Viele von ihnen hatten Rosenkränze dabei. Andere Kerzen. Einige trugen hölzerne Kreuze und Bilder der Heiligen Maria. Sie haben die Hände gefaltet und blicken wehmütig Richtung Boden oder ins Leere. Gegen 10 Uhr versammelten sich am Samstag (26.11.) rund 60 Menschen zu einer Mahnwache am Körner Hellweg 142.
Was auf den ersten Blick wie eine Gruppe besonders frommer Christen wirkte, war allerdings weitaus mehr. Sie sind Abtreibungsgegner. Und sie protestierten gegen „Gynaikon“, einer Klinik für Schwangerschaftsabbrüche, die Anfang November im Gebäude von Kaufland am Körner Hellweg eröffnet wurde.
Gebete und Konzentrationslager
Ihr Protest war weitestgehend ruhig. Auch die Polizei, bei der ein „Rosenkranzgebet“ gegen die Abtreibungsklinik angemeldet worden war, spricht von einer störungsfreien Versammlung.
Am Samstag war das Klima dieser Gebetsrunde eher nach innen gerichtet. Außenstehende dürften nicht mitbekommen haben, worum es den Teilnehmenden eigentlich geht. Parolen oder große Transparente hatten sie nicht dabei. Stattdessen wurde gemeinsam gebetet.
Der Teufel steckt allerdings im Detail: Die ruhigen Gebete stehen im starken Kontrast zu den Aufrufen im Internet, die es im Vorfeld der Versammlung gab. Dort wird explizit von „Kindermord“ gesprochen. Unter anderem mit diversen antisemitischen Vergleichen, die etwa von Konzentrationslagern zeigen.

Einschüchtern lässt sich Gabie Raven davon nicht. Die Niederländerin steckt hinter der Gynaikon-Klinik in Körne. Seit 30 Jahren ist sie Ärztin für Schwangerschaftsabbrüche, sie betreibt neben der Klinik in dem Dortmunder Stadtteil noch zwei in Roermond und Rotterdam.
Die Dortmunder Klinik von Gabie Raven ist nur eine von vier medizinischen Einrichtungen in Dortmund, in denen Schwangerschaftsabbrüche möglich sind.
Die „Pro-Lifers“, wie die Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen auch genannt werden, kennt schon Raven von ihren niederländischen Standorten – dort stünden Abtreibungsgegner jede Woche vor ihre Kliniken. „Ich habe keine Angst“, sagt die Ärztin. Sorgen mache sie sich eher um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eingeschüchtert werden könnten.
Patientinnen sollen in Masse untergehen
Besonders aber beschäftigt sie die Situation ihrer Patientinnen. Denn am Mittwoch (30.11.) wollen die Abtreibungsgegner von 11 bis 15 Uhr wieder vor der Gynaikon-Klinik von Gabie Raven in Körne demonstrieren, wie die Polizei Dortmund mitteilt. Anders als am Samstag, werden die Frauen, die zu der Ärztin wollen, den Protest mit all seinen Botschaften mitbekommen. Sicher eine hohe Belastung, zusätzlich zu dem Schwangerschaftsabbruch selbst.
Die Ärztin für Schwangerschaftsabbrüche hofft, dass sie „in der Masse untergehen“. Neben ihrer Klinik und Kaufland befinden sich in dem Gebäude noch eine Zahnarztpraxis und ein Physiotherapeut. Raven begrüßt deshalb umso mehr, dass sich eine Gegendemonstration gegen die Abtreibungsgegner stellen will.
Am Mittwoch nach Körne! #do3011 #prochoice #mybodymychoice pic.twitter.com/zHY0ZOeg9l
— Feministisches Kollektiv Dortmund (@FemKoDo) November 28, 2022
Am Mittwoch (30.11.) ruft das „Feministische Kollektiv Dortmund“ ab 11 Uhr zu einer Gegendemonstration unter dem Titel „My Body My Choice – gegen religiösen Fundamentalismus, für körperliche Selbstbestimmtheit“. Sie wollen sich solidarisch mit den Abtreibenden zeigen und sich gegen die Abtreibungsgegner stellen.
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