Der Tag danach: Am Montag (13.3.) traf bei den Karstadt-Beschäftigten die Horrormeldung ein, dass ihr Haus auf der Streichliste stehe und am 31.1.2024 geschlossen werde. „Es war ein ziemlicher Schlag ins Gesicht“, sagt Joffrey Kallweit, der Betriebsratsvoritzende. Am Dienstag (14.3.) sitzen er und sein Betriebsratskollege Thomas Bader bei der Pressekonferenz des Verwaltungsvorstandes der Stadt Dortmund.
Sie sehen nachdenklich aus. Man spürt, wie sehr ihnen die Ereignisse nahegehen. Dennoch: „Wir werden nicht aufgeben, wir werden für den Erhalt des Hauses kämpfen“, kündigt Kallweit an. Dazu wollen sie sich, wohl gemeinsam mit Verdi, Aktionen ausdenken. Ein paar Sätze, dann ergreift OB Westphal das Wort.
Westphal wird gleich deutlich: Die Entscheidung sei „nicht nachvollziehbar und im Stil erbärmlich“, sagt er mit Blick auf die Beschäftigten im Dortmunder Karstadthaus, deren Zahl Betriebsrat Kallweit alles in allem mit 359 beziffert. „Es gibt aus Handelssicht keine Begründung für die Schließung des Hauses“, unterstreicht Westphal.
52 der bundesweit 129 Filialen sollen geschlossen werden, hat Karstadt angekündigt. Westphal sagt, damit habe die Geschäftsführung „das Ende von Karstadt beschlossen“.
Oberzentrum Dortmund? Großes Einzugsgebiet? Hohe Besucherfrequenz der City? All diese Aspekte seien bei der Entscheidung hintenübergefallen. „Es ist ein reines Cutting-Konzept“, schimpft Westphal und meint: ein Konzept, das einzig und allein darauf abziele, die Kosten zu senken. Sprich: die Mieten. Aber: „Es ist noch Luft, es ist noch nicht fertig“, sagt Westphal. Gibt es also doch noch einen Funken Hoffnung? Offenbar.
Der Grund dafür: 21 der bundesweit 52 betroffenen Filialen sollen bereits in wegen Monaten am 30.6.2023 schließen. Die weiteren Standorte, zu denen Dortmund gehört, haben eine Galgenfrist bis zum 31.1.2024. Daraus wird abgeleitet, dass die möglichen Gespräche zwischen Karstadt Dortmund und dem Vermieter noch nicht abgeschlossen sind.
Vermieter müsste sich bewegen
Es gibt die Hoffnung, die RFR Mangement GmbH mit Sitz in Frankfurt könne sich noch bewegen und Karstadt ein (neues) Mietangebot vorlegen. Wie viel Zeit das Insolvenzrecht dafür tatsächlich noch lässt, bleibt offen. Sind es Tage, wie manche sagen? Wochen? Oder wirklich die Monate bis Ende Januar 2024?
Allerdings weiß auch Westphal, dass seine Möglichkeiten, auf beide Seiten einzuwirken, gering sind. Dafür appelliert er an Karstadt und an den Vermieter, „alles zu tun, damit Karstadt in Dortmund erhalten bleibt“. Am Donnerstag, (16.3.), sagt Westphal, werde einmal mehr der „Runde Tisch“ zur Rettung von Karstadt mit verschiedenen Akteuren der Stadtgesellschaft tagen.

Was am Ende herauskommt, bleibt offen. „Für die Mitarbeiter ist es eine zermürbende Zeit“, sagt Karstadt-Betriebsrat Thomas Bader. Auch mit Blick auf den Kalender: Am Montag, 27. März, steht die Gläubigerversammlung an. Die Zulieferer, der Bund und andere Gläubiger müssen Millionen Euro in den Wind schreiben. Stimmen sie dem Insolvenzplan nicht zu, „ist der Geschäftsbetrieb sofort einzustellen“.
Abseits des Geschehens bei der Pressekonferenz des Verwaltungsvorstandes meldet sich am Dienstag die Grünen-Ratsfraktion zu Wort. In ihrem Papier führen die Spitzen Ingrid Reuter und Christoph Neumann überraschend aus, dass sie Karstadt keine Chance mehr geben: „Die entscheidende Frage ist für uns nicht mehr, ob und wie viel Energie die Stadt (...) in einen wieder mal erneuten Versuch der Rettung investiert“, wie es im Grünen-Papier heißt.
Die Frage sei vielmehr, welche anderen Möglichkeiten es für die Beschäftigten und (…) die weitere Nutzung des Gebäudes gebe. Vor allem Frauen seien von der Schließung betroffen. Für sie müsse es vorrangig darum gehen, schnelle Alternativen zu finden, so die Grünen.
Karstadt-Schließung: Tag eins nach der Hiobsbotschaft - Ins Entsetzen mischt sich Erleichterung
Prachtbau am Westenhellweg setzte Maßstäbe: Karstadt-Geschichte begann vor fast 120 Jahren
„Werde Karstadt vermissen“: Warum sich Lotto-Millionär Chico am Dienstag unter die Kunden mischte