Neues Café in Dortmunds City geplant Bei Oliver Bülskämper arbeiten die, die woanders keine Chance haben

Bei Oliver Bülskämper arbeiten die, die woanders keine Chance haben
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Vor allem in Wochenend-Nächten wird es voll im Brückviertel in der Dortmunder Innenstadt. Mit seinen Imbissen zieht es die Feiernden nachts magisch an. Aber auch tagsüber soll das Brückviertel attraktiver werden. Dieses Ziel hat sich Oliver Bülskämper gesetzt. Er möchte dort bald das Café „Bäumchen“ eröffnen. Und das mit besonderem Konzept, denn in dessen Kern stehen die Mitarbeitenden.

Das „Bäumchen“ soll ein inklusives Café werden. Menschen mit körperlichen Behinderungen und geistigen Beeinträchtigungen arbeiten im Service und der Küche. Langzeitarbeitslose, Drogenabhängigen in Entzugsprogrammen und Zuverdiener, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben, sollen Sinnhaftigkeit und Struktur in der Arbeit im Café finden.

Das ist die Idee des „Bäumchen“, das am 1. August an der Reinoldistraße 17 öffnen soll. „Ein Baum schlägt Wurzeln und trägt Früchte“, erklärt der 37-jährige Oliver Bülskämper das Leitbild des Cafés. Es ist ein Projekt des Sozialen Zentrums, für das Bülskämper arbeitet.

Nachhaltigkeit bei Essen und Mitarbeitenden

Er ist es auch, der das Konzept entwickelt hat und das Café nach den Starthilfen mit Fördergeldern als Betriebsleiter in die Wirtschaftlichkeit führen soll. Bülskämper hat früher selbst als Koch gearbeitet, auch in einem inklusiven Projekt in Wuppertal, erzählt er. Dann hat er Betriebswirtschaftslehre studiert und neun Jahre lang für große Unternehmen gearbeitet. „Aber mir hat immer etwas gefehlt“, sagt der 37-Jährige.

Die Wände im baldigen "Bäumchen" sind noch unverputzt. Aber Oliver Bülskämper ist guter Dinge, dass das Café am 1. August eröffnen kann.
Die Wände im baldigen "Bäumchen" sind noch unverputzt. Aber Oliver Bülskämper ist guter Dinge, dass das Café am 1. August eröffnen kann. © Lukas Wittland

Weil er selbst Menschen mit Beeinträchtigung in seinem familiären Umfeld habe, sei die Zusammenarbeit und Förderung dieser Menschen eine Herzensangelegenheit für ihn. Bei dem Enthusiasmus, mit dem er von dem gemeinnützigen Projekt erzählt, kauft man das Bülskämper sofort ab.

Im „Bäumchen“ wird es selbstgemachte Brötchen geben, Frühstück, Mittagstisch mit Bowls und Rouladen, Kuchen und Kaffeespezialitäten. Alles soll nachhaltig sein, nach Möglichkeit aus der Region kommen und so wenig Müll wie machbar produzieren, das ist Oliver Bülskämper wichtig.

Gastronomie in ehemaligem Massagesalon

Was das „Bäumchen“ jetzt genau ist, ob Bäckerei, Café oder Restaurant, da will sich Bülskämper gar nicht so festlegen. „Es ist halt das Bäumchen“, sagt er. Die Öffnungszeiten montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr legen aber vielleicht eher die Bezeichnung Café nahe.

„Wir sind keine Sterne-Gastronomie, wir machen niederschwellige Gastro richtig schön und frisch“, sagt Bülskämper.

Bis das „Bäumchen“ öffnen kann, ist aber noch einiges zu tun. Aktuell ist der ehemalige Massagesalon, der umgewidmet werden musste, im Rohbauzustand. Man könnte es kurz machen und sagen, eigentlich muss noch alles gemacht werden, aber das Schild am Eingang hängt schon.

In den Räumlichkeiten des ehemaligen Massagesalons ist noch viel zu tun. Schutt und Holz liegen noch herum. Die Empore soll abgerissen werden. An dieser Stelle soll dann die Küche entstehen.
In den Räumlichkeiten des ehemaligen Massagesalons ist noch viel zu tun. Schutt und Holz liegen noch herum. Die Empore soll abgerissen werden. An dieser Stelle soll dann die Küche entstehen. © Lukas Wittland

Wände und eine Empore sollen weichen. Ein künstlicher Baum soll im Bereich der Bar aufgestellt werden. Ein Hebelift für Rollstuhlfahrende wird im hinteren Teil eingebaut werden, der zu den zwei Seminarräumen führt. Die barrierefreien Räume sollen für eigene Veranstaltungen zur Verfügung stehen, aber auch vermietet werden. Niederschwelligkeit soll aber nicht nur baulich gedacht werden, sondern auch für die Arbeitsabläufe oberste Prämisse sein.

Arbeitsläufe auf Mitarbeitende abgestimmt

Das Service-System zur Aufnahme von Bestellungen sei extra so konzipiert worden, dass die Mitarbeitenden Produkte nicht auswendig lernen müssten, sagt Oliver Bülskämper. Bei der Einarbeitung nehme man sich Zeit. Die Bewerbungsphase laufe gerade.

Ab dem 1. Juli wolle man als Team zusammenfinden, sich kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen, bevor es einen Monat später losgeht. „Mitbringen müssen die Menschen außer der Initiative nichts. Alles Theoretische und Praktische wird in kleinen Bausteinen vermittelt“, sagt Bülskämper. Dabei gehe es auch viel um Gewöhnung. Etwa: „Welchen Weg muss ich zur Arbeit laufen?“

„Das Bäumchen“, das betont Bülskämper, „soll kein Schaufenster werden, in das die Gäste kommen und nur darauf achten, welches Problem hat jemand.“ Die Menschen könnten hier „tolle persönliche Erfahrungen machen“. Das gelte nicht nur für die Mitarbeitenden, sondern auch für die Gäste.

  • Das „Bäumchen“ ist unter den zehn Finalisten der „Geschmackstalente 2023“. Dieses Programm hat die Wirtschaftsförderung ausgerufen, um kreative und spannende Gastronomie-Ideen zu unterstützen.
  • Die Finalisten dürfen sich bereits über 3.000 Euro freuen, außerdem bekommen sie einen Coach an die Seite gestellt.
  • Die ersten drei Plätze werden mit 15.000, 12.000 und 10.000 Euro gefördert. Die Gewinner stehen Mitte Juni fest.

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