Vier Vorstellungen in Folge von der Show „Shen Yun - China vor dem Kommunismus“ stehen für den 8. bis 12. April im Kalender des Opernhauses Dortmund. Jetzt gibt es Diskussionen über die Tanzshow mit Choreografien aus dem chinesischen Kulturraum: Das Theater Dortmund prüft jetzt, ob „Shen Yun“ wirklich stattfinden kann. Und: Dortmunder Landtagsabgeordnete machen den Vorgang hinter der Vermietung des Opernhauses zum Thema im Parlament.
Falun Gong soll hinter Show stehen
Auslöser dafür ist die Folge der Show „ZDF Magazin Royale“ des Satirikers Jan Böhmermann vom 14. Februar. Darin arbeitet Böhmermann heraus, dass hinter „Shen Yun“ die Falun Gong-Bewegung steht, die auch unter dem Namen Falun Dafa aktiv ist.
Hierbei handelt es sich um eine religiöse Gemeinschaft, die weltweit verbreitet ist. Auch in Dortmund gibt es eine Untergruppe.
In ihrer Struktur trägt Falun Gong den Recherchen der ZDF-Sendung zufolge Züge einer Sekte. Die Bewegung folgt den Gedanken des geistigen Führers „Master“ Li Hongzhi (73). Dieser spreche sich unter anderem gegen eine „Vermischung der Rassen“ oder auch gegen Homosexualität aus und vertrete ein antimodernistisches Weltbild.

Gruppe wird in China unterdrückt
Eine Stellungnahme von Falun Dafa zum Thema ist angefragt, lag aber bei Redaktionsschluss dieses Artikels (18.2., 15 Uhr) nicht vor. Kritik an Falun Gong wurde in der Vergangenheit von deren Mitgliedern häufig zurückgewiesen und als Unterstützung des chinesischen Regimes gedeutet.
Denn: Die kommunistische Regierung in China hat Falun Dafa nach jahrzehntelanger Unterstützung 1999 verboten und unterdrückt weiterhin nachweislich Anhänger mit drastischen und menschenrechtswidrigen Methoden.
Deshalb gab es in der Vergangenheit immer wieder auch Aufrufe in der deutschen Öffentlichkeit nach Hilfe für eine unterdrückte Minderheit in einem autoritären Regime.
„Aber sie sind nicht die netten Oppositionellen, als die sie sich darstellen“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Volkan Baran aus Dortmund. Gemeinsam mit den seinen Dortmunder Fraktionskolleginnen und -kollegen Nadja Lüders und Ralf Stoltze hat er eine Kleine Anfrage an die Landesregierung zum Thema gestellt.
Barans Aussage stützen weitere in der Böhmermann-Show und anderen Medienberichten geäußerte Vorwürfe. Die „Shen Yun“-Show werde dafür genutzt, die Inhalte der Bewegung für ein breites Publikum zu transportieren und sie zu finanzieren. Zudem würden Tänzerinnen und Tänzer laut Medienberichten aus den USA der Inszenierung systematisch ausgebeutet. Falun Dafa widerspricht dieser Darstellung auf der eigenen Homepage.
Theater-Direktor äußert sich
Tobias Ehinger, Geschäftsführender Direktor des Theater Dortmund, sagt: „Diese neuesten Erkenntnisse stehen in keinerlei Verhältnis zu unseren Werten.“ Der Bericht habe deshalb „alarmiert“. Man sei zugleich juristisch zur Vertragstreue verpflichtet. „Wir prüfen die Situation deshalb in aller Ruhe und beraten uns auch mit anderen Opernhäusern“, sagt Ehinger. „Es gibt derzeit aber noch keine Anhaltspunkte, dass wir die Verträge kündigen können“, sagte der Theaterdirektor am Mittwoch.

Bei der Buchung für die vier April-Abende in den handele es sich um eine „Hausvermietung“. Hierbei stelle das Theater ein „spielfertiges Haus“ für einen Veranstalter zur Verfügung und sei „inhaltlich und juristisch“ nicht verantwortlich.
Dennoch würden Anfragen nach einem von der Stadt Dortmund entwickelten Prüfkatalog bearbeitet. Das sei auch im Fall von „Shen Yun“ geschehen. Auffälligkeiten habe es nicht gegeben. Die Show fand 2019 schon einmal im Theater Dortmund statt.
Mediennetzwerk in den USA
Falun Dafa ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein. Es gibt von staatlicher Seite keine offizielle Einordnung der Gruppe als bedenklich. Seit 2017 ist laut einem Gerichtsurteil die Bezeichnung als „Sekte“ aber zulässig.
Zudem fällt in der Böhmermann-Sendung die Aussage, dass Mitglieder der Bewegung in den USA hinter dem Online-Magazin „Epoch Times“ stehen sollen.
„Epoch Times“ berichtet äußerlich über das weltpolitische Geschehen und kritisch über das Regime in China. Es finden sich aber etwa zu Themen wie Corona, der deutschen Asylpolitik oder der US-Wahl teils Fakenews-nahe oder tendenziöse Beiträge.
Schon seit einigen Jahren taucht „Epoch Times“ häufig in der „alternativen“ Medienwelt der Querdenker-Szene und anderer demokratiefeindlicher Bewegungen auf.
Für den SPD-Landtagsabgeordneten Volkan Baran ist es unverständlich, dass die Verbindung der Tanzshow zu Falun Gong nicht vorher aufgefallen sei. „In diesem Fall wäre es möglich gewesen.“ Seine Schlussfolgerung: „Wir müssen die Prüfkriterien ändern.“
Anfrage an die Landesregierung
In der kleinen Anfrage heißt es dazu wörtlich: „Inwieweit sieht die Landesregierung eine Notwendigkeit, Kommunen und Betreiber öffentlicher Veranstaltungsräume hinsichtlich der Prüfung von Veranstaltern mit möglicherweise extremistischen, sektenähnlichen oder demokratiefeindlichen Hintergründen zu sensibilisieren?“
Die Nachfrage nach den „Shen Yun“-Shows mit Ticketpreisen zwischen 78 und 143 Euro scheint jedenfalls vorhanden. Auf der eigenen Homepage werden drei Shows als „fast ausverkauft“ markiert. Theater-Direktor Tobias Ehinger berichtet von mehreren Anfragen nach der Veranstaltung. Die „Hausvermietung“ wird nicht über das Dortmunder Theater beworben.
Nicht die erste Debatte in Dortmund
In Dortmund gab es in der Vergangenheit schon mehrfach Debatten über Veranstaltungen umstrittenen Inhalts in öffentlichen Hallen. 2023 löste ein Auftritt des Historikers Daniele Ganser in der Westfalenhalle große Kontroversen aus. Dem Schweizer wird vorgeworfen, Verschwörungstheorien zum Ukraine-Krieg und anderen Themen zu verbreiten.
Die Stadt Dortmund hatte versucht, den Vertrag mit Ganser aufzulösen. Das Oberverwaltungsgericht in Gelsenkirchen untersagte dies. Der Auftritt Gansers fand statt.