Viel Regen in Dortmund Die Hochwassergefahr ist gebannt - erstmal

Hochwasser in NRW: Wie angespannt in die Lage in Dortmund?
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Der Dauerregen lässt Bäche und Flüsse anschwellen. Talsperren sind übervoll. Wie angespannt ist die Lage in Dortmund? Ilias Abawi ist Pressesprecher des Emschergenossenschaft und Lippeverband und er kann Entwarnung geben. Seit Mittwochmorgen (27.12.) stehe „die Ampel wieder auf grün“. Die Hochwassergefahr ist also gebannt – erstmal. Zumindest bis einschließlich Freitag (29.12.) erwarte man dahingehend keine Veränderung.

Problematisch sei die Lage derzeit eher im Bereich Bottrop, Essen und Dinslaken, so Abawi. Für Dortmund erwarte man, dass der Wasserstand weiter sinken werde.

Kein Hochwasser an der Emscher

Die Emscher ist nach dem vielen Regen zwar deutlich voller als sonst, aber Hochwasser sei das noch nicht. Am Dorstfelder Weg liegt der Pegel bei 66 Zentimeter, das erklärt Abawi am Mittwochvormittag (27.12.). „Das ist immer noch mehr als normal – was 23 Zentimeter sind. Aber erst ab 1,38 Meter an dieser Stelle sprechen wir von Hochwasser.“ Abawi nennt die Lage „völlig entspannt“.

In Huckarde liegt der Pegel zu selben Zeit bei 51 Zentimetern. Hier habe man allerdings keine Vergleichswerte, weil sich die Emscher dort noch nicht so lange im aktuellen Zustand befinde.

In Mengede wird die Emscher dann deutlich breiter, hier fließen Nebenbäche in die Emscher, das Wasservolumen steigt deshalb. Rüppingsbach, Roßbach und Nettebach bringen viel Wasser mit. An der Messstelle Strünkedestraße liegt der Wert normalerweise bei 1,22 Meter. Nun war er bei 2,16 Meter – es gehe also in Richtung Hochwasser, was aber erst bei einem Pegel von 3,46 Meter erreicht sei.

Die Emscher am Phoenix-See in Dortmund-Hörde.
Die Emscher in Hörde war nach einem Tag Regenpause wieder deutlich weniger gefüllt als noch zu Weihnachten. © Andreas Schröter

Phoenix-See

Der Phoenix-See ist nicht allein ein beliebtes Ausflugsziel der näheren Umgebung, sondern vor allem ein wichtiger Hochwasserschutz. Die Emscher kann sich hier ausbreiten, wenn sie deutlich zu viel Wasser führt. Passiert ist das aber bislang nur ein einziges Mal, wie Abawi weiß, und zwar am 14. Juli 2021. Das damalige Starkregenereignis hat selbst den modernen Hochwasserschutz, der bei der Renaturierung der Emscher zu Tragen kommt, an seine Grenzen gebracht.

Der Dauerregen über Weihnachten hat der Emscher hingegen nichts anhaben können, der Phoenix-See musste nicht als Überlauf herhalten. Entsprechend zeigt auch die Pegelanzeige am Mittwochmittag am Phoenix-See einen durchschnittlichen Wert von 4,70 Metern an.

Dortmund-Ems-Kanal

Am Kanal ist die Lage „schlecht“, sagt Amtsleiter Ulrich Wieching vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Westkanäle. Seit dem ersten Weihnachtsfeiertag, um 21 Uhr, ist der Verkehr auf dem Dortmund-Ems-Kanal eingestellt. Der Wasserstand ist zu hoch. „Der Grenzwasserstand ist erreicht“, so Wieching.

Von Hochwasser spreche man in diesem Fall nicht, weil der Kanal kein natürliches Gewässer ist. Bei 56,9 Metern übwer N.N. liegt der Pegel, 14 Zentimeter über dem Normalwert. Zu hoch für den Betrieb – Uferbauwerke und Brücken könnten durch die Schiffe, die dann höher im Wasser liegen, beschädigt werden.

„Ein Kollege sagte, dass er das in seinen 40 Jahren noch nicht erlebt habe“, erzählt Ulrich Wieching. „Eigentlich kriegen wir das Wasser durch Ausgleich immer weg.“ Das sei nun aber nicht möglich. Die Lippe, deren Wasser der Dortmund-Ems-Kanal eigentlich für die Schleusung nutzt, ist selbst völlig überlastet. Hinzu kommt das Wasser, das von den Äckern und kleinen Bächen in den Kanal läuft.

Auf dem Dortmund-Ems-Kanal ist der Schifffahrtsverkehr eingestellt. (Symbolbild)
Auf dem Dortmund-Ems-Kanal ist der Schifffahrtsverkehr eingestellt. (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Hengsteysee ist kein Stausee

Talsperren regulieren große Wassermengen in Flüssen. Man mag da an den Hengsteysee im Dortmunder Süden denken, der doch auch wie eine Talsperre aussieht. Britta Balt, Pressesprecherin vom Ruhrverband, räumt mit einem weitverbreiteten Irrglauben auf. „Der Hengsteysee wurde 1929 mit der Funktion einer Flusskläranlage gebaut und hat keine Steuerungsfunktion.“ Heißt: die Wasserlaufgeschwindigkeit sollte sich verringern, indem die Ruhr in einem großen See zur Ruhe kommt und sich Dreck absetzen kann. Heißt auch: „Was oben reinläuft, läuft unten wieder raus.“ Gestaut wird hier also nichts.

Zudem würde das Volumen überhaupt nicht ausreichen, um Hochwasser an der Ruhr in irgendeiner Weise merklich zu mindern. Britta Balt hat dazu Zahlen: Der Hengsteysee hatte anfangs ein Fassungsvermögen von 3,3 Millionen Kubikmetern. Inzwischen ist das sogar weniger, so die Ruhrverband-Sprecherin. Allein von Donnerstag (21.12.) bis zum Montag (25.12.) habe man 46 Millionen Kubikmeter Wasser zurückgehalten. Der kleine Hengsteysee hätte da mit einer Stauhöhe von gerade einmal 4,50 Meter kaum helfen können.

Gestaut wurde das Wasser stattdessen schon viel weiter oben, und zwar im Sauerland. Dort haben die Talsperren ganze Arbeit geleistet. Britta Balt rechnet vor, was mit dem Ruhrpegel in Hattingen passiert wäre, hätte man die 46 Millionen Kubikmeter nicht stauen können: „Der maximale Pegelwert lag in Hattingen bei 6,10 Meter. Hätten wir das Wasser nicht zurückgehalten, hätte der Pegel dort 30 Zentimeter höher liegen können.“

Dass der Pegel am Hegsteysee schwanke, liege am Pumpenspeicherkraftwerk. Das Hochwasser macht sich dort vor allem in einer Weise bemerkbar: „Es rauscht erheblich mehr Wasser in kürzerer Zeit durch den See als bei Niedrigwasser.“

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