
© Tobias Weckenbrock (Archiv)
Nach Corona-Ausbruch: Awo-Senioren sollen an Forschungsprojekt teilnehmen
Impfungen
Senioren, die sich nach der ersten Impfung mit dem Coronavirus angesteckt haben, sollen nicht die zweite Dosis bekommen. Ein Dortmunder Immunologe untersucht nun, ob das der richtige Weg ist.
Bewohnerinnen und Bewohner des Awo-Seniorenzentrums in Kirchlinde sind im Januar, nachdem sie eine erste Dosis der Impfung gegen das Coronavirus erhalten hatten, dennoch erkrankt. Deshalb sollen sie nicht die zweite Impfung bekommen. Tests sollen nachweisen, ob sie auch so bereits hinreichend viele Antikörper gebildet haben.
„Wenn man sich infiziert, bildet das Immunsystem ja auch Antikörper“, erklärt Prof. Carsten Watzl. „Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission, frühestens sechs Monate nach einer Erkrankung wieder zu impfen. Einfach, weil der Impfstoff ja noch knapp ist.“
Der Immunologe vom Dortmunder Leibniz-Institut für Arbeitsforschung untersucht zusammen mit dem Dortmunder Gesundheitsamt nun den besonderen Fall der Awo-Einrichtung.
Antikörperspiegel hängt auch von Schwere des Verlaufs ab
„Eine erste Impfung und dann direkt eine Infektion oben drauf, zumal bei älteren Menschen: Man weiß noch nicht genau, wie sich das beeinflusst.“ Möglich wäre, dass die Infektion praktisch die zweite Impfung ersetzt hat und genügend Antikörper für eine Immunisierung im Blut nachweisbar sind. Es könnte aber auch sein, dass der Antikörperspiegel bei den Senioren aus Kirchlinde schwächer ist als nach zwei Impfungen.
„Wie viele Antikörper sich bilden, hängt auch ein bisschen vom Verlauf der Erkrankung ab. Wer zum Beispiel einen milden oder symptomlosen Verlauf hatte, hat oft einen schwächeren Antikörperspiegel“, erklärt Prof. Watzl.
Blutprobe soll Aufschluss geben
Um diesen Fragen nachzugehen, soll allen Bewohnern und Bewohnerinnen des Awo-Seniorenzentrums, die sich dazu bereit erklären, Mitte März etwas Blut abgenommen werden. „Ein kleines Röhrchen, wir bräuchten eigentlich nur einen Tropfen“, betont Watzl. Das Blut werde dann auf Antikörper gegen das Coronavirus untersucht.
Das dauere grob eine Woche. „Wenn jemand dabei ist, der einen schwachen Antikörperspiegel hat, wird er selbstverständlich noch mit der zweiten Dosis geimpft“, sagt Carsten Watzl.
Erkenntnisse sind auch für andere Forscher interessant
Doch nicht nur für die direkt Betroffenen schafft die Aktion Klarheit. Die Erkenntnisse, die durch die Fallstudie gesammelt werden, fließen anonymisiert auch in den Forschungsstand rund um das Coronavirus und die Impfungen mit ein. Sie werden so auch für andere Mediziner und Entscheidungsträger zugänglich.
Warum es nach einer ersten Impfdosis trotzdem zu einem Ausbruch in dem Seniorenzentrum kommen konnte, ist schon lange klar. Die Impfung war schlicht noch nicht lange genug her. Bis sich nach der ersten Dosis eine anfängliche Immunisierung ausgebildet hat, dauert es etwa zwei Wochen.
Geboren in Dortmund. Als Journalist gearbeitet in Köln, Hamburg und Brüssel - und jetzt wieder in Dortmund. Immer mit dem Ziel, Zusammenhänge verständlich zu machen, aus der Überzeugung heraus, dass die Welt nicht einfacher wird, wenn man sie einfacher darstellt.
