Das Eckhaus am Kirchplatz ist einer der Standorte der Videokameras. An dieser Stelle sind sie auf dem Flachdach montiert.

© Kevin Kindel

Polizei Dortmund erweitert Videoüberwachung – Beschimpfung beim Auftakt

rnNordstadt

Zum Start der Videoüberwachung in der Dortmunder Nordstadt hat die Polizei eine Überraschung verkündet: An einem zusätzlichen Standort soll ein 10-Meter-Mast mit Kameras aufgebaut werden.

Dortmund

, 31.05.2021, 17:10 Uhr

Fast eineinhalb Jahre nach der Ankündigung des Vorhabens sind die Überwachungskameras der Polizei an der Münsterstraße in der Dortmunder Nordstadt am Montag (31.5.) angeschaltet worden. Drogendealer und andere Kriminelle sollen in Echtzeit beobachtet werden, damit Polizisten sofort zu gezielten Kontrollen ausrücken können.

„Im Idealfall verhindern wir durch das schnelle Heranführen von Kräften eine Straftat sogar“, sagte Polizeipräsident Gregor Lange. Die Aufnahmen ermöglichen Personenbeschreibungen und lassen Fluchtrichtungen erkennen.

Fallzahlen auf engem Raum auf hohem Niveau

Lange sagte vor der St.-Joseph-Kirche: „Wir stehen an der Seite der Menschen der Nordstadt.“ Die Zahl der Straftaten in dem Stadtbezirk sei in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. An der Münsterstraße würden sie sich auf engem Raum aber auf einem hohen Niveau bewegen. Es gebe zahlreiche Beschwerden von Anwohnern, weil schon Kinder von Drogendealern angesprochen würden.

Um diese Anlieger zu unterstützen, wolle man alle Möglichkeiten ausschöpfen, die das Polizeigesetz bietet. Nach gerichtlichem Beschluss gehört die Videobeobachtung dazu, weil es sich um einen Kriminalitätsschwerpunkt handele.

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Weiterhin gibt es aber auch Protest gegen die Maßnahme. Eine Bürgerinitiative hat sich zum Starttermin auf dem Kirchplatz aufgebaut und ihre Botschaften „Nein zu Überwachung“ oder „Wer kontrolliert die Polizei?“ dargelegt.

Es handele sich um einen großen Eingriff in die Grundrechte der Menschen, die vor Ort leben, sagte ein Teilnehmer, der nur seinen Vornamen Niklas nennen wollte. Er ist im weiteren Verlauf des Termins mit Polizeipräsident Lange ins Gespräch gekommen - und wütend davongezogen. „Sie sind das Letzte“, hat er dem Behördenleiter nach einem eigentlich ruhigen Gespräch zugerufen.

Entscheidung nach Abwägung der Argumente

Bemängelt wurde auch von anderen Kritikern, dass die Anwohner der Nordstadt nicht genügend in die Entscheidungsfindung einbezogen worden seien. Man befürchtet unter anderem, dass man dabei beobachtet werde, wann und mit wem Wohnhäuser betreten und verlassen würden. Andere Passanten fragten Demonstranten aber auch: „Was habt ihr denn zu verbergen?“

Die Videokameras senden die Bilder in die Leitstelle der Polizei. Dort werden sie live angeschaut.

Die Videokameras senden die Bilder in die Leitstelle der Polizei. Dort werden sie live angeschaut. © Polizei

Lange entgegnete, dass einige Bildbereiche unkenntlich gemacht würden. Berechtigterweise gebe es Menschen, die andere Meinungen zu dem Projekt haben. Die Polizei habe sich Pro und Contra angehört und der Behördenleiter selbst sei der Überzeugung, dass die Maßnahme gerechtfertigt sei.

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Zur Inbetriebnahme gab es dann noch eine Überraschung: Auf dem Mehmet-Kubasik-Platz, auf der anderen Seite der Mallinckrodtstraße, wird Anfang Juni ein Container aufgebaut, auf dem ebenfalls Kameras montiert werden. Ein Mast kann bis zu zehn Meter weit nach oben ausgefahren werden. Auch dieser Platz sei als Treffpunkt der Drogenszene bekannt, so Lange.

Werden Kriminelle nur verdrängt?

Auf der Münsterstraße haben sich im vergangenen Jahr zwischen Kirchplatz und Mallinckrodtstraße laut Polizei mehr als 330 Straftaten ereignet - also fast eine pro Tag.

Kritiker wie die Nordstadt-Grünen bemängeln, dass eine Kameraüberwachung die Kriminellen nur in andere Bereiche verdränge und dort später weitere Kameras aufgehängt würden. Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum wünscht sich als Alternative Fahrradstreifen der Polizei, die beweglicher und für Bürger besser ansprechbar seien.

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„Wir kennen die Orte, an denen in der Nordstadt mit Drogen gehandelt wird“, sagte Martin Gaide, Leiter der Polizeiwache Nord. Mit Schwerpunkteinsätzen, zivilen Trupps und der Bereitschaftspolizei gehe man weiterhin dagegen vor.

„Was wir nicht wollen, ist eine flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raums“, so Lange. Man wolle sich auf Brennpunkte konzentrieren, die man auflösen wolle. An der Brückstraße habe man bereits gute Erfahrungen mit den Videokameras gemacht, so Lange.