Sicherheitskonzept für die Einrichtung mit einbezogen werden, um neben dem Sicherheitsdienst den Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor rechtsextremen Übergriffen zu gewährleisten.
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