
© Engling
Treff der Eisenbahnfreunde: „Der Modellbahner ist gewissermaßen ein Narzisst“
Modellbahn-Stammtisch
Endlich dürfen die Loks wieder über die Gaststätten-Tische rollen: Ein Dortmunder Eisenbahn-Freund erzählt, warum Modell-Eisenbahner Narzissten sind und worum es bei einem Modellbahn-Stammtisch geht.
Im Lockdown blieben die Modell-Loks im Keller: Seit September hatte sich der Modelleisenbahn-Stammtisch in Brackel nicht mehr getroffen. Damit ging es der Gruppe wie vielen Vereinen und Gruppierungen, die ein Ende der Pandemie herbeisehnten, um wieder das tun zu können, was sie lieben.
Im Falle der Modelleisenbahner heißt das: fachsimpeln, gesellig ein Bierchen trinken und vor allem all die Schätze zeigen, an denen sie in den vergangenen Monaten gearbeitet haben. „Der Modellbahner ist gewissermaßen ein Narzisst. Der zeigt gerne, was er hat,“ erzählt Uwe Engling, Leiter des Stammtisches, und beginnt kurz darauf davon zu schwärmen, wie er einen Zug im BVB-Look aufgemöbelt hat.
Technik hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt
Am 7. Juli verlegten die Mitglieder weit über hundert Meter Schienen im Gasthaus Pape, so wie sie es seit drei Jahren jeden ersten Mittwoch im Monat tun. „Wir haben während des Lockdowns drei Mal versucht, uns online zu treffen, aber nicht alle kennen sich mit Computern aus, da gab es das ein oder andere technische Problem“, so Engling.
Ansonsten, betont er, seien die Eisenbahnfreunde technisch gewieft. „Die Technik heutzutage ist komplex, da wird alles digital gesteuert. Inzwischen kann man auch die richtigen Sounds auf Knopfdruck abspielen und mehrere Loks auf einem Gleis fahren lassen, die jeweils einzeln gesteuert werden. Das ging früher nicht“, erklärt er.

Uwe Engling interessiert sich schon seit frühster Kindheit für Eisenbahnen. © Engling
Die Modellfreunde, fügt sein Stammtisch-Kollege Siegfried Tempel hinzu, seien zudem häufig detailverliebt. Da werden Züge umlackiert, mit möglichst naturgetreu aussehenden Gütern beladen oder so bearbeitet, dass sie älter aussehen. Auch kleine Passagiere dürfen in den Zügen nicht fehlen.
Riesen-Event mit Übernachtung in der Schule
Wer aber nun denkt, die Eisenbahnfreunde sitzen nur still in ihrem Keller und lassen ihre Züge im Kreis fahren, der irrt sich, so Engling. „Das ist ein sehr kommunikatives Hobby. Im Internet gibt es ein Forum mit 20.000 Mitgliedern, mit denen man sich über Modelle, Basteltipps und technische Probleme austauschen kann. Und dann gibt es noch die Stammtische.“
Die hätten neben der Geselligkeit noch einen weiteren Vorteil: „Zuhause hat man häufig gar nicht genug Platz, um realitätsnah 20 Waggons hintereinander zu reihen. Da beißt sich der Zug quasi selbst in den Schwanz bei so einer kleinen Strecke.“
Der Stammtisch in Brackel indes sei wiederum eher klein: In Wuppertal beispielsweise gäbe es einmal im Jahr ein dreitägiges Event in einer Schule: „Da werden die ganzen Tische aus den Klassen geräumt, um die Schienen darauf aufzubauen und wir übernachten dann auch in den Klassenräumen“, erzählt der 65-jährige.
Zeitintensives, teures Hobby
Frauen seien in dem Hobby sehr selten und spielen dafür im Hintergrund eine Rolle, so Tempel: „Da muss man eine Frau finden, die einen unterstützt. Das Hobby ist doch zeitintensiv und vor allem teuer. Außerdem wird es von manchen belächelt, die nicht in der Materie stecken - die denken, das sei doch was für kleine Jungs.“

Bei den Stammtischen werden über hundert Meter Schienen im Gasthaus Pape verlegt. Eine Stunde dauert der Aufbau. © Engling
Die 35 Mitglieder des Stammtisches sind zwischen 13 und 82 Jahren alt, viele jedoch über 50. Wie kommt das? „Die Xbox ist der größte Konkurrent der Modellbahn. Da ist es schwierig, die Leidenschaft bei den jungen Leuten zu entflammen. Vermutlich gibt es das Hobby in 50 Jahren nicht mehr“, prognostiziert Engling.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt: Während er seinen Sohn nie so richtig begeistern konnte, ist sein kleiner vierjähriger Enkel bereits im Eisenbahn-Fieber: „Für den bin ich der ‚Oppa Bahn‘“.
Geboren in Hamm, dann ausgezogen in die weite Welt: Nach ausgiebigen Europa-Reisen bin ich in meine Heimat zurückgekehrt und berichte nun über alles, was die Menschen in der Gegend gerade bewegt.
