Die Entwickler der Firma Mausbrand sind echte Pioniere. Als sie sich vor zehn Jahren an der Speicherstraße in einem alten Lagerhaus von 1905 einrichteten, war von einem Digitalquartier am Hafen noch nicht die Rede. Jetzt sind Mausbrand und der Projektspeicher als Dach für kreative digitale Projekte in der Speicherstraße 33 gewissermaßen die Keimzelle für das neue Vorzeigeprojekt der Stadt. Denn auch in den anderen alten Speichergebäuden und in Neubauten an der nördlichen Speicherstraße sollen Digitalfirmen ein Zuhause finden.
„Der Ort ist einfach cool“, begründet Roland Brose, Mitbegründer und Geschäftsführer von Mausbrand, die Entscheidung von 2014, mit dem jungen Unternehmen, als Anbieter für digitale Informationssysteme von Schwerte in den Dortmunder Hafen umzuziehen. Die Tüftler entwickeln Software und Apps mit praktischen Anwendungen für unterschiedliche Kunden in ganz Deutschland. Kein schicker Neubau sollte der Firmensitz sein, sondern ein altes Kontorgebäude mit Kellergewölbe, Lagerraum und verwinkeltem Treppenhaus.

Und den urwüchsigen Charme hat sich das Haus, das das Gelenk zwischen südlicher und nördlicher Speicherstraße ist, trotz diverser Umbauten bewahrt. Der Gemeinschaftsraum in der ersten Etage wirkt wie die Küche einer großen Wohngemeinschaft. Der Projektspeicher ist Dach für kreative digitale Start-Up-Unternehmen - wie etwa „Just Farming“ als Portal für die Landwirtschaft. Im Obergeschoss arbeiten gut 20 kreative Köpfe für Mausbrand, im Erdgeschoss gibt es Tonstudios, in denen mit modernster Technik Filme und Computerspiele vertont werden. Der frühere Lagerraum wird auch für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt.
Studierende von der FH gehören ebenso zu den Nutzern wie eine Theatergruppe, erklärt Projektspeicher-Geschäftsführer Christopher Reinbothe. Das Haus an der Speicherstraße 33 löst gewissermaßen schon jetzt das Versprechen des „Hafens für alle“ ein, das die Stadtplaner für die Entwicklung der Speicherstraße gegeben haben.
Reinbote und Brose freuen sich auf die künftigen Nachbarn, hofft auf Synergie-Effekte und Kooperationen mit neuen Startup Unternehmen - so wie es jetzt schon mit der Akademie für Theater und Digitalität, die ihr Domizil in einem Neubau ganz in der Nähe des Projektspeichers hat. Mausbrand und der Projektspeicher wollen selbst Teil der Weiterentwicklung an der Speicherstraße werden und planen einen Anbau unter dem Titel „Freihafen“. „Wir wollen das Quartier mitgestalten“, kündigt Christopher Reinbothe an.
Neubau-Projekt „Freihafen“
Auf dem noch freien Grundstück zwischen Akademie und dem alten Kontor Gebäude an der Speicherstraße 33 wo jetzt noch Autos parken, soll deshalb ein Neubau mit Platz für junge Unternehmen entstehen, die ganz bewusst die Nachbarschaft von Mausbrand und zum Projektspeicher suchen oder sogar als Ausgründungen mit Projektpartnern entstehen. Nach der Übernahme des städtischen Grundstücks wurde ein Architektenwettbewerb gestartet, der im Sommer vergangenen Jahres entschieden wurde.

Der Zuschlag ging an die Arbeitsgemeinschaft der Büros Studio Daylab in Dortmund und Keßler Plescher Architekten aus Köln. Das Gebäude, das die Animationen zeigt, springen ins Auge. In einem offenen Stahlskelett sind drei offene stützenlose Hallen gewissermaßen übereinander gestapelt. Das Gebäude öffnet sich terrassenförmig zum benachbarten Kontorhaus. Ins Auge fällt vor allem die Transparenz zwischen den eher verschlossenen Lagergebäuden und dem Akademie-Neubau in der Nachbarschaft.

„Man soll spüren, dass das ein Ort ist, wo man willkommen ist“, erklärt Architekt Felix Lowin von Studio Daylab. Bei der Konstruktion spricht er von einem Hybridbau etwa mit Betonfertigelementen für die Stützen in Kombination mit Holzdecken und viel Glas. „Mit diesem einfachen System entwickeln die Entwerfenden genau das, was sich die Nutzer gewünscht haben: eine Hülle, in die ihr Unternehmen hineinwachsen kann“, lobte der Dortmunder Architekt Richard Schmalöer als Vorsitzender der Wettbewerbsjury. „Die Leichtigkeit weckt Assoziationen an Industriegeschichte, ohne diese zu imitieren.“

Die Industriegeschichte des Ortes spielt in der Tat eine große Rolle für die Architekten - etwa in Nachbarschaft zum Skelett der alten Stahhalle, das nach dem Konzept des dänischen Architekturbüro Cobe im Mittelpunkt der Entwicklung an der nördlichen Speicherstraße stehen soll. Auch farblich nimmt man Bezug zu den alten Industriebauten mit Reseda-Grün und Eisenoxid-Rot, wie Lowin erklärt. „Das ist Teil der Identität des Ortes“.

Das Gebäude sei auch ein Statement, betont Roland Brose. „Wir wollen einen Ort schaften, der offen und quirlig ist. „Das Haus soll Ecken und Kanten haben“, wünscht sich auch Christopher Reinbothe. Und es soll höchst flexibel sein. „Die innere Gestaltung wird im Team weiterentwickelt“, kündigen Bauherren und Planer an. „Das Gebäude ist ein Gefäß, das nach Belieben gefüllt werden kann“, verspricht Lowin.
Weil bei der Ausgestaltung noch so vieles im Fluss ist, gibt es noch keinen konkreten Zeitplan, wann der Neubau starten und wann er fertig werden soll. Mausbrand und der Projektspeicher wollen in den nächsten Jahren mit dem neuen Digitalquartier wachsen.