
© Repro Wiebke Plöger
Pferde, Soldaten, zerschmetterte Klos – Tresenalltag im Westen
Dortmunder Kneipe
Kommt ein Pferd in eine Bar: So wie in dem Witz ging es in einer Kneipe im Dortmunder Westen wirklich zu. Zum 100-jährigen Bestehen sind einige historische Geschichten wieder aufgetaucht.
Die Kneipe Alt-Bövinghausen feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Die Eheleute Margarethe und Gustav Kowalke haben das Gebäude im Jahr 1921 gekauft und eröffneten die Gaststätte Kowalke – direkt gegenüber der Zeche Zollern.
Noch heute ist das Haus an der Bockenfelder Straße 273 in Familienbesitz. Noch heute ist es eine Traditionsgaststätte und unter anderem Treffpunkt für Vereine. Karl Kowalke, der Enkel von Margarethe und Gustav, hat sein ganzes bisheriges Leben dort verbracht.
„Bei uns war immer was los“, sagt er. Sein Vater Karl-Heinz Kowalke bewirtete die Kneipe bis 1960. Später schrieb er seine Erinnerungen auf. Das Buch „Geschichten und Bilder aus meinem Leben“ brachte er im Selbstverlag heraus.
Fremdgehen in Bövinghausen
Was einen guten Wirt ausmachte, beschreibt er darin so: „Wir hatten mal einen Gast, der kam immer so regelmäßig, jeden Tag, der trank nicht viel. (...) Der hatte eine liebe Frau zu Haus und er hatte eine liebe Tochter zu Hause, und dann ist er mal einen Tag fremdgegangen, ich nenn das mal fremdgehen, in eine andere Gaststätte oben nach Bövinghausen ins Dorf, hat einen über‘n Durst getrunken und dann haben sie ihn gehen lassen.“

Vor der Gaststätte steht ein Wagen der Hansa-Brauerei. Das Bild stammt aus dem Jahr 1953. © Repro Wiebke Plöger
Karl-Heinz Kowalke fand ihn zufällig auf der Straße, half ihm auf, verarztete ihn in seiner Wirtschaft und brachte ihn nach Hause. Am nächsten Tag kam der Mann zurück und schwor, nie mehr in einer anderen Gaststätte fremdzugehen. „Wenn einer betrunken war und wir merkten, der könnte vorn Wagen laufen, dann sind wir mitgegangen und haben ihn ordnungsgemäß bei der Frau abgeliefert“, schreibt Kowalke.
Trinkfeste Bergmänner
In erster Linie gehörten Bergleute der Zeche Zollern zu den Gästen. Eine „ausgesprochene Bergmannskneipe“ – darauf war Karl-Heinz Kowalke sehr stolz.
Ein Bergmann ist Kowalke besonders in Erinnerung geblieben: „(Er) streichelt das Bierfaß, wir hatten so ein schönes Chromfaß, streichelt‘s immer, und sagt einmal, ich habe 11 Richtige im Fußball. Auf den Stuhl setzt er sich, (...) und gab einen aus für alle Bergleute, die da waren. Oh 11 Richtige im Totto, da gab es ja manchmal zigtausend Mark.“
Die Bergleute „ hauten so allerhand Kubikmeter weg“ und anschließend auch allerhand Bier. Dann konnte es schon mal bunt werden: „Manche traten ja schon als Tarzan auf, die zogen sich dann nackend aus, stellten sich auf die Tanzfläche des großen Saales hin, und sagten, ich bin der Tarzan von Bövinghausen.“
Zerschmetterte Toilettenbecken
Friedlich ging es nicht immer zu. In der Nachkriegszeit bis 1960 hätten vor allem ehemalige junge Soldaten Ärger gemacht. „Wir hatten einen kleinen jungen Mann, der konnte sich so nicht beweisen, der hat andere dumme Sachen gemacht. Der ging dann auf die Toilette und schlug dann mit der Faust eine Fensterscheibe ein, oder haute ein Toilettenbecken kaputt. Was wir für Schäden gehabt haben.“

Änne Kowalke (r.), die Ehefrau des Gastwirts Karl-Heinz Kowalke, half beim Ausschenken mit. © Repro Wiebke Plöger
Amüsantes gab es dennoch. Wie zum Beispiel das berittene Pferd im Schankraum. Zwei Gäste hatten im Jahr 1968 eine Wette abgeschlossen. Der Verlierer musste auf einem Pferd bis vor die Theke reiten – und das tat er auch. Karl-Heinz Kowalke betont: „Die Wette war natürlich im Einverständnis mit dem Gastwirt abgeschlossen worden.“
Redakteurin in der Stadtredaktion Dortmund. Geboren und aufgewachsen in Dortmund. Seit 2005 bei Lensing Media, seit 2012 in der Stadtredaktion Dortmund Zuhause.
