25 Jahre PEAG
Personaldienstleister-Chef sagt: „Fachwissen ist nach zwei Jahren hinfällig“
Seit 25 Jahren bewegt die PEAG-Gruppe in Dortmund Personal. Geschäftsführer Gerd Galonska kann den Personalmangel auf dem Arbeitsmarkt daher einordnen – und sieht klare Trends.
An ein dröhnendes Werksgelände, an Stahl und Hochöfen erinnert in dem schicken Bürobau am Phoenix-See nichts. Die PEAG, die vor 25 Jahren in einer historisch schwierigen Situation bei Thyssenkrupp entstand, ist längst ein moderner Personaldienstleister.
„Nach dem Zusammenschluss von Thyssen und Krupp zur Thyssenkrupp wurden in Dortmund drei Hochöfen stillgelegt, Stellenabbau bedrohte tausende Mitarbeitende“, sagt PEAG-Geschäftsführer Gerd Galonska. „Deshalb gründete Thyssenkrupp 1997 am Werksgelände Westfalenhütte im Norden der Stadt eine Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Vermittlungsgesellschaft. Zwei Jahre später wurde sie umbenannt in die Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur GmbH - die PEAG.
Gerd Galonska war sehr früh dabei, arbeitete als Personalbetriebswirt bei Thyssenkrupp und wechselte 2004 in die PEAG-Geschäftsführung. Mit wirtschaftlichen Umbrüchen kennt er sich aus, hat sie als Spezialist für Beschäftigtentransfer und Personalvermittlung miterlebt. „In 25 Jahren“, sagt er, „haben wir rund 1000 Sozialpläne abgearbeitet.“
Die Erfüllung im Beruf wird gesucht
Heute erlebt er, dass sich der Arbeitsmarkt nahezu komplett gewandelt hat - von einem Arbeitgeber- zu einem Bewerbermarkt. „Die Work-Life-Balance ist schon Thema in den Bewerbungen“, sagt Gerd Galonska. Das heißt, junge Menschen suchen sich ihren Arbeitgeber danach aus, ob er ein angenehmes Arbeiten und eine Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Freizeit bietet.
Jahrelang wurde über Heimarbeit diskutiert, mit der Corona-Pandemie war sie dann innerhalb weniger Tage da. Heute gehört die Arbeit im Homeoffice zur Arbeitswelt wie selbstverständlich dazu und wird als Teil der Work-Life-Balance von Arbeitnehmern gefordert. © picture alliance/dpa
Während man früher arbeiten gegangen sei, um erst einmal Geld zu verdienen, und damit auch eine Identifikation mit dem Unternehmen einher gegangen sei, gebe es heute einen ganz anderen Trend. „Man will sich auch erfüllen und sucht nach mobiler und flexibel gestaltbarer Arbeit“, so Gerd Galonska. Die Löhne seien längst nur ein Faktor bei der Arbeitsplatzsuche und nicht mehr vergleichbar: „Auch Bonusregelungen, Dienstwagen oder die Ausgestaltung der Sozialräume mit einem Kicker-Tisch oder einer Tischtennis-Platz spielen eine Rolle.“
<div data-pinpoll-id="215187" data-mode="poll"></div> <script src="https://tools.pinpoll.com/global.js" async=""></script>Eine große Rolle spiele mittlerweile auch das Image eines Unternehmens. „Und da hat der Handel ein Problem. Wer möchte da als Verkäuferin oder Verkäufer einsteigen, wohlwissend, dass er selbst im stationären Handel gar nicht einkauft?!“, sagt Gerd Galonska. Das sei ein Grund für den aktuellen Personalmangel. Bestenfalls die Arbeit im Handyladen werde im Freundeskreis noch als sexy angesehen.
Image-Problem für Handel und Handwerk
Wie der Handel müsse auch das Handwerk sein Image aufpolieren. „Der Satz ‚Handwerk hat goldenen Boden‘ ist ein Opa-Spruch. Das Handwerk bietet gute Rahmenbedingungen. Man arbeitet in kleinen Einheiten, hat einen krisenfesten Job, kann auch nach der Ausbildung noch studieren und richtig gut verdienen“, sagt Gerd Galonska. Möglichst früh sollte also Schülern eine handwerkliche Ausbildung als Alternative zum Studium aufgezeigt werden: „Viele Experten sagen, dies müsse direkt nach der Grundschule passieren.“
Einen sicheren Job, da ist sich Gerd Galonska sicher, wird es - anders als im Handwerk - in vielen Branchen künftig nicht mehr geben. „Die Transformation wird uns in der Industrie und in vielen gewerblich-technischen Berufen begleiten. Das heißt, wer heute seinen Arbeitsplatz verliert, muss sich für die nächsten fünf Jahre einen Job suchen. Dabei ist das Fachwissen nachrangig. Wir beraten, wie Arbeitssuchende sich selbst als Persönlichkeit gut vermarkten und nicht nur ihr Fachwissen. Fachwissen ist nach zwei Jahren eh wieder hinfällig. Man muss vielmehr lernwillig und teamfähig sein und Kunden abholen können“, so Gerd Galonska.
Mitarbeiter werden am Unternehmen beteiligt
Gegenüber Unternehmen ist es das Ziel der PEAG, deutlich zu machen, wie sich die Bewerber und ihre Bedürfnisse gerade verändern. „Ja, sagt Gerd Galonska, es gibt vor allem in Handel und Handwerk einen Bewerbermarkt. Trotzdem stellen Firmen aber nicht jeden einfach ein. Weil sie wiederum die geeigneten Leute, die heute wählerischer sein können als früher, aber auch halten müssen, sind Bindungsinstrumenten wichtig. Es ist ein Geben und Nehmen.“
Das Einkaufen verändert sich. Der stationäre Handel habe gerade bei jungen Leuten, die auf Jobsuche sind, ein Imageproblem, sagt PEAG-Chef Gerd Galonska. © (A) Schaper
Stolz verweist Gerd Galonska da beispielsweise auf die PEAG-Mitarbeiter-Beteiligungs-GmbH. „Damit bieten wir seit 2005 eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung für unsere fest angestellten Mitarbeitenden an.“ Sie können Anteile an ihrem Unternehmen zeichnen und am Erfolg teilhaben. „Das ist ein Modell“, so der Geschäftsführer, „das zurzeit öffentlich intensiv diskutiert wird, um Menschen dauerhaft an ihr Unternehmen zu binden.“
Solche Modelle zeigen ihm, dass die Wandlung zu einer emissionsarmen und digitalisierten Wirtschaft für den Arbeitsmarkt in Dortmund und NRW zwar eine große Herausforderung ist, diese aber auch mit neuen, intelligenten Maßnahmen zu bewältigen ist.
Weg vom Diplom und hin zum Lernen im Job
„Vor allem in energie-intensiven Branchen wie der Stahlbranche entwickeln wir jetzt parallel zur strukturbedingten Transformation neue Konzepte, mit denen wir zum Teil über Jahre hinweg Menschen begleiten und umschulen, die den Mut haben, dann anschließend in einem zukunftsgewandten Unternehmen neu anzufangen“, berichtet Gerd Galonska.
Es gebe viele Entwicklungen, die neue Tätigkeiten erfordern und viele alte überflüssig machen: weg vom Verbrennungsmotor hin zum Elektromotor, weg von der Gasheizung hin zu Wasserpumpen und Geothermie. Für Galonska führt da kein Weg an Weiterbildung vorbei. „Schon heute“, sagt er, „arbeiten viele 35-Jährige in einem Beruf, den sie ursprünglich nicht erlernt haben. Das müssen wir unterstützen und wegkommen von der Jagd nach dem einen Diplom. Heute lernt man ‚on the job“. Und wir brauchen ganz viele Akteure, die dazu bereit sind.“
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