WM-Tipp eines Wirtes

Nach dem WM aus: Jetzt Fan werden von Belgien

WM-Fans könnten nach dem blamablen Aus der deutschen Mannschaft doch einfach ein anderes Land „adoptieren“, schlägt Klaus Erdmann vor. Das Rudelgucken geht also weiter. Aber nicht überall.

Dortmund

, 29.06.2018 / Lesedauer: 3 min

Im Café Erdmann werden auch die nächsten WM-Spiele übertragen - Wirt Erdmann hofft auf gutes Wetter. Schuetze © Stephan Schütze

Schausteller Patrick Arens, der intuitiv auf das richtige Pferd gesetzt hatte, als er frühzeitig entschied, kein Public Viewing auf dem Friedensplatz zu organisieren, war vor dem Korea-Spiel am Mittwoch in der Stadt unterwegs. Er wollte die Stimmung ausloten, ob nicht doch noch was gehe. „Ich hatte eventuell vor, ab dem Viertelfinale etwas zu machen.“

Dann saß er selbst beim „Private Public Viewing“ im Deutschen Fußballmuseum und ließ um kurz vor 18 Uhr mit den anderen 339 Zuschauern den Kopf hängen: „Wenn wir das Public Viewing auf dem Friedensplatz gestemmt hätten, wären das traurige Tage geworden.“

Nur noch das Finale

Drei deutsche Spiele – dreimal ausverkauft mit 340 Zuschauern meldete der Sprecher des Fußballmuseums, Nils Hotze. Nun zeigt das Museum nur noch das WM-Finale als „Private Public Viewing“. Eine hübsche Stange Geld geht diesem Hort früheren deutschen Ball-Ruhms nach dem letzten Grotten-Kick der Deutschen durch die Lappen. Bei sechs Euro Eintritt nahm das Museum nach drei ausverkauften Spieltagen 6120 Euro ein. 8160 weitere Euro wären es bis zur Titelverteidigung im Finale gewesen, den Verzehr beim „Private Public Viewing“ nicht mitgerechnet.

Fallen lässt das Deutsche Fußballmuseum die Nationalmannschaft freilich nicht: Auf der LED-Fassade stand gestern groß zu lesen: „Im Erfolg ist es leicht, stolz zu sein“.

Taschentücher verteilt

Seinen Humor nicht verloren hat nach dem schwarzen Mittwoch Klaus Erdmann vom gleichnamigen Café am Westpark. 800 Zuschauer saßen bei herrlichem Sommerwetter bei ihm im Biergarten vor der Leinwand. „Ich hab dann nach dem Spiel Taschentücher verteilt“, so Erdmann. Während auf Social Media der Bilder-Joke vom deutschen WM-Trikot für 2,95 Euro beim Discounter die Runde macht (plus 1,45 Euro Flaschenpfand) und Bastelanleitungen durchs Netz jagen, wie man aus der deutschen Fahne eine belgische fertigt, postete Erdmann auf Facebook, seine Gäste sollten jetzt einfach ein anderes Land „adoptieren“.

Er selbst sei übrigens „Belgier“, ließ er die Redaktion wissen. Sein Biergarten sei ohnehin Multi-Kulti, und so bleibt der Wirt optimistisch, dass sein Garten wieder voll läuft bei den nächsten Spielen. Erdmann überträgt alle Kicks live, und das Wetter stimmt auch.

Massen-Besäufnis nur beim BVB

Das tat es zum Beispiel nicht vor vier Jahren. Im Halbfinale, als Deutschland die Brasilianer mit 7:1 nach Hause schickte, saßen 48 Leute vor Erdmanns Großleinwand – bei typisch deutschem Mist-Wetter. Trotz aller Euphorie nach Götzes goldenem Schuss, ein „Massen-Besäufnis“, wie es Erdmann nennt, hat er bisher nur nach Kloppos erstem deutschen Meistertitel mit dem BVB 2011 erlebt.

Weiter geht das Public Viewing auch im und rund ums Eventschiff „Herr Walter“ am Hafen. „Kapitän“ Oliver Buschmann nahm pro Deutschland-Spiel 500 Anrufe zu Reservierungen entgegen. Falls das Wetter so bliebe, könne man die prognostizierten Umsatzverluste aufgrund des frühen Ausscheidens der deutschen Mannschaft auffangen, glaubt Dortmunds Gastro-Urgestein.

Wütend und traurig

Darin sieht sich Oliver Buschmann einig mit Holger Schmidt vom „Maximilian‘s“. Wenn nun im Café keine Enge mehr vor dem Dutzend Bildschirmen herrscht, knubbelt es sich nun vor „Maximilian’s“ auf dem Alten Markt. Hoch Ekkehard sei Dank.

Auch ein paar Meter weiter, im „Wenkers“, bleiben die Fernseher eingeschaltet. „Tote Hose“ habe geherrscht nach dem Aus der Deutschen Mannschaft, sagt Mitarbeiter Lika Besin. Vorher wär‘s rund um Theke und Tische so voll gewesen wie bei Heimspielen der Borussen. Wütend und traurig wären die Gäste am Mittwochabend gewesen. „Einige sagten, besser so, dass sie weg sind“, sagt Besin, und damit meinten seine Gäste natürlich die deutsche Elf. Er selbst sagt: „Das Leben geht weiter“.