Nach dem versuchten Tötungsdelikt am 26. Juli in dem kleinen Park auf der Ecke Flemerskamp/Husener Eichwaldstraße in Husen mehren sich die Hinweise, dass sich in jüngerer Vergangenheit abends ungewöhnlich viele Jugendliche in diesem ansonsten eher ruhigen Stadtteil tummeln.
Auch Nachbar Bedran Kurt, mit dem wir kurz nach der Tat sprechen konnten, bestätigt diese Vermutung. Zwar kann natürlich nicht bewiesen werden, dass das eine mit dem anderen zu tun hat - aber immerhin gehören auch die inzwischen festgenommenen Tatverdächtigen mit ihren 18 und 20 Jahren eher zum Kreis der Jugendlichen.
Hat Husen also ein Problem mit aggressiven Jugendlichen? Und welche Strukturen gibt es in solchen Gruppen? Zu letzterem sagt Stadtsprecherin Larissa Hinz: Die Stadt Dortmund unterscheide zwischen „Jugendgangs“ und weniger als Gruppe organisierten „Jugendlichen im öffentlichen Raum“.
„Jugendgangs“ haben laut Definition ein gewisses Maß an Organisation, sie treffen sich regelmäßig, haben ein eigenes Gebiet und deren Mitglieder seien signifikant in kriminelle Handlungen verstrickt. Solche „Jugendgangs“ treten im Stadtteil Husen nicht auf. Das bestätigt die Polizei. Pressesprecher Felix Groß sagt: „Derzeitig sieht die Polizei Dortmund in Husen nicht die beschriebene Problematik.“
Aggressives Auftreten
Dem widersprechen zumindest teilweise zwei junge Männer - beide Mitte 20 -, die wir bei einem Besuch vor Ort antreffen. Ihren Namen nennen oder sich fotografieren lassen möchten sie nicht. Sie sagen, dass die Anzahl aggressiv auftretender Jugendlicher in Husen ihrer Wahrnehmung nach deutlich größer geworden sei. Heute seien Ordnungsamt und Polizei viel häufiger vor Ort anzutreffen als früher. Die Jugendlichen kifften und seien laut, so dass sich die Anwohner beschwerten.
Frank Knopp (58), den wir ebenfalls vor Ort treffen, liefert auch gleich eine Erklärung für das auffällige Verhalten der Jugendlichen, das er auch beobachtet habe: Es gebe in Husen doch „rein gar nichts“ zu tun für diese Bevölkerungsgruppe. Überall hängen zwar Verbotsschilder aller Art, aber Hinweise darauf, wohin die Jugendlichen abends gehen können, fehlten.

Larissa Hinz räumt ein, dass in Husen oft Gruppen mit Jugendlichen zwischen 13 und 20 Jahren unterwegs seien, die sich zur Straße orientieren und sich an Kaufhäusern, Bushaltestellen, Kinderspielplätzen oder anderen öffentlichen Plätzen aufhalten.
Im benachbarten Scharnhorst ist immer wieder die Rede von einer Gruppe, die in Insiderkreisen unter dem Pseudonym „328“ auftritt - in Anlehnung an die Scharnhorster Postleitzahl. Dabei fielen laut Larissa Hinz besonders auch Kinder unter 14 Jahren auf, die in der Gruppe auftreten, andere einschüchtern und Vandalismus begehen.
Darauf hat auch die Polizei seit Mitte Mai 23 mehrfach hingewiesen. Damals kündigte Polizeipräsident Gregor Lange regelmäßige Schwerpunkteinsätze, ein Intensivtäter-Konzept und Bereich-Betretungsverbote an.
Ob diese Gruppe sich nun eher nach Husen orientiert, das im übrigen die Postleitzahlendung 319 hat, kann nicht geklärt werden.
Larissa Hinz nennt mehrere Maßnahmen der Stadt, um dem Problem Herr zu werden: Es sei eine trägerübergreifende Gruppe von Sozialpädagogen gegründet worden. Auch soll ein Kletterturm auf dem Spielplatz Flemerskamp in Husen errichtet werden. Er ermögliche einen direkten Kontakt zu den betroffenen Jugendlichen.

Hier gehe es weniger um ein Sanktionieren, sondern eher um eine gute Beziehungsarbeit von Pädagogen zu Heranwachsenden. Häufig erkennen die Sozialpädagogen dabei Störungen des Sozialverhaltens sowie der Persönlichkeit oder Schwierigkeiten im sozialen Umfeld (in der Familie, Schule oder der Peergroup).
Die regelmäßigen Gesprächen zwischen dem Jugendamt, der Polizei und den lokalen Akteuren spielen dabei eine zentrale Rolle. Hauptziel dieser Treffen sei es, so Larissa Hinz, die aufsuchende Jugendarbeit im Stadtbezirk Scharnhorst zu etablieren.
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