OB Westphal zu Ukraine-Krieg: Berechtigte Sorge, aber falscher Weg

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OB Westphal zu Ukraine-Krieg: Berechtigte Sorge, aber falscher Weg

rnMeinung

Oberbürgermeister Thomas Westphal unterstützt den offenen Brief mit der Forderung an Bundeskanzler Scholz, sich für einen Kompromiss im Ukraine-Krieg einzusetzen. Naiv findet das unser Autor.

Dortmund

, 04.05.2022, 05:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal plädiert dafür, bei der Unterstützung der Ukraine Umsicht walten zu lassen und auf die Lieferung schwerer Waffen zu verzichten. Er sieht die Gefahr eines Dritten Weltkriegs.

Die Sorge ist nachvollziehbar und ehrenwert und macht Westphal damit noch lange nicht zu einem Putin-Versteher. Unverständlich ist für mich aber, warum er dazu den offenen Brief, der von einer Gruppe „Intellektueller“ um die streitbare Feministin Alice Schwarzer initiiert wurde, unterstützt und sogar zur Mitunterzeichnung aufruft - obwohl er nach eigenen Worten nicht alle Aussagen teile.

Der Kernsatz des Briefes an Bundeskanzler Olaf Scholz lautet: „Wir bitten Sie dringlich, alles dazu beizutragen, dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen kann; zu einem Kompromiss, den beide Seiten akzeptieren können.“ Pardon, aber diese Forderung ist schlicht naiv.

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Warum? Man stelle sich vor, fremde Männer stürmen das Haus, in dem man lebt, ermorden viele Bewohner und drohen damit, eine Bombe zu zünden, wenn man sich Hilfe der Polizei oder der Nachbarn holt. Wie könnte da ein Kompromiss aussehen? Soll man den Aggressoren großzügig eine Etage überlassen, aus Angst sie könnten ihre Drohung - mit der sie sich selbst in die Luft sprengen würden - wahr machen?

Einen Kompromiss kann es nicht geben

Ähnlich stellt sich die Situation in der Ukraine dar. Einen Kompromiss kann es nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg nicht geben. Punkt. Und zu einem Kompromiss gehört, dass man demjenigen, mit dem man ihn schließt, vertrauen kann.

Das heißt im Umkehrschluss, dass man die Ukraine wirkungsvoll dabei unterstützen muss, sich gegen die Aggressoren zu wehren. Denn dass das Morden und das Leid für die Bevölkerung der Ukraine unter russischer Besatzung nicht enden, zeigen die Beispiele aus zwischenzeitlich eroberten Städten wie Butscha und Mariupol.

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Natürlich muss man Umsicht walten lassen, um keinen Vorwand für einen Dritten Weltkrieg zu liefern, mit dem Russland droht. Darum sind die Nato-Staaten auch sichtlich bemüht. Wobei der Grat schmal ist. Wer die vergangenen Wochen verfolgt hat, weiß, dass es den Machthabern in Moskau nicht schwerfällt, Anlässe für eine Eskalation des Krieges zu konstruieren, wenn sie nur wollen.

Die Sorgen von Thomas Westphal sind nachvollziehbar, der Weg mit der Unterstützung einer fragwürdigen Initiative aber der falsche. Olaf Scholz als Adressat des offenen Briefes hatte recht als er in seiner Rede zum 1. Mai sagte: „Es muss einem Bürger der Ukraine zynisch vorkommen, wenn ihm gesagt wird, er solle sich gegen die Putin’sche Aggression ohne Waffen verteidigen. Das ist aus der Zeit gefallen.“ Leider.

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