
© Hannah Schmidt
Naschen unter einem Carport aus Weinranken in Eving
Senioren-„Naschgarten“
Dortmunds erster „Senioren-Naschgarten“ eröffnet am Samstag in Eving. Die Besucher sollen dort rund um die Uhr Obst und Gemüse ernten können. Wir haben ihn uns angesehen.
Noch wächst nicht allzu viel auf den Beeten rechts, links und zwischen den breiten, gepflasterten Wegen. Ein paar kleine Pflänzchen im Hochbeet tragen Erdbeeren, an einem jungen Baum hängen zwei Äpfel, die Himbeer- und Brombeersträucher sind noch keinen halben Meter hoch.
Doch: Mit den Sommern soll sich auf diesen 300 Quadratmetern in Eving ein kleines Obst- und Gemüse-Paradies entwickeln, das allen Senioren offen steht, die selbst keinen eigenen Garten mehr bewirtschaften können. Die Fachberaterin des Vereins, Kerstin Michel, sorgt dann dafür, dass die Vereinsmitglieder im Rahmen ihrer Gemeinschaftsstunden hier regelmäßig jäten, harken und pflanzen, damit den Besuchern die angedachte große Auswahl erhalten bleibt.
Auch mit dem Rollstuhl befahrbar
Die Idee ist simpel: Rund um die Uhr ist die Gartenanlage geöffnet und die Naschgarten-Parzelle beleuchtet und begehbar. Kommt also jemand spontan auf die Idee, einen Apfelkuchen zu backen, kann er oder sie sich auf den Weg machen und hier frische Äpfel pflücken.
Die Wege sind extra so breit und die Beete so hoch, dass man auch als Rollstuhlfahrer oder am Rollator gehend sich gut bewegen kann und an die Früchte herankommt. Im Herbst oder Winter sollen Wirsing oder Kohlrabi anstelle der Beeren treten, zum Ernten und Verkochen ist das Gemüse dann genau so gedacht.
Fünf Bänke und zwei Stühle
An lauen Sommerabenden sollen die Besucher unter einem Carport aus Weinranken sitzen können, vielleicht grillend, ihren Salat würzen mit Basilikum oder Schnittlauch aus dem Hochbeet, und Karten spielen bei Schalen voll frischer Beeren. Wer schlecht schläft, kann danach noch einmal wiederkommen und sogar mitten in der Nacht schonmal den Kohl fürs Mittagessen ausbuddeln.
Es gibt fünf Bänke und zwei fest im Boden verankerte Stühle, weitere Sitzmöglichkeiten kommen bei Bedarf noch hinzu. Der Verein plant außerdem gemeinsame Veranstaltungen in dem Garten, Kaffeekränzchen oder Grillen, was sich eben anbietet.
Senioren können es kaum erwarten
Zwei Seniorenheime sind in der Nähe, außerdem wohnen auch viele Senioren in Eving zu Hause in der Nähe des Gartens. Einige von ihnen können es kaum erwarten, erzählt der Vorsitzende des Gartenvereins „Zur Sonnenseite“, Roland Fröhling. Selbst morgens beim Bäcker würde er mittlerweile angesprochen und gefragt, wann der Naschgarten eröffne.
Die Idee war jedoch nicht seine, sondern kam von Mitgliedern des Dortmunder Stadtverbands, Frank Gerda und Heribert Werner. Letzterer kommt aus Recklinghausen, wo es bereits solche Naschgärten für Senioren gibt. In Dortmund wird der in Eving der allererste sein – und vielleicht Vorbild werden für weitere dieser Art.
„Die Alten nicht vergessen“
Fröhling wünscht sich mehr solcher Angebote für Senioren: „Zwischen den vielen Ideen, die für Kinder erdacht und realisiert werden, dürfen wir die Alten nicht vergessen“, sagt er. „Die Menschen, die heute in Eving in den Heimen leben, haben diesen Kleingartenverein teilweise mit aufgebaut. Einige haben nach dem Krieg gar von dem gelebt, was sie hier angebaut haben.“
Den gesamten Umbau des Gartens stemmten freiwillige Helfer aus dem Verein. Sie legten die Wege, strichen die Wände, bauten die Stühle und Bänke zusammen, pflanzten das Obst und Gemüse, zimmerten Vogelhäuschen und ein Insektenhotel. Die Vereinsmitglieder Hans Schäfer, Manuel Friese und Wolfgang Losch, findet Fröhling, „haben keine gute und auch keine sehr gute Arbeit geleistet, sondern einfach weltklasse.“
Brauchte „mehr als Muskelkraft“
Rund neun Monate dauerte der gesamte Umbau, den unter anderem die Stadt Dortmund und die Bezirksvertretung Eving zusammen mit dem Aktionsplan Soziale Stadt unterstützten. Durch zusätzliche Förderer wie sie Sparkasse oder die Dogewo kam am Ende eine fünfstellige Summe zusammen, mit der die Arbeiter sich auch schweres Gerät wie Bagger leisten konnten. „Um die Fundamente der alten Hütte wegzureißen, brauchte es dann nämlich doch mehr als einfach Muskelkraft“, sagt Fröhling.
Am Samstag (25. 8.) wird der „Naschgarten“ offiziell eröffnet. Beginn ist um 12 Uhr. Kommen kann, darf und soll, nun: jeder.
Im Dortmunder Süden groß geworden, mittlerweile Innenstadtbewohnerin. Hat an der TU Dortmund Musik mit Hauptfach Orgel, Germanistik und Bildungswissenschaften studiert, studiert jetzt zusätzlich Musikjournalismus. Seit 2010 bei den Ruhr Nachrichten. Schreibt am liebsten über Kultur und erzählt Geschichten von Menschen.