Monika Franzen hält in einer Hand eine Schale Currywurst mit Pommes. Mit der anderen schiebt sie ihren Rollator über den Bürgersteig. Sie sucht sich einen Platz an einer Bierzeltgarnitur unter einem Pavillon. Neben ihr sitzt Nachbarin Anke Schmidt.
„Wenn das alles hier fertig ist, wird das eine Super-Siedlung nach neuestem Stand“, sagt Monika Franzen. An diesem Donnerstagnachmittag ist Mieterfest in der ehemaligen Eisenbahner- und Zechensiedlung. Schon zum fünften Mal hat das Wohnungsunternehmen Vivawest dazu eingeladen. Baustellenmanagement und -kommunikation.
Es ist zwar ein kühler Frühlingstag, aber es bleibt weitgehend trocken in diesen Stunden. Die halbe Siedlung scheint auf den Beinen, um sich am BVB-Foodtruck zu stärken und im Zelt oder an den Biertischen davor ins Gespräch zu kommen. Sie sind auch gekommen, um Neuigkeiten zu erfahren, künftige Services kennenzulernen oder eine Stiege Balkonpflanzen kostenlos im Empfang zu nehmen.

Zelt und Foodtruck stehen auf einer geschotterten Fläche zwischen Abbruchhäusern am Walkmühlenweg in Dortmund-Huckarde. Sie werden Platz machen für Neubauten, die Vivawest für sein Modellquartier „Bergmannsgrün“ ebenfalls errichtet.
Hinter Monika Franzens Rücken steht ein Bauzaun. Er sichert die Abbruchhäuser vor unbefugtem Betreten. Auf dem Weg zu den Eingängen liegen zerborstene Dachziegel. Die 75-Jährige hat in einem der Häuser gelebt. 48 Jahre lang. Jetzt wohnt sie wenige hundert Meter entfernt – um die Ecke an der Thielenstraße.
Geburtstagsfeier auf dem Balkon
Die „andere Seite“ der Entwicklung des Modellquartiers: An der Thielenstraße und vis-a-vis auf der anderen Straßenseite des Walkmühlenwegs saniert Vivawest seinen Bestand und hat die Mehrfamilienhäuser um ein drittes Geschoss aufgestockt. Aus vormontierten Bauteilen sind pro Haus je eine Zweieinhalb und eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung entstanden.
Die Flachdächer sind begrünt und haben Fotovoltaik-Paneele. Wärmepumpen versorgen die Fußbodenheizungen in den Wohnungen. Große Balkone laden zum Verweilen ein. „Montag bin ich 75 Jahre alt geworden“, erzählt Monika Franzen. „Und trotz der Kälte habe ich mit meinen Freundinnen den Balkon eingeweiht.“ Sie strahlt. Natürlich habe sie vorher schon ein paar Blümchen in die Balkonkästen gepflanzt.

Ein paar Töpfe mit Blumen stehen auch im Korb ihres Rollators. Rund 1000 Balkonpflanzen schenkt Vivawest seinen Mietern beim Fest an diesem Nachmittag. Am Walkmühlenweg läuft die Sanierung der Häuser in der ehemaligen Eisenbahner-Siedlung noch auf Hochtouren.
Ein Gebäude aufzustocken und zu sanieren dauere acht Monate, erklärt Carsten Gröning, Fachbereichsleiter Quartiersentwicklung bei Vivawest. Welche Phasen die Häuser dabei durchlaufen, lässt sich beim Gang durch das Quartier nachvollziehen. Am nördlichen Ende des Walkmühlenwegs sind die neuen Stockwerke gerade montiert. Dickes Dämmmaterial klebt noch unverputzt auf den Mauern aus den 1950er Jahren.
Etwas weiter südlich zieren schon Motive aus Bergbau, Eisenbahn und Gärten die Fassaden. Garten- und Landschaftsgärtner haben künftige Rasenflächen ausgekoffert, legen gerade die Wege zu und um die Häuser an.

Ums Eck, in der Thielenstraße blühen die ersten Blumen in den Beeten vor den Haustüren. Gepflegter Rasen erstrahlt in sattem Hellgrün. Hinter Mattenzäunen stehen die Wärmetauscher für Heizung und Warmwasser. Ein langgezogener Verschlag zwischen den Geräten und den Hauseingängen ist der Fahrradunterstand. Zwischen den fertiggestellten Häusern hat Vivawest die ersten Kinderspielplätze frei gegeben.
Hier, in einem dieser sanierten Häuser, lebt nun Monika Franzen in der ersten Etage. „Wenn ich auf dem Balkon stehe und runter gucke, kann ich meine liebe Nachbarin sehen, und wir halten ein Schwätzchen“, erzählt sie. Anke Schmidt nickt und lächelt.
In Bochum wuchs Monika Franzen auf, mit 20 zog sie nach Huckarde. Seitdem ist sie hier geerdet. „Das ganze Umfeld, wie die Geschäfte und die Bus- und Bahnhaltestellen sind für mich wichtig“, erklärt sie. „Und wenn ich nach Mengede, Nette oder Westerfilde gezogen wäre, hätte ich dort keine sozialen Kontakte.“ Sie ist geblieben – trotz Baustelle und Umzug.
Ortsmitte fußläufig entfernt
Hier in Huckarde leben ihre Freunde und Bekannte. Das Ortszentrum ist von der Siedlung „Bergmannsgrün“ fußläufig zu erreichen. Die Haltestelle Insterburgstraße für Bus und Stadtbahn liegt am Eingang zur Siedlung. „Bis auf meinen Zahnarzt sind alle meine Ärzte in Dortmund“, erzählt Monika Franzen und meint die City. „Ach, wenn es mir in den Kopf kommt, fahre ich in die Innenstadt. Zum Beispiel auf den großen Markt, weil die so schöne Blumen haben.“
Keine Frage: „Ich fühle ich mich hier pudelwohl“, sagt die Vivawest-Mieterin. Ihre Begeisterung für das Modellquartier ist groß. „Schon vom ersten Tag in der neuen Wohnung war das so – trotz der ganzen Kästen und Kisten vom Umzug.“
Bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten an den sanierten und um ein Geschoss aufgestockten Bestandshäusern abgeschlossen sein, erklären Quartiersentwickler Carsten Gröning und Pressesprecher Gregor Boldt bei einem Quartiers-Rundgang mit unserer Redaktion. 122 Wohnungen sind dann saniert, 61 weitere neu hinzugekommen.

Etwa zum Jahreswechsel soll auch der Abbruch der 144 Wohnungen in den Zeilenhäusern auf der östlichen Seite des Walkmühlenwegs abgeschlossen sein. An ihrer Stelle entstehen dann die Neubauten für 200 familien- und seniorengerechte Wohnungen, ein Parkhaus und ein Quartierszentrum. Dafür muss die Stadt Dortmund den Bebauungsplan ändern.
„Damit sind wir nun ein gutes Stück weiter“, erklärt Carsten Gröning. Allerdings noch nicht so weit, dass das Modellquartier Bergmannsgrün bis zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027 komplett fertig wird. „Besucher werden ein Quartier im Entstehen erleben“, erklärt Gregor Boldt. Fertigstellung: voraussichtlich 2028.
Führungen durch das Viertel sollen auf jeden Fall zum offiziellen IGA-Programm gehören. Kokerei Hansa und der neue Kokereipark sind einer der fünf Zukunftsgärten der Gartenausstellung im Ruhrgebiet. Das Areal liegt nur knapp eineinhalb Kilometer entfernt.

Das IGA-Motto lautet: „Wie wollen wir morgen leben“. Genau dafür soll das Modellquartier Bergmannsgrün ein Beispiel geben. Eine Ziel ist es, den Autoverkehr in der Siedlung deutlich zu reduzieren. Mit dem großzügig dimensionierten Parkhaus an der Insterburgerstraße und verkehrsberuhigten Straßen allein ist es nicht getan.
Im Quartierszentrum neben dem Parkhaus will Vivawest den Mietern Handkarren und Fahrradanhänger als Lastenkörbe sowie Elektro-Lastenfahrräder zur Verfügung stellen. An den Hauszugängen können sie die umweltfreundlichen Transporter abstellen – ohne also doppelte Wege in Kauf nehmen zu müssen. „Dies sind wichtige Bausteine unseres Mobilitätskonzeptes“, erklärt Projektleiter Carsten Gröning.
Beide Angebote können die Mieter schon beim Fest ausprobieren. Viele unternehmen auf den Lastenrädern eine Probefahrt durchs Quartier. Unter dem Pavillon, in dem Monika Franzen und Anke Schmidt sitzen, visualisiert eine Schautafel das Lastenkorb-Konzept. Vor der Bierzelt-Garnitur stehen Prototypen der ‚Hackenporsches‘. „Eine gute Idee“, sagt Anke Schmidt. Nachbarin Monika Franzen nickt und genießt zufrieden Currywurst und Pommes.
