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Nachbar der Emscherstraßen-Nazis: „Mehrheit der Anwohner nicht gegen Videoüberwachung“
Kriminalität
Im Herbst wehten schwarz-weiß-rote Fahnen demonstrativ an der Emscherstraße. Ein Nachbar distanziert sich von den Neonazis: Nicht jeder sei gegen die Videoüberwachung, gegen die Anwohner klagen.
Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange hat in der vergangenen Woche angekündigt, die Emscherstraße in Dorstfeld mit Videokameras überwachen zu lassen. Damit soll der Angstraum bekämpft werden, den dort wohnende Rechtsextremisten schaffen wollen. Sie versuchen, Andersdenkende einzuschüchtern und aus der Straße fernzuhalten.
Vier Anwohner haben unmittelbar nach Langes Ankündigung Klage gegen das Vorhaben eingereicht. Sie sehen mit der Videoüberwachung einen Eingriff in ihre Privatsphäre. Die Polizei sieht sie wiederum als Mittel, Straftaten zu verhüten und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu stärken.
Müllprobleme, Rattenbefall und Dunkelheit
Ein Dortmunder aus der Nachbarschaft der Emscherstraße hat sich jetzt bei unserer Redaktion gemeldet, um zu sagen: „Es ist nicht der Fall, dass eine Mehrheit der Anwohner gegen die Videoüberwachung ist.“
Für ihn selbst sei die Straße kein Angstraum, er verweist dabei aber direkt darauf, dass er auch nicht ausländisch aussehe. Dennoch gebe es durchaus einige Punkte, die ihn an der Emscherstraße stören.
Müllprobleme, Rattenbefall und „eine einzige funzelige Straßenlaterne“, ärgern den Anwohner, der seinen Namen wegen der unliebsamen Nachbarn nicht veröffentlicht wissen möchte. Die abendliche Dunkelheit trage sicherlich dazu bei, dass sich einige Passanten an der Emscherstraße unsicher fühlen.
Trotzdem bleibt der Mann in der Nachbarschaft
Früher habe es „im Tagesrhythmus“ Graffiti und Aufkleber mit Nazi-Parolen an den Häusern gegeben. Seit etwa einem Jahr sei dieses Problem aber deutlich kleiner geworden, meint der Nachbar.
Trotz allem Ärger bleibt der Mann ganz in der Nähe wohnen. „Demgegenüber stehen die exzellente Verkehrsanbindung, große Ruhe und fußläufig erreichbares Grün“, sagt er. Andere Dortmunder wären im Alltag dort alleine wegen ihres Aussehens deutlich stärker beeinträchtigt.
Einige Dortmunder Linksextreme sehen die Videoüberwachung übrigens äußerst kritisch - auch, wenn sie gegen den politischen Gegner gerichtet ist. Eine Antifa-Gruppe schreibt via Twitter: „Gegen Nazis auf allen Ebenen - aber eine Überwachung mit dem schwammigen Begriff ‚Angstraum‘ zu begründen, zeigt nur, wie wenig Mühe man sich damit gibt, Überwachung zu legitimieren.“
Neben der Emscherstraße soll auch die Münsterstraße in der Nordstadt in den kommenden Monaten mit Videokameras ausgestattet werden. An der Brückstraße in der City wird das bereits bestehende Projekt verlängert.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
