Wer sich an Ernst Söder erinnert, der hat wahrscheinlich gleich die sanft sonore Stimme des Gewerkschafters im Ohr. Söder gehörte nicht zu den Lautsprechern in der politischen Arbeit, was aber seinem Engagement und seiner Überzeugungskraft keinen Abbruch tat. Im Gegenteil.
Als Gewerkschafter und Politiker und bei der Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus hat Ernst Söder in den vergangenen Jahrzehnten Maßstäbe gesetzt. Jetzt ist der Ehrenvorsitzende des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache - Internationales Rombergparkkomitee nach kurzer schwerer Erkrankung im Alter von 84 Jahren gestorben.
„Es gibt für alles eine Zeit“ ist der Titel der Autobiografie, die Ernst Söder vor einigen Jahren verfasst hat. Er überschrieb die Erinnerungen mit dem Satz des schottischen Essayisten Thomas Carlyle „Alle Bedeutung des Lebens liegt im Handeln für die Gemeinschaft“. Und das dürfte in der Tat das Lebensmotto von Ernst Söder gewesen sein.
„In seinem beruflichen Leben und im zivilgesellschaftliches Engagement als Gewerkschaftler, Sozialdemokrat und Antifaschist verfolgte er unermüdlich das Ziel einer Gesellschaft der Freien und Gleichen“, erklärt denn auch Georg Deventer als Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache - Internationales Rombergparkkomitee. Er ist in diesem Amt Nachfolger von Ernst Söder.
Gewerkschafter und Lokalpolitiker
Doch der Reihe nach: Ernst Söder absolvierte in den 1950er Jahren eine Verwaltungslehre bei der Stadt Dortmund und studierte an der Sozialakademie. Danach arbeitete er ab 1960 als Sekretär beim DGB in Dortmund. Nach 33 Jahren wechselte er zum DGB Region Hellweg/Hochsauerland und war dort Kreisvorsitzender bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2001.
Bekannt wurde er aber vor allem durch seine politische Arbeit. Seit 1946 war Ernst Söder Mitglied der sozialistischen Jugend „Die Falken“, seit 1959 war er Mitglied der SPD und der AWO. In den 70er und 80er Jahren gehörte Ernst Söder der Bezirksvertretung Hombruch an und war dort zuletzt Vorsitzender der SPD-Fraktion. Außerdem war er 30 Jahre lang sachkundiger Bürger im Jugendwohlfahrtsausschuss der Stadt Dortmund.
Einsatz für die Jugend
Ernst Söder leitete für mehr als zehn Jahre den Dortmunder Jugendring und kämpfte in den 80er Jahren insbesondere für den Erhalt der Steinwache, die damals vom Abriss bedroht war. 1983 gehörte er zu den Mitbegründern des Arbeitslosenzentrums in Dortmund und war 1988 Gründungsmitglied der Fritz-Hüser-Gesellschaft, die sich mit dem gleichnamigen Institut in Dortmund der Pflege der Arbeiterliteratur verschrieben hat. Bis 2011 war er Vorsitzender der Gesellschaft. Söder gehörte außerdem lange Zeit dem Vorstand von ZWAR NRW, der Initiative „Zwischen Arbeit und Ruhestand“ an.
Viele Auszeichnungen
Für ein Leben geprägt vom Ehrenamt erhielt er 1989 die Ehrennadel der Stadt Dortmund und 2004 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Der Deutsche Gewerkschaftsbund verlieh ihm 2008 die Alfred-Gundlach-Medaille für seine Verdienste und den Einsatz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die SPD im Stadtbezirk Hombruch zeichnete ihn 2006 für sein soziales und engagiertes Bürgerverhalten und Eintreten für Vielfalt, Toleranz und Menschlichkeit mit dem Ewald-Sprawe-Preis aus.
Antifaschistische Arbeit
Und dann war da vor allem die antifaschistische Arbeit mit der Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus. Ernst Söder war ab 1999 Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache und behielt auch nach dem Zusammenschluss mit dem Internationalen Rombergparkkomitee 2011 den Vorsitz bis ins Jahr 2020. In dieser Eigenschaft gehörte Söder auch regelmäßig zu den Rednern bei der Karfreitags-Gedenkfeier für ermordete Zwangsarbeiter und Widerstandskämpfer in der Bittermark.

„In unserer Stadtgesellschaft hat er wesentlich dazu beigetragen, dass die Gedenk- und Erinnerungskultur einen hohen Stellenwert erfahren hat und auch überregional Vorbildfunktion besitzt“, erinnert Georg Deventer an den Ehrenvorsitzenden des Fördervereins. „Es ist ihm immer wichtig und unabdingbar erforderlich gewesen, die jüngere Generation mit einzubeziehen und gegen Menschenfeindlichkeit, Populismus, Rassismus und Antisemitismus einzutreten.“
„Die Spuren seines Lebenswerkes und die Zeit mit ihm werden stets in uns lebendig sein“, heißt es im Nachruf des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache - Internationales Rombergparkkomitee.
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