„Man wühlt sich durch den Schmutz“ Ermittler erklärt, wie die Polizei Brandstifter findet

„Man wühlt sich durch den Schmutz“: Wie die Polizei Brandstifter findet
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Immer wieder hört man in unregelmäßigen Abständen von Brandserien in Dortmund. Gartenlauben, geparkte Autos, Keller oder Abstellkammern in Treppenhäusern sind in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise betroffen gewesen.

Wenn die Feuerwehr solche Brände gelöscht hat, übernimmt die Polizei die Ermittlungsarbeit. Aber was gibt es zu ermitteln, wenn ein Raum komplett schwarz vor Ruß ist? Felix Müsse ist einer der Experten, die in solchen Fällen gerufen werden.

„Ganz wichtig ist die Zeugenbefragung“, sagt der 39-Jährige: „Welche Personen halten sich da vor Ort auf?“ Häufig sei das Problem eben die „relativ schlechte Spurenlage“ an einem Brandort, weil das Feuer vieles zerstört hat. „Wer hat was gesehen, haben wir vielleicht eine Videoüberwachung?“, erklärt Müsse die ersten Ansätze.

Zu Beginn der Ermittlung wisse man nie, aus welcher Richtung ein möglicher Brandstifter kommt. „Es kann sein, dass es ein Bewohner oder Hauseigentümer war. Man muss auch immer Versicherungsbetrügereien im Kopf behalten, die eine Rolle spielen können.“ Deshalb sei es wichtig, zunächst alle relevanten Personen zu erfassen. Im Nachgang müsse man dann die richtigen Schlüsse ziehen.

Austausch mit der Feuerwehr

Die Kommunikation mit der Feuerwehr sei natürlich wegen der möglichen Brandursache wichtig. „Wo hat‘s genau gebrannt, was hat gebrannt?“, zählt der Kriminalhauptkommissar auf. Das könne der erste Angriffstrupp der Feuerwehr am besten beurteilen.

Müsse und seine sieben Brandermittler-Kollegen haben einen speziellen Polizei-Transporter, der extra für sie ausgestattet wurde. Atemschutz, Werkzeug, Spurensicherungsmaterial und eine „Schwarz-Weiß-Trennung“ gibt es darin. Das bedeutet, dass der große Sprinter-Kofferraum dreckig werden kann und man sich darin umziehen kann: „Wenn man einen Brandort besucht hat, sieht man aus wie Sau. Man wühlt sich da durch den ganzen Schmutz, und die giftigen Substanzen haften an der Kleidung.“

Polizisten und Feuerwehrleute auf der Schillerstraße in Dortmund
Wenn die Feuerwehr einen Brand gelöscht hat, nimmt die Polizei die Ermittlungen auf. © Kevin Kindel

Der konkrete Brandort werde beschlagnahmt, Müsse und sein Team seien immer bemüht, die Ermittlungen schnellstmöglich abzuschließen. „Das Haus wird in der Regel stromlos geschaltet, das Gas ist abgestellt. Je nachdem, was beschädigt wird, das Wasser auch.“ Also wolle man den Bewohnern schnell wieder Normalität bescheren.

Brände können auf verschiedene Arten entstehen: etwa durch Blitzschlag, technische Defekte oder auch Selbstentzündung, beispielsweise durch leinölhaltige Substanzen. „Und dann ist da natürlich das menschliche Handeln“, so der Polizist. Auch da sei zu unterscheiden, zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz.

Bild der Verwüstung

Betritt der Experte einen Brandort, sehe er in der Regel „ein Bild der Verwüstung“, sagt er: „Das muss man dann versuchen zu deuten.“ An Wänden und Decken können sich „Spurenbilder“ abzeichnen, etwa in Form eines Trichters: Ruß breitet sich von einem Brandherd nach oben hin aus, bei besonders intensiven Bränden können diese Stellen auch heller erscheinen als der Rest des Raumes, etwa weil der Putz von der Wand abgeplatzt ist.

Der tiefste Punkt so eines Trichters kann der Ausgangspunkt des Feuers sein - es kann aber auch sein, dass dort nur etwas stand, was in der Folge in Brand geraten ist. Stück für Stück müsse man sich so durch einen Raum „durchhangeln“. Wegen der Löscharbeiten stehe nicht mehr alles dort, wo es sich bei Beginn des Brandes befand: „Wir versuchen, den Ursprungszustand zu rekonstruieren.“

Beweissicherung im Fokus

Auch in komplett schwarzen Zimmern könne man häufig gut erkennen, wo es intensiver gebrannt hat als an anderen Stellen. Dann müsse man kombinieren, ob technische Geräte zum Beispiel eine Rolle spielen können oder man eventuell von Brandstiftung ausgehen muss.

Und wenn das der Fall ist, ist das Ziel der Polizei, Täter dafür beweissicher zur Verantwortung zu ziehen. Dabei kann auch tierische Unterstützung zum Einsatz kommen: „Brandmittelspürhunde“ sind von einem Landesamt verfügbar, um Brandbeschleuniger zu erschnüffeln. Im vom Hund erkannten Bereich könne Felix Müsse dann Proben sammeln, um entsprechende Stoffe vom Landeskriminalamt (LKA) nachweisen zu lassen.

Belgischer Schäferhund (Malinois)
Belgische Schäferhunde (Malinois) gehören zu den Tieren, die die Polizei zur Brandursachenermittlung einsetzen kann. © picture alliance/dpa/Mahmud Al-Matari

Sicherlich gebe es aber auch Einsatzorte, an denen die Zerstörung zu weit fortgeschritten ist, dass die Brandursache nicht klar erkennbar sei: „Dann ist das Strafverfahren damit auch zu Ende.“ Das Themenfeld sei spannend, habe aber auch eine frustrierende Seite.

Manche Brandstiftung in Wohnhäusern wird als versuchtes Tötungsdelikt gewertet. „Das kann schnell erreicht werden, wenn alle Fluchtwege blockiert sind“, sagt der 39-Jährige, der auch als Leiter von Mordkommissionen fungiert. Wenn beispielsweise Benzin in einem Treppenhaus verschüttet wurde, sei das Gefährdungspotential für die Bewohner so hoch, dass Täter die Lebensgefahr zumindest in Kauf nehmen.

  • Der wichtigste Präventionstipp gegen Brandstiftung sei, Unbefugte nicht ins Haus zu lassen, sagt Felix Müsse.
  • Die Haustüren von Mehrfamilienhäusern sollten daher geschlossen sein und nicht unaufmerksam geöffnet werden, wenn jemand klingelt.
  • Weil im Haus aber auch etwa durch technische Defekte Brände entstehen können, soll die Tür nicht abgeschlossen werden. Der Fluchtweg soll schnell nutzbar sein.

Dieser Artikel ist erstmals am 12.11.2023 erschienen.

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