Ja, die Kita ist ein Ort zum Wohlfühlen - für die Mädchen und Jungen, idealerweise für die Erzieherinnen und Erzieher. Auch die Eltern sollen mit einem guten Gefühl kommen, wenn sie ihre Kleinen bringen oder abholen.

Auf der anderen Seite ist Kita aber auch ein Geschäft. Ein Wirtschaftsunternehmen. Die Zahlen müssen stimmen - zumindest soweit, dass der Betrieb für die kommenden Jahre gewährleistet sein kann.
Seit 2019 auf dem Kita-Markt
Lukas Günther kennt beide Aspekte. Der 34-jährige Erzieher ist nicht nur Leiter einer Kita in Marten, sondern gleichzeitig auch Bereichsleiter und Prokurist bei einem Unternehmen, das erst seit Ende 2018 auf dem Kita-Markt in Dortmund mitmischt: Consol.
Nie gehört? Wenig verwunderlich. Dortmund hat rund 330 Kitas. Etwa drei Viertel davon werden von den großen Trägern betrieben: Fabido/Stadt, evangelische und katholische Kirche, Awo, Caritas, Rotes Kreuz.
Jugend- und Familienhilfe
Der Rest verteilt sich auf viele Elterninitiativen und kleinere Unternehmen. Es gibt Firmen, die zu Gruppen gehören, die deutschlandweit agieren oder sogar Schwesterfirmen in Nachbarländern haben. Und es gibt die kleinen Träger, die aus Dortmund kommen und sich ebenfalls langfristig am Kita-Markt halten wollen.
Wie Consol. Seit mehr als 15 Jahren gibt es unter diesem Namen eine gemeinnützige GmbH, die in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe wirkt. Nicht aus Zufall sitzt das Unternehmen am Borsigplatz. Das Ziel: denen zu helfen, die mit schlechten Voraussetzungen ins Leben starten.
Warum nicht auch eine Kita betreiben?
Eines der Angebote: eine stationäre Wohngruppe, in der „Eltern lernen, ein selbständiges und eigenverantwortliches Leben mit ihren Kindern zu führen“. Ein anderes: Mitarbeiter besuchen Familien, in denen es Probleme gibt - Stress, Streit, Sucht, Vernachlässigung, Probleme im Alltag oder in der Schule. Über allem aber steht bei Consol: etwas zu tun gegen Kindeswohlgefährdung.
„Die Idee des damaligen Geschäftsführers war, dass wir auch selbst eine Kita betreiben können“, erklärt Lukas Günther: „Wir waren ja damals schon viel in Kontakt mit Kitas und haben gesehen, dass auch dort das Thema Kinderschutz an erster Stelle stehen sollte. Und generell: Sich breiter aufzustellen, ist ja für jede gemeinnützige GmbH im sozialen Bereich sinnvoll.“ Also gründete Consol die Schwesterfirma Consol-Kitas und ging ins Bewerbungsverfahren.
Investor und Vermieter
Denn ähnlich wie ein Arzt nicht einfach eine Praxis eröffnen kann, wo er will, darf auch ein Kita-Träger nicht einfach bauen, Erzieher einstellen und öffnen. Auch das wird streng nach Bedarf eingeteilt.
Dass jemand selbst baut, passiert auch dann nicht. In der Regel gibt es einen Investor, der das Gebäude dort errichten lässt, wo er darf - und der es anschließend entweder selbst vermietet oder an jemanden verkauft, der den Kaufpreis über die Mieteinnahmen refinanzieren will.
Zuschuss der Stadt Dortmund
So war es auch bei der ersten Consol-Kita an der Vorstenstraße in Marten, in dessen Büro Lukas Günther gerade sitzt. Wenige Monate nach der Eröffnung im Dezember 2018 kam der gelernte Erzieher als Einrichtungsleitung hierher. „Wir mussten damals vieles selbst lernen.“ Doch das sei auch ein Vorteil gewesen. Ein „Das haben wir schon immer so gemacht“ gebe es deshalb nicht.
Was Consol und anderen kleineren Kita-Betreibern das Wirtschaften erleichtert: Die Stadt Dortmund bezuschusst seit einigen Jahren die Mietkosten. Ein Zuschuss übrigens, der den kirchlichen Trägern verwehrt bleibt.
Bei Kirchen ist das anders
Bei den evangelischen Kitas in Dortmund ist es fast ausnahmslos so: Der Kirchenkreis betreibt die Kindergärten mit eigenem Personal, die Gebäude gehören aber den einzelnen Gemeinden. Denkbar wäre natürlich, dass die vom Kirchenkreis eine Miete verlangen würden, die wiederum von der Stadt Dortmund oder vom LWL als Landesjugendamt für Westfalen erstattet wurden.
Man habe das versucht und argumentiert, es sei doch dasselbe wie bei der Awo, die eine Miete an einen Hausbesitzer bezahlt, erklärt Christoph Müller, der Kita-Zuständige beim evangelischen Kirchenkreis. „Zumal: Auch unsere Einnahmen aus Kirchensteuern sinken ja deutlich.“
„Job-Rotation“ im Unternehmen
Der Wunsch der kirchlichen Träger wurde aber abgeschmettert, während andere Träger Monat für Monat Zuschüsse bekommen - so auch Consol. Aber natürlich: Diese Zuschüsse alleine sind nicht der einzige betriebswirtschaftliche Aspekt, den Lukas Günther und seine Geschäftsführung berücksichtigen müssen.
Wie findet man gute und genügend Mitarbeiter? Auch dort kehrt das Unternehmen das eigene Nischen-Dasein ins Positive um. „Job-Rotation“ lautet ein Angebot an potenzielle Neue. Consol beschäftige Erzieher ja sowohl in der Kita als auch in der Jugendhilfe, erklärt Günther. Also können Bewerber in alle Bereiche hineinschnuppern oder auch von einem zum anderen Bereich wechseln.
„Bunte Kita mit Vielfalt“
Ohne Zufriedenheit der Mitarbeiter klappe es nicht, so Günther weiter. Man bemühe sich, gut zu zahlen - auch wenn eine Tarifbindung wie bei der Stadt finanziell nicht zu stemmen sei. Umso wichtiger seien Teams, in denen es passe, in denen die Mitarbeiter sich wohlfühlten und mit dem Leitbild identifizierten.
„In der Gesellschaft hat sich viel verändert. Es ist uns wichtig, dass wir eine bunte Kita haben, dass wir die Vielfalt darstellen“, unterstreicht Günther. Im Leitbild hat Consol festgeschrieben, dass man kulturelle Unterschiede „als Bereicherung, nicht als trennend“ verstehe. Längst schon gebe es doch keine „homogene Herkunft“ der Kita-Kinder mehr - auch wenn das in einigen Teilen der Gesellschaft so noch nicht angekommen sei.
Arabisch und Ukrainisch wichtig
Dementsprechend gelte auch - trotz des Fachkräftemangels - dass auch die Mitarbeiterschaft idealerweise zum bunten System passe: Seine Kita brauche Erzieherinnen oder Erzieher, die Türkisch, Arabisch oder Ukrainisch sprechen könnten. Allein schon, um auf die Kinder eingehen zu können, die kaum Deutsch sprechen könnten.
„Wer einen rassistischen Whatsapp-Status hat, ist hier falsch“, stellt Günther klar. Leider seien auch solche Fälle schon vorgekommen. Die Stärke jedes einzelnen zu sehen - das beziehe man auch auf das Verhältnis von Kindern und Erwachsenen.
Kitas seit 2020 und 2021
Viel Mitbestimmung, Partizipation, Demokratiebildung auf niederschwelligster Ebene für die Kinder - das sei ihm wichtig. „Jedes Kind soll eine Stimme haben.“ Mit diesem Leitbild befindet sich Consol auf Expansionskurs.
Keine zwei Jahre nach der Eröffnung der ersten Kita sprang das Unternehmen 2020 in Husen ein, als ein anderer Träger einen fast fertigen Kindergarten doch nicht betreiben konnte. 2021 folgte ein ähnlicher Fall in Derne.
Doch nicht in die Nordstadt
Die Pläne für Kita Nummer vier in der Nordstadt zerschlugen sich zwar unlängst, weil die Raumsituation nicht mehr passte. Doch generell wolle man langsam weiter wachsen, sagt Günther. Was natürlich nur klappe, wenn man dem Fachkräftemangel zum Trotz auch genügend Personal finde.
Eine fünfgruppige Einrichtung wie die erste Consol-Kita in Marten sei der beste Fall - finanziell, aber auch organisatorisch. Knapp 100 Kinder gehen dort in die fünf Gruppen - einmal U3, viermal für die Älteren. Selbst in der Erkältungs- und Grippezeit habe man kaum reduzierte Betreuungszeiten, ist der Einrichtungsleiter stolz. Durch das Verschieben des Personals habe das zuletzt gut geklappt.
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