Handel in der Krise Dortmunder Expertin fordert Senkung der Mieten in der City

Niedrigere Mieten könnten die City beleben
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Kati Volgmann hat es nicht weit, um ihr Untersuchungsobjekt unter die Lupe zu nehmen. Vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung am Brüderweg ist es nicht weit zum Ostenhellweg - und damit zu einem der Sorgenkinder bei der Entwicklung der City.

Im Brückstraßen-Viertel und auf dem Ostenhellweg dominierten mittlerweile „Handyshops, Food-Läden und Nischenläden mit häufigem Wechsel der Mietparteien“, stellt Kati Volgmann in ihrer Analyse für das ILS fest. In einer vom Land geförderten Erhebung hat sie im Sommer 2022 die Leerstände von Ladenlokalen in fünf NRW-Städten erfasst - außer in Dortmund auch in Wuppertal-Elberfeld und -Barmen, in Köln, Witten und Bielefeld.

Auch an der Brückstraße prägen Leerstände, häufig wechselnde Mieter und Billigangebote das Bild. Für Kati Volgmann ist das eine typische Entwicklung für sogenannte B-Lagen.
Auch an der Brückstraße prägen Leerstände, häufig wechselnde Mieter und Billigangebote das Bild. Für Kati Volgmann ist das eine typische Entwicklung für sogenannte B-Lagen. © Oliver Volmerich

Die Ergebnisse ähneln sich: Die sogenannten A-Lagen - also der Teil der Einkaufstraßen mit der höchsten Passanten-Frequenz und den höchsten Mieten - haben sich verkürzt. An den Rändern der City - in den sogenannten B-Lagen - und in innerstädtischen Einkaufszentren mehren sich die Leerstände. So hätten zum Zeitpunkt der Erhebung in der Thier-Galerie 32 von 160 Ladenlokalen leer gestanden.

Volgmanns Trost: Dortmund ist mit dieser Entwicklung nicht allein. Und sie habe sich schon länger angebahnt. Ein Grund ist das Internet: „Der Wettbewerb zum Online-Handel zieht Frequenz aus den Innenstädten ab“, stellt Kati Volgmann fest. Diese strukturelle Entwicklung lasse sich seit 10 bis 15 Jahren beobachten. Die Corona-Pandemie mit zeitweiligem Lockdown habe diesen Prozess nur beschleunigt. „Corona hat die Wunde offengelegt“, sagt die Expertin.

Mieten sinken erstmals seit Langem

Und diese Entwicklung zeigt Folgen - nicht nur in Form von Leerständen. Erstmals seit Mitte der 1990er Jahre seien in den A-Lagen die Einzelhandelsmieten gefallen. Besonders deutlich seien die Mietreduktionen in Spitzenlagen mit hohen Ausgangsmieten, heißt es in der ILS-Analyse. „Einige Vermieter kommen ihren Einzelhandelsmietern extrem entgegen“, stellt Kati Volgmann fest. Ihnen gehe es darum, den Immobilienwert zu halten, der durch längeren Leerstand sinken würde.

Kati Volgmann sieht die Entwicklung mit sinkenden Mieten deshalb durchaus auch als Chance für die Innenstädte. „Eine Anpassung der Mietverträge und eine damit verbunden Reduzierung der Miete könnte ein Weg sein, Einzelhändlern einen Verbleib am jeweiligen Standort zu ermöglichen“, heißt es in der Analyse. Es biete sich durch niedrigere Mieten zudem die Chance, „die Vielfalt wiederzubeleben“, ist Kati Volgmann überzeugt. „Aber man muss das auch fördern.“ Die Verantwortung hätten dafür nicht allein die Städte, sondern alle Akteure in der City, allen voran auch die Eigentümer der Immobilien.

Das Dortmunder Vorhaben, über ein Citymanagement die Zusammenarbeit zu verbessern, in der City Quartiere mit Schwerpunkte zu bilden und andere Nutzungen als Handel zu forcieren, sieht die Experten als richtigen Ansatz. Es gelte, eine neue Nutzungsmischung zu schaffen aus Handel, Kultur, sozialen Einrichtungen und Wohnen, erklärt sie. Und es müsse mehr städtebauliche Qualität durch die Umgestaltung von Straßen und Plätzen geschaffen werden. „Man muss das Aufenthalts- und Kauferlebnis stärken“, sagt Kati Volgmann. Die Dortmunder City scheint dabei ihrer Ansicht nach auf einem richtigen Weg zu sein.

  • Das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung ist ein Forschungsinstitut des Landes mit Sitz am Brüderweg in Dortmund. Einer der früheren Leiter war Ex-Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

  • Die Untersuchung „Entwicklung von Gewerbemieten in Innenstadtlage im Zuge der Coronapandemie“ ist ein Kooperationsprojekt des ILS mit dem NRW-Ministerium für Heimat- und Bau. Es wird mit einer weiteren Erhebung im Jahr 2023 fortgesetzt.

  • Der Aufsatz von Kati Volgmann ist online nachzulesen unter www.ils-forschung.de.

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