OB Westphal: Stadt Dortmund will künftig selbst Wohnungen bauen

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OB Westphal: Stadt Dortmund will künftig selbst Wohnungen bauen

rnAngespannter Wohnungsmarkt

Die Stadt Dortmund will den Wohnungsbau forcieren und neben privaten Investoren selber aktiv werden. Wie das geschehen soll, erklärt OB Thomas Westphal im Interview – und verrät weitere Pläne.

Dortmund

, 24.11.2020, 14:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Druck auf Dortmunds Wohnungsmarkt ist groß. 2150 Haushalte waren Ende 2019 beim städtischen Wohnungsamt als suchend gemeldet. Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen, die einer Mietpreisbindung unterliegen, sinkt von Jahr zu Jahr.

Die Neubautätigkeit hinkt der Nachfrage hinterher. Zwar befinden sich etliche Projekte in Vorbereitung - doch die Realisierung dauert Jahre. Dortmunds neuer Oberbürgermeister (OB) Thomas Westphal hat das Thema Wohnungsbau zur „Chefsache“ erklärt. Er will Dampf machen. Wie, verrät er im Interview.

Herr Westphal, bislang konnte die Stadt das gewünschte Neubauvolumen von 2000 Wohnungen pro Jahr nicht erreichen. Auch 2019 ist sie mit 1378 Fertigstellungen statistisch unter dem selbst gesteckten Ziel geblieben. Sie kündigen nun eine Neubaumarge von 20.000 Wohnungen innerhalb von zehn Jahren an. Wie soll das funktionieren?


Das Land NRW hat vor kurzem eine Studie vorgelegt, nach der die Fertigstellungsraten in Dortmund sogar über dem Bedarf liegen. Das Hamburger GEWOS-Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung kommt für Dortmund auf ein notwendiges Neubauvolumen von jährlich 1410 Wohnungen bis 2040. Gleichzeitig hat GEWOS errechnet, dass von 2017 bis 2019 im Schnitt pro Jahr aber 1530 Wohnungen fertiggestellt worden sind.

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Dortmund steht im Vergleich mit anderen Städten also wirklich nicht schlecht da. Trotzdem wollen wir an unserem selbst gesteckten Ziel festhalten. Dafür werden wir jetzt mit Hochdruck arbeiten.

Nämlich?


Unser erster Partner sind natürlich die Dortmunder Wohnungsgesellschaften. Nach einem ersten Austausch Anfang November werden wir uns im Januar 2021 erneut zusammensetzen. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht die Gründung eines Strategischen Lenkungskreises, in dem Ziele definiert und Vorhaben aufeinander abgestimmt werden.

Ich möchte ein Entwicklungs-Szenario für die Gesamtstadt. Und da ist es mir wichtig, den Unternehmen zuzuhören: Welche Wünsche haben sie? Wie sieht ihr Bedarf aus? Welche Projekte sind in Vorbereitung? Was braucht die Stadt?

Was ist mit einem Wohnungsbaukoordinator in der Stadtverwaltung? Den wünschen sich Wohnungsunternehmen seit Jahren.

Jetzt sind es sogar zwei geworden. Beide haben im September ihre Arbeit aufgenommen.

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Und die sieht wie aus?

Die Wohnungsunternehmen wünschen sich „Lotsen“, die ihnen bei der Abstimmung zwischen den Ämtern helfen. Der Job unserer Koordinatoren wird sein, als Ansprechpartner für die Unternehmen da zu sein, sie im Falle von Unklarheiten oder Restriktionen zu unterstützen. Etwa bei Baugenehmigungen oder beispielsweise bei Fragen im Zusammenhang mit der Erstellung von Bodengutachten.

Dabei weisen die Koordinatoren nicht nur den Weg zu den Ämtern. Ein wichtiger Bestandteil ihres Job besteht darin, die Abläufe in der Verwaltung stärker zu beschleunigen, so dass zügig gebaut werden kann. Dazu sollen Prüfverfahren und Prozesse in Vorbereitung einer Baumaßnahme, wo immer möglich, gleichzeitig und parallel laufen. Das spart am Ende viel Zeit.

Wo sind die Lotsen zu finden?


Beide Koordinatoren sind im Wohnungsamt angesiedelt. Sie leiten die interne Arbeitsgruppe Wohnungsbau und arbeiten somit Ämter- und Dezernats-übergreifend. Sollte der Bedarf der Wohnungsunternehmen mittel- und langfristig wachsen, werden wir die Arbeit der Koordinatoren in einer neu zu gründenden Servicegesellschaft bündeln.

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Der Mieterverein und viele Dortmunder Bürger beispielsweise wünschen, dass die Stadt selber Wohnungen baut – vor allem öffentlich geförderte. Wie stehen Sie dazu?

Dieser Wunsch ist völlig berechtigt, das habe ich im Wahlkampf immer deutlich gemacht. Meine Vorstellung ist, dass die Stadt durch die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) als stadteigene Tochter verstärkt eigene Wohnungen baut.

Neubaugebiet Brechtener Heide nahe der Autobahn A2.

Neubaugebiet Brechtener Heide nahe der Autobahn A2. © Beushausen

Vergleichbare Pläne gibt es seit Jahren, sie haben nur nicht wirklich funktioniert. Auf welcher Grundlage sollte es künftig klappen? Die DSG hat gar kein Kapital, um zu bauen.

Immer der Reihe nach. Die Aufgabe der DSG bestand darin, städtische Grundstücke zügig zu entwickeln, sie baureif zu machen und somit ein Fundament für Privatinvestoren zu legen. Das wird auch weiterhin Aufgabe der DSG bleiben.

Ergänzend dazu soll sie künftig die Möglichkeit bekommen, die Flächen selber für Wohnungsbau zu nutzen. Die DSG als städtische Gesellschaft würde also zum Träger eigener Bauvorhaben, für deren Finanzierung sie zuständig ist. Dafür braucht es Geld, das ist richtig. Die Kapitalausstattung besorgt die Stadt, indem das Liegenschaftsamt der DSG stadteigene Grundstücke zuführt.

Entscheidend ist, dass wir Flächen mobilisieren, die dann aber auch tatsächlich schnell und unkompliziert zu bebauen sind. Diesen Prozess starte ich jetzt mit der Verwaltung.

Sprechen wir über öffentlich geförderte Wohnungen oder über frei finanzierte Wohnungen?

Über beides. Ich denke an einen Mix aus frei finanzierten und öffentlich geförderten Wohnungen.

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Wir reden viel über Neubau. Was ist mit dem Bestand?

Ein weiterer wichtiger Punkt, der mir am Herzen liegt. Aufgrund des demografischen Wandels werden viele Wohnungen und privat genutzte Immobilien mittelfristig zum Verkauf auf den Markt kommen. Die Stadt und die Wohnungswirtschaft eint dabei dieselbe zentrale Frage: „Kommen die Bestände in gute Hände?“

Es gibt einige Beispiele, in denen das leider nicht der Fall war. Genau da wollen wir im Verbund mit den Dortmunder Wohnungsunternehmen ansetzen und den Markt auf mögliche Angebote bzw. Verkäufe beobachten. Eine Art „Frühwarnsystem“ kann dabei helfen, bei Bedarf frühzeitig zu reagieren.

… und die Wohnhäuser zur Not selber aufzukaufen?

Natürlich nicht in jedem Fall. Zeichnet sich aber ab, dass Bestände eben nicht in gute Hände zu fallen drohen, ist eine Übernahme durch Wohnungsgesellschaften oder durch die Stadt eine gute Option.