Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht hat ihre neue Abwasseranalyse veröffentlicht. Anhand von in Klärwerken festgestellten Urin-Bestandteilen wurde berechnet, wie viel Rauschgift in der jeweiligen Stadt konsumiert wurde.
Vor allem bei Kokain und seiner rauchbaren Form Crack waren die Dortmunder Zahlen in der Vergangenheit auffällig: Für 2021 ist pro Einwohner deutschlandweit nirgends mehr von den Rückständen im Abwasser gefunden worden als in Dortmund. Nun ist der registrierte Wert jedoch gesunken, Berlin ist deutlich auf Platz eins „vorbeigezogen“.
Täglich würden in Dortmund 350 Milligramm Kokain pro 1000 Einwohnern konsumiert, wurde errechnet. Das ist ein deutlicher Rückgang zu den 477 Milligramm, die 2021 angegeben wurden, und auch weniger als in den Vor-Corona-Jahren.
Das verwundert Jan Sosna, den Leiter des Café Kick, wo mitgebrachte Drogen in sauberem und sicherem Umfeld konsumiert werden können. „Bei uns in der Einrichtung sehen wir einen deutlichen Zuwachs vor allem von Crack“, sagt er. 2015 sei die Droge im ganzen Jahr nur 61 Mal vor Ort konsumiert worden - 2022 dann ganze 16.303 Mal. Weil mehr auf dem Markt verfügbar ist, sind die Preise gesunken.
„Es nimmt immer mehr zu“, sagt Sosna: „Nicht nur bei uns.“ Daher lasse ihn der angebliche Rückgang eher schmunzeln. Eventuell spiele ja ein erhöhter Anteil an Wildpinklern eine Rolle, deren Urin nicht ins Klärwerk gerät, mutmaßt er.
Viele Großstädte fehlen
Bemerkenswert ist die Auswahl der von der EU-Agentur aufgelisteten Städte. Bei der Amphetamin-Nutzung liege Dortmund deutschlandweit auf Platz drei - hinter Saarbrücken und Dülmen.
EU-weit sind sonst nur vier Städte in dieser Liste vor Dortmund: Gävle und Sandviken in Schweden, das belgische Antwerpen und Utrecht in den Niederlanden. Großstädte wie Hamburg, Köln oder Frankfurt sind in der aktuellen Auswertung jedoch nicht zu finden. Französische Städte sind beispielsweise gar nicht dabei.
Schwankender Reinheitsgehalt
Die EU-Agentur beschreibt jedoch schon selbst einige Schwierigkeiten bei der Abwasseranalyse. Unter anderem schwanke die Reinheit von Schwarzmarkt-Drogen unvorhersehbar. Außerdem heißt es: „Drogen können auf verschiedenen Wegen und in sehr unterschiedlichen Mengen eingenommen werden.“
Die Polizei Dortmund hat fürs vergangene Jahr jedenfalls etwas mehr Verstöße wegen Kokain und Crack festgestellt als zuletzt. 200 registrierte Taten bedeuten ein Plus von 11 Prozent zum Vorjahr. Der Höchstwert der vergangenen Jahre lag 2017 bei 266 Fällen.
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