Als 2019 die ersten Miet-E-Scooter in Dortmund und anderen deutschen Städten auftauchten, war der Hype gewaltig: Die kleinen Elektro-Tretroller galten vielen als „nächstes großes Ding“ in der urbanen Mobilität, als wichtiger Baustein in der Verkehrswende.
Vier Jahre später ist die anfängliche Euphorie abgeebbt. Stattdessen ist nun der Ärger über rücksichtslos auf Gehwegen abgestellten Scooter ein häufiger Begleiter auf dem Weg zu Fuß durch die Stadt. Anfang des Monats entschied nun mit Paris die erste Metropole per Abstimmung, dass die rund 15.000 E-Roller in der Stadt bis zum 1. September verschwinden sollen. Die Lizenzen der Anbieter werden nicht verlängert.
In Dortmund sind nach Angaben der Stadt 3650 Leih-E-Scooter unterwegs. Könnte Dortmund sie nach dem Pariser Vorbild ebenfalls aus der Stadt werfen?
Die Antwort ist ein klares „Nein“. Dafür sorgt das „Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz“, das 2021 vom NRW-Landtag beschlossen wurde. In ihm werden „Elektrokleinstfahrzeuge“, zu denen E-Roller gehören, zum „Bestandteil des multimodalen Mobilitätsangebotes“ erklärt. „Die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen soll nicht durch kommunale Satzungen so eingeschränkt werden, dass ihr Angebot dadurch verhindert wird“, heißt es dort ausdrücklich.
Dortmund will kein Verbot
Dieses Gesetz schließe ein Komplettverbot von E-Scootern „nahezu aus“, schreibt die Stadt Dortmund auf Anfrage. Doch selbst wenn ein solches möglich wäre: „Das strebt die Stadt auch gar nicht an.“ Für die Stadtverwaltung sind die Roller vielmehr „ein wichtiges Instrumentarium der Mobilitätswende“.
Damit nimmt Dortmund eine grundlegend andere Position ein als beispielsweise Düsseldorf, wo Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) nach dem Pariser Entscheid verlautbaren ließ, „dass ich die Roller verbieten würde, wenn ich könnte“.
Neue Regeln für E-Roller
Doch auch in Dortmund wird daran gearbeitet, den E-Scooter-Wildwuchs einzudämmen. Der Stadtrat hat im März 2022 neue Regeln für Anbieter von Leih-E-Rollern beschlossen.
Neben einer jährlichen Sondernutzungsgebühr von 50 Euro pro Roller (hier wurde der Entwurf der Verwaltung, die lediglich 20 Euro vorgesehen hatte, noch verschärft) sieht das neue Konzept auch die Einführung von verpflichtenden Ausleih- und Abstellzonen in der Innenstadt vor. Bereits jetzt haben die Anbieter ihre E-Scooter technisch so eingerichtet, dass man die Ausleihe in vielen Teilen ihres Geschäftsgebiets (z.B. Fußgängerzonen, Parks, große Plätze) nicht beenden kann.
Bisher gibt es feste E-Roller-Parkzonen nur am Phoenix-See. Nachdem es dort in der Anfangszeit zu mächtig Ärger um zugeparkte Gehwege gekommen war, hatte die Stadt in einem Modellprojekt in Zusammenarbeit mit den E-Scooter-Anbietern zwei feste Parkzonen eingerichtet.

Danach sei es „zu einer sehr deutlichen Verbesserung“ der Abstellsituation gekommen, schrieb die Stadt in der Beschlussvorlage für das neue Konzept 2022. Auch habe es bedeutend weniger Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben.
Wann die ersten E-Scooter-Parkzonen in der Dortmunder Innenstadt eingerichtet werden, kann die Stadt auch über ein Jahr nach dem Ratsbeschluss nicht sagen. „Das ist eine komplexe Geschichte“, sagt Stadtsprecher Christian Schön, „man muss sich jede einzelne geplante Fläche vor Ort anschauen.“ Die schlussendliche Anzahl der Parkzonen stehe ebenfalls noch nicht fest.
1000 E-Scooter weniger
Was bereits sichtbaren Einfluss auf das Geschäft der E-Scooter-Anbieter hat, ist die Obergrenze von maximal 300 Gefährten, die ein jeder Anbieter in der Innenstadt einsetzen kann. Bei aktuell vier Betreibern (Bird, Lime, Tier, Voi) sind das 1200 Elektro-Roller.
Zusammen mit der seit Mai 2022 erhobenen Sondernutzungsgebühr hat das neue Konzept dazu geführt, dass die Zahl der angemeldeten E-Scooter um rund 1000 Fahrzeuge gesunken ist - und das, obwohl in der gleichen Zeit der Anteil des Stadtgebiets, in dem es Leih-E-Roller gibt, gewachsen ist. Besonders in den Außenbezirken.
- Die Polizei verzeichnet seit der Einführung von Elektro-Rollern 2019 jedes Jahr eine Zunahme von Unfällen mit E-Scooter-Beteiligung.
- Gab es 2019 lediglich 21 Unfälle mit E-Scootern, stieg diese Zahl 2020 auf 36, im Jahr darauf auf 68 und 2022 schließlich auf 117.
- Seit 2019 verletzten sich bei Unfällen mit E-Scooter-Beteiligung in Dortmund 34 Menschen schwer und 194 Menschen leicht. Mehr als die Hälfte der Verletzungen (18 schwere und 99 leichte) passierten 2022.
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