Die neue Klinik von Gabie Raven am Körner Hellweg ist für strenggläubige Christen ein Dorn im Auge. Denn die Ärztin aus den Niederlanden hat sich auf Schwangerschaftsabbrüche spezialisiert. Die „Gynaikon Praxisklinik“ in Dortmund ist ihre Dritte, neben Rotterdam und Roermond.
Das, was Raven in ihren Kliniken macht, verunglimpfen ihre Kritiker als Mord. Auf einschlägigen Internetseiten wird gegen die Ärztin Stimmung gemacht – auf eine Art und Weise, die eigentlich nicht mit christlichen Werten zusammenpassen dürfte. Die Arbeit der Ärztin wird mit den Verbrechen der Nazis verglichen.
Radikale Christen gegen Ärztin
Aussagen, die auch bei einem Protest gegen die Klinik am Mittwoch (30.11.) verbreitet wurden. Ein gelber Bulli, mit Aufschriften wie „Jezus heeft een doel met uw leven“, zu Deutsch „Jesus hat einen Sinn für dein Leben“, reiste gegen 12 Uhr dazu aus den Niederlanden an. Zwei ältere Männer, einer von ihnen ist Joop van Ooijen, Gründer der evangelistischen niederländischen Partei „Jezus Leeft“ (Jesus lebt) und radikaler Abtreibungsgegner.
Gegen die Kliniken von Gabie Raven demonstriere van Ooijen schon seit zehn Jahren. Deswegen hätten sich die beiden Niederländer auch auf den Weg vom über 200 Kilometer entfernten Giessenburg nach Dortmund gemacht. Raven würde „Mord exportieren“, so van Ooijen. Sie wollen die Menschen warnen.

Abtreibungen seien „nicht normal“, erzählte der Evangelist unserem Reporter. Selbst in Extremfällen, wie bei einer ungewollten Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung nicht. „Das ist nur ein kleiner Teil“, ergänzt sein Begleiter, „und das gibt uns trotzdem nicht das Recht, menschliche Lebewesen umzubringen.“
Vergleich ist Volksverhetzung?
Der Begleiter sagt auch, dass Abtreibungen schlimmer seien als der Holocaust. Auf die Frage, ob diese Behauptung nicht die Opfer des Holocaust verunglimpfe, erwidert er: „Es ist größer“, so seine Begründung. Weil weltweit die jährlichen Abtreibungen die Zahl der Toten der Shoa übertreffe. Wer für Abtreibungen sei, sei auch für Mord.
Die beiden Niederländer haben für die Demonstration in Körne auch Banner an ihren Lieferwagen angebracht. „Abtreibung ist Babymord“ steht auf einem, auf dem anderen „Abtreibung ist Babycaust“. Letzteren mussten die beiden Männer nach Aufforderung durch die Polizei wieder abnehmen. Die Beamten stellten ihn aus einem „gefahrenabwehrenden Grund“ sicher. Um die Strafbarkeit zu prüfen, wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, wie Polizeisprecher Peter Bandermann dieser Redaktion mitteilte. Der Verdacht auf Volksverhetzung steht im Raum, da es auf den Holocaust an den Jüdinnen und Juden anspielt.
„My Body, my Choice“
Gegen die beiden niederländischen Abtreibungsgegner, die noch von einer weiteren Person begleitet wurden, stellten sich ab 11 Uhr in der Spitze rund 60 Gegendemonstrierende. Ihre Position machten sie in Parolen und mehreren Redebeiträgen laut: „My Body, my Choice“, also „Mein Körper, meine Wahl“. Die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch liegt bei den schwangeren Personen.

Sie sprachen sich auch dafür aus, dass Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden. Zwar wurde der Paragraf 219a des Strafgesetzbuches abgeschafft – das Werbeverbot für Abtreibungen – der Paragraf 220 ist noch gültig. Demnach sind Schwangerschaftsabbrüche strafbar, außer nach Vergewaltigungen oder einer verpflichtenden Beratung. Das soll sich ändern, genauso wie die mangelnde Versorgung in dem Bereich.
Außerdem solidarisierten sich die Demonstrierenden mit Gabie Raven. Die Ärztin war sichtlich davon angetan: „Ich finde das unglaublich, dass für mich demonstriert wird“. Gemeinsam mit ihren Arzthelferinnen bedankte sie sich persönlich bei der Gruppe – und brachte ihnen heiße Getränke und niederländische Waffeln.
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