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Neue Filz-Debatte in Dortmund? Irritationen um neue Spitze für wichtiges Amt
Politik
Die Kontrolleure der Dortmunder Stadtverwaltung bekommen eine neue Leitung: Der ausgeguckte Amtschef soll am Donnerstag (17.2.) vom Rat bestellt werden. Doch es gibt Störgefühle in der Politik.
Ob der Kokain-Skandal im Rathaus, das vertuschte 100-Millionen-Haushaltsloch oder verschwundene Ausweise und Siegel bei den Bürgerdiensten – die Rechnungsprüfer der Stadt Dortmund haben schon einiges an Unregelmäßigkeiten unter die Lupe nehmen müssen. Allerdings sind die kleineren Verstöße in der Verwaltung eher das Alltagsgeschäft der Innenrevision.
Laut Gemeindeordnung hat das Rechnungsprüfungsamt eine Sonderstellung innerhalb der Verwaltung. Schließlich soll es den Stadtmitarbeitern auf die Finger gucken.
Überparteilich und unparteiisch
Das Amt unterstützt den Rat bei dessen Kontrolle gegenüber der Stadtverwaltung, besonders was die Finanzen betrifft. Es arbeitet dem Rechnungsprüfungsausschuss des Rates zu, nimmt seine Aufgaben aber unabhängig und frei von fachlichen Weisungen wahr, überparteilich und unparteiisch.
Doch könnte nicht ein anderer Eindruck entstehen, wenn bei der Kontrolle der stark SPD-besetzten Verwaltung der künftige Chef der Innenrevision ein langjähriger SPD-Partei- und Duz-Freund vom Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses ist?
Diese Frage beschäftigt zurzeit die CDU-Fraktion – und sorgt auch für Bauchgrummeln bei anderen Fraktionen. Vor allem was das Auswahlverfahren betrifft.
„Nicht optimal gearbeitet“
„Man hat in der Auswahlkommission nicht optimal gearbeitet“, sagt der ehemalige Bürgermeister Manfred Sauer (CDU), selbst Mitglied der Findungskommission. Dieses Gremium wurde eigens wegen der Wichtigkeit und Bedeutsamkeit dieses Leitungspostens eingerichtet und auch mit Mitgliedern der Ratsfraktionen besetzt.
Dass die langjährige Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes, Jutta Seybusch, zum Jahresende 2021 in den Ruhestand gehen würde, war schon länger bekannt gewesen. Doch die interne und externe Ausschreibung erfolgte kurzfristig am 17. November und lief nur über zwei Wochen.
Und mehr: Eine Personalvermittlungsagentur wurde trotz der Bedeutung dieses Führungspostens nicht eingeschaltet, kritisieren Udo Reppin (CDU) und Michael Kauch (FDP/Bürgerliste).
So trafen am Ende nur sechs externe Bewerbungen ein, von denen vier Kandidaten in die engere Auswahl kamen. Daraus als Sieger hervorgegangen ist Olaf Treichel (58), aktuell in der Geschäftsleitung und Kaufmännischer Prokurist bei der Kreis Weseler Abfallgesellschaft mbH & Co. KG. Der Rat soll ihn am Donnerstag (17.2.) zum neuen Leiter des Rechnungsprüfungsamtes bestellen.
Zusammen bei der EDG und im SPD-Ortsverein
Olaf Treichel lebt in Dortmund, hat lange bei der EDG gearbeitet, dem städtischen Unternehmen, bei dem auch der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Roland Spieß arbeitet. Beide gehörten dem ehemaligen SPD-Ortsverein Wambel/Brackel an, heute Ortsverein Hellweg.
Roland Spieß, der auch Mitglied der Findungskommission war, sieht die parteiliche Nähe nicht als Problem: „Ich habe dort vorgetragen, dass wir uns viele Jahre kennen. Ich halte mich für eine integre Person und Herrn Treichel für eine integre Person. Kungelgeschäfte hat es vorher nicht gegeben, und ich gehe davon aus, dass es die im Nachhinein auch nicht geben wird.“
Kandidat soll gut angekommen sein
Treichel habe sich in der Findungskommissionen durchgesetzt sowie im Ausschuss und in der Fraktion vorgestellt und sei dort gut angekommen, so Spieß.
Das bestätigt auch Ulrich Langhorst für die Grünen, die Treichel ebenfalls empfehlen. Treichel habe „in dem überschaubaren Bewerberfeld“ fachlich einen guten Eindruck gemacht. Doch es bleibe „das Gefühl, es ist ein SPD-Mitglied, das da gewählt wird, und das mit dem SPD-Ausschussvorsitzenden persönlich bekannt ist. Diese Nähe ist nicht ideal.“
Doch für seine Fraktion habe im Vordergrund gestanden, dass Treichel den Job kann. Langhorst: „Wir sehen keinen Anlass, von unserer Entscheidung abzuweichen.“
Nur Männer im Bewerberfeld
„Treichel hat mit Abstand die beste Vorstellung gegeben“, sagt auch der Chef der Fraktion Die Linke+, Utz Kowalewski – auch wenn „ein bisschen“ der Eindruck rübergekommen sei, „dass Treichel schon die Fragen kannte. Die Antworten kamen wie aus der Pistole geschossen“, zitiert Kowalewski Fraktionskollegen aus der Findungskommission. Seine Fraktion, so Kowalewski, werde bei der Abstimmung im Rat für Treichel votieren.
Ebenfalls für Treichel stimmen wird die Fraktion „FDP/Bürgerliste“, sagt ihr Vorsitzender Michael Kauch. Weil das Interesse von Amt und Ausschuss, die Verwaltung zu kontrollieren, gleich gelagert sei, sehe man die SPD-Nähe der Spitzen nicht so dramatisch.
„Aber mit dem Auswahlverfahren waren wir nicht sehr glücklich“, schränkt er ein. Neben dem Verzicht auf Headhunter und der kurzen Ausschreibungsdauer bemängelt Kauch die Tatsache, dass nur Männer im Bewerberfeld waren: „Ein aufwändigeres Verfahren wäre angemessen gewesen.“
CDU legt sich noch mal die Karten
Die CDU-Fraktion hat sich bei den Abstimmungen in der Findungskommission sowie im Personal- und Rechnungsprüfungsausschuss enthalten, will sich aber in der Fraktionssitzung am Montag (14.2.) noch mal die Karten legen. Fraktionschef Dr. Jendrik Suck auf Anfrage: „Wir hatten nicht die Info, dass da so eine enge Verquickung besteht. Wir werden den neuen Sachverhalt in unserer Fraktionssitzung neu bewerten mit Blick auf das Abstimmungsverhalten am Donnerstag im Rat.“ Denkbar sei schließlich auch, ein neues Verfahren anzustoßen.
Die Verwaltungsspitze wollte die Personalie Treichel nicht kommentieren. Mit Hinweis auf die Gemeindeordnung sagte Stadtsprecher Michael Meinders, das Verfahren sei sauber gelaufen. Olaf Treichel selbst war für die Redaktion bis zum Redaktionsschluss dieses Textes nicht zu erreichen.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
