Ein Mensch gefangen in einem Kellerloch, gefesselt, ohne Essen, ohne Wasser. Da denkt man unwillkürlich an das berüchtigte Folterpaar von Höxter. Der Fall, den das Landgericht Bielefeld verhandelt, weckt Erinnerungen daran, aber das Martyrium eines 30-Jährigen dauerte „nur“ zwei Tage, auch überlebte das Opfer glücklicherweise.
Auch die Ausgangslage könnte eine andere gewesen sein: kein sadistisches Treiben, sondern ein Drogengeschäft. Und darin soll auch ein Mann aus Dortmund verstrickt sein.
Die Stichworte alleine garantieren Aufsehen: Entführung, Sack überm Kopf, Kellerloch, Machete, Mafia. Ähnlich ist es auch mit dem Hauptangeklagten: Der 38-Jährige aus Bielefeld hat sich im Internet als Abenteurer einen Namen gemacht mit einer Fahrradreise nach China und Südafrika und dürfte auch Fernsehzuschauern als Teilnehmer einer Athleten-Spieleshow bekannt sein.
Dortmunder bei der Mafia?
Jetzt sitzt er zusammen mit zwei Männern ebenfalls aus Bielefeld (35) und Dortmund (54) auf der Anklagebank: erpresserischer Menschenraub, gefährliche Körperverletzung und Wohnungseinbruch sind die Hauptvorwürfe. Der Dortmunder soll später in dem angeklagten Geschehen als Angehöriger der Mafia aufgetreten sein, um von dem Entführten Geld zu erpressen.
Das mutmaßliche Opfer ist ein 30 Jahre alter marokkanischer Flüchtling. Ihn sollen die beiden Bielefelder am 1. Oktober vergangenen Jahres in einer Flüchtlingsunterkunft in Spenge überfallen und dann nach einem Handgemenge gefesselt in einem Auto verschleppt haben – mit einem Sack über dem Kopf.
Danach soll der Hauptangeklagte das mutmaßliche Opfer auf seinem Anwesen in Versmold in einem engen Kellerloch ohne Fenster gefangen gehalten haben, gefesselt und verschnürt wie ein Paket.
In der Anklage ist gar die Rede davon, der 30-Jährige sei in Draht eingewickelt worden. Am Tag nach der Entführung soll er dann von den beiden Angeklagten mit dem 54-Jährigen aus Dortmund konfrontiert worden sein: Ihm habe nämlich der Hauptangeklagte die Summe, die das mutmaßliche Opfer diesem bei einem Drogendeal „abgezogen“ habe, an den 54-Jährigen „abgetreten“.
Der Dortmunder sei Angehöriger der Mafia und verlange nun, dass der Flüchtling diese Schulden abarbeite – plus 10000 Euro. Zur Verdeutlichung, wie ernst der 30-Jährige die Forderung zu nehmen habe, soll der Dortmunder eine Kopf-ab-Geste gezeigt und den Entführten davor gewarnt haben, die Polizei einzuschalten.
Zwei Tage fast ohne Wasser
Nachdem der 30-Jährige ein frisches Hemd bekommen habe, sei er abends mit dem Auto wieder nach Spenge gebracht und in der Nähe eines Nachtclubs frei gelassen worden. Zur Untermauerung ihrer Forderungen soll der Hauptangeklagte dem Flüchtling noch mit einer Machete auf die Hand geschlagen haben, was eine Fraktur zur Folge hatte.
Zudem, so heißt es in der Anklage, soll der 30-Jährige durch die rohe Behandlung Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper erlitten haben, außerdem habe er in der ganzen Zeit lediglich einen Schluck Wasser bekommen.
Wie am Rande des Prozessauftakts zu erfahren war, hatte sich der 30-Jährige nur auf Betreiben eines Mitbewohners an die Polizei gewandt. Angeblich wurden ihm 17000 Euro von den Angeklagten weggenommen, die Staatsanwaltschaft vermutet einen Drogenhintergrund. Was beim nächsten Verhandlungstermin am 11. April auf den Tisch kommen könnte, ist vollkommen offen.
Der 30-Jährige sitzt derzeit wegen eines anderen Vorwurfs selbst in Untersuchungshaft. Zwei der Angeklagten sind bereit, etwas zu sagen – der Hauptangeklagte werde sich „kurz“ äußern, der Dortmunder „umfassend“, sagten deren Verteidiger.
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