Das Werk war ihr Leben. Voller stolz haben sie in Dorstfeld große Bagger gebaut, die in die ganze Welt exportiert wurden. Plötzlich mussten sich die zuletzt rund 650 Beschäftigten von Caterpillar aber damit abfinden, dass „ihr“ Werk geschlossen wird. „Wir haben es am 6. März 2021 erfahren“, erinnert sich Jens Hülskamp.
2012 hatte der Diplom-Ingenieur für Maschinenbau bei Caterpillar angefangen. „Zum Glück“, sagt er, „habe ich wegen der Corona-Pandemie nicht mehr im Büro, sondern im Homeoffice gearbeitet. Da habe ich mich in meine laufenden Projekte gestürzt und habe diesen ganzen Es-geht-zu-Ende-Schmerz, der unter den Kollegen monatelang ein Thema war, nicht so mitbekommen.“
Zum 1. August 2021 endete schließlich die Baggerproduktion - und damit auch ein großes Kapitel Dortmunder Industriegeschichte. Denn bereits seit 1895 wurden in den traditionsreichen Werkshallen, die mit Orenstein & Koppel ihren Anfang nahmen, Großbagger für die Welt produziert. 2012 hatte die Caterpillar Global Mining HMS GmbH die Fertigung von Spezialmaschinen übernommen - bis die Produktion dann nach Indonesien verlegt wurde.
320 in neue Jobs gebracht
Mit der Schließung des Bagger-Werks nach über 135 Jahren Industriegeschichte in Dorstfeld verloren - wie eingangs erwähnt - rund 650 Männer und Frauen ihren Arbeitsplatz. Knapp 480 Beschäftigte entschieden sich für den Wechsel in eine einjährige Transfergesellschaft bei der BOB Transfer GmbH, in der ihnen neue berufliche Perspektiven aufgezeigt wurden. Der 49-jährige Maschinenbau-Ingenieur Jens Hülskamp war einer von ihnen. Ein Zweiter war Christian Napierala (49), Alexander Quaas (29) ein Dritter.

Alle drei strahlen heute. „Wir sind glücklich in unseren neuen Jobs“, sagen sie. Den US-Konzern Caterpillar, der sie so enttäuscht hat, haben sie hinter sich gelassen. „Die Zeit ist vorbei. Wir sind jetzt in einem neuen Lebensabschnitt“, sagen sie. Und wie sie haben knapp 320 der 480 Teilnehmenden an der Beratung und Qualifizierung in der Transfergesellschaft eine neue Arbeitsstelle gefunden. Die anderen begannen etwa ein Studium oder konnten den Übergang in die Rente gestalten. „Einer kleineren Gruppe wiederum diente die Transferzeit zur Vorbereitung auf den Schritt in die Selbstständigkeit“, sagt Christian Förster, Projektleiter bei der BOB Transfer GmbH.
Bei Caterpillar arbeitete Jens Hülskamp im Bereich Kundendienst an der kontinuierlichen Produktverbesserung. „Wenn bei den Baggern draußen im Einsatz technische Probleme auftraten, haben wir sie für die komplette Baureihe gelöst“, sagt der Ingenieur. Mit Hydraulikpumpen und Antrieben hat er heute auch noch zu tun - aber in viel kleinerem Maßstab. „Ich habe viele Job-Angebote gehabt und arbeite jetzt bei einem mittelständischen Elektrofahrrad-Hersteller in Neuss“, sagt Jens Hülskamp. Pedelecs statt Bagger.

Mit seinem beruflichen Wechsel an den Rhein ist er unter den Ex-Caterpillar-Leuten eher eine Ausnahme. „Die meisten konnten wieder im Raum Dortmund und im östlichen Ruhrgebiet unterkommen. Andere wurden im Münsterland oder im südwestfälischen Raum (Hagen, Lüdenscheid, Iserlohn) fündig und konnten damit dem regionalen Industriestandort treu bleiben“, sagt Christian Förster von BOB.
Loks statt Bagger
In Dortmund geblieben ist Christian Napierala. Im September 2010 fing er im Werk in Dorstfeld an. Zunächst in der Vormontage für Fahrhäuser, dann in Halle 13 beim Prototypen-Bau. „Als gelernter Bergmechaniker hatte ich mir 2010 nach einer Zechenschließung schon mal eine neue Stelle suchen müssen. Ich hatte daher auch jetzt keine Existenzangst, obwohl ich aber natürlich älter geworden bin und in diesem Jahr 50 werde“, sagt er.
Im vergangenen Jahr nutzte er die Zeit in der Transfergesellschaft für eine Fortbildung als „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten“, wie es korrekt heißt. Damit bewarb sich Christian Napierala beim Schienenlogistik-Unternehmen Captrain, einer Verbundgruppe, zu der auch die Dortmunder Eisenbahn GmbH mit ihrem Standort in Scharnhorst gehört. Dort arbeitet er nun als Schienenfahrzeugschlosser. Loks statt Bagger also.
Auch in Dortmund geblieben ist der 29-jährige Alexander Quaas. Er begann seine Lehre 2015 bei Caterpillar in Lünen und kam 2019 in die Elektromontage in Dorstfeld. „Ich habe Mechatroniker gelernt, und wir haben dort die elektrischen Anlagen für die Bagger montiert - also Kabelbäume oder Schaltschränke“, sagt er.
Jetzt Industriemeister-Titel
Was ihm durch den Kopf ging, als im Frühjahr 2021 die Werksschließung verkündet wurde, weiß er noch genau: „Toll, dachte ich, jetzt hast du gerade hier angefangen, da machen die zu.“ Schnell, so erzählt Alexander Quaas, habe er aber gewusst, dass er eine Weiterbildung zum Industriemeister in der Fachrichtung Elektrotechnik machen wollte. „Parallel hatte ich mich beim Hightech-Unternehmen Elmos beworben, wo ein Industriemeister-Titel auch gewünscht war. Bei Elmos bin ich heute als Anlagenverantwortlicher für die Handhabungseinrichtungen der Halbleiter-Produktion tätig“, sagt Alexander Quaas. Gramm statt Tonnen, Mikrochips statt Bagger, heißt es für ihn heute.

„Rund 30 Caterpillar-Beschäftigte“, sagt Christian Förster von BOB Transfer, haben während der Transferzeit ihre Meisterausbildung gemacht.“ Ihre berufliche Karriere haben sie damit befördert. „Insgesamt“, so Förster, „haben wir allen, die in die Transfergesellschaft kamen, neue berufliche Perspektiven aufzeigen können.“
Wehmut ist denn auch bei dem Trio, mit dem wir bei der BOB Transfer GmbH an der Martener Straße 525 gesprochen haben, nicht zu spüren. „Warum auch“, sagt Christian Napierala, „die von Caterpillar haben uns doch die Schreibtische und Werkzeuge vor der Nase weggezogen.“
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