Seit 15 Jahren ist Michael Polte Fitnesstrainer, hat schon zwei Bücher geschrieben. Mit seiner Whatsapp-Gruppe „Beweg dich“ bietet er Sport am Phoenixsee an – von Boxen bis Yoga ist für jeden etwas dabei.
Es ist elf Uhr und die Sonne knallt erstaunlich stark vom blauen Himmel. 15 Teilnehmer stehen gedrängt auf einem runden Holzsteg am Wasser. Ab und zu dreht sich jemand vorsichtig nach hinten. Hier muss man aufpassen, dass man bei einem Rückwärts-Schritt keine (unweigerliche) Abkühlung bekommt.
„Das gibt nen‘ Hintern aus Stahl!“, ruft Michael Polte und geht dabei in die Kniebeuge. „Wenn’s euch hilft, mir tut es auch weh“, sagt er noch – ob einen das jetzt richtig tröstet, das weiß man nicht. Die nächste Übung ist dran: Zwei Frauen ziehen sich schnell ihre Boxhandschuhe über ihre Hände und versuchen gegenseitig, dem anderen einen Seitenhaken zu verpassen. Eine Familie mit kleinen Kindern bleibt am Rand stehen und guckt neugierig zu. Nicht nur sie, sondern wahrscheinlich alle Spaziergänger fragen sich, was das Ganze hier sein soll. Polte ist Fitnesstrainer – und bietet am Phoenixsee ein kostenloses Sportprogramm an.

Gemeinsam quält es sich leichter. Gerade darum gefällt vielen das Training in der Gruppe. © Oliver Schaper
Draußen umsonst Sport machen – das ist nichts Neues. Normalerweise geht man joggen oder fährt ein paar Runden mit dem Mountainbike, entweder weil einen das schlechte Gewissen nach den Feiertagen plagt oder man überrascht feststellt, dass bald schon der Sommerurlaub ansteht. Oftmals muss man sich alleine dazu aufraffen.
Michael Polte und seiner Freundin ging es ganz ähnlich. Sie wollte Sport machen und konnte sich nicht wirklich motivieren. Er hatte die Idee, mit ihr zusammen in einer größeren Gruppe zu trainieren. „Da ist einfach eine viel größere Dynamik“, sagt er. Und das Ganze sollte umsonst sein und draußen stattfinden. Zack, die Idee war geboren.
Michael Polte dachte sich den Namen „Beweg dich – ich kann noch“ aus und erstellte auf sozialen Netzwerken wie Facebook und WhatsApp Gruppen, denen jeder beitreten kann.
Da er schon mal die Idee hatte, bot er sich auch noch als Trainer an. „Wenn ich Trainer bin, muss ich auch wirklich kommen“, sagt er schmunzelnd. Aber er hat auch die nötige Ausbildung: Der 48-Jährige ist seit über 15 Jahren Fitness- und Personal-Trainer, davon ist er seit drei Jahren beim TSC Eintracht, hat zwei Bücher geschrieben („Fit mit Baby“ und „Fit pro Golf“), und Trainingskonzepte wie „Yoga Balance“ und „Braintivity“ für den Robinson-Club erstellt. „Ich kann alles außer Tanzen“, fasst Michael Polte zusammen.
Das Training startete vor anderthalb Jahren
Vor anderthalb Jahren ging es zum ersten Mal am Phoenixsee los. Es seien nur fünf oder sechs Teilnehmer gekommen, ein paar davon eher zufällig beim Joggen, erinnert sich Polte und muss lachen. Mittlerweile sind in der WhatsApp-Gruppe 70 Menschen, auf Facebook 200. Dass sich das Konzept so schnell herum sprechen konnte, liegt vermutlich auch am Trainer: Polte erklärt alle Übungen ausführlich, geht immer wieder zwischen den verschiedenen Boxpartnern hin und her, korrigiert mal den Ellenbogen beim Seitenhieb, mal das Standbein. Zwischendurch schreit er die Teilnehmer an: „Schneller! Ihr habt es gleich geschafft! Der Steg bebt schon!“
Ein paar Tage vorher, höchstens eine Woche, steht fest, wann trainiert wird. Polte schreibt in die Gruppe einen Tag mit meistens drei, vier verschiedenen Kursen direkt hintereinander. Die Teilnehmer sagen dann, ob und zu welchem Kurs sie kommen wollen. Damit ein Kurs stattfindet, müssen mindestens acht Leute kommen. Dies sei bei Sturm oder strömenden Regen natürlich öfters ein Problem. „Aber prinzipiell finden die Kurse immer statt und der Teilnehmer entscheidet, ob er auch bei Regen kommen möchte“, sagt Polte. Deswegen fand das Training letztes Jahr auch am Silvestermorgen statt, als der See sogar etwas zugefroren war.
Training meistens ein bis zwei Mal wöchentlich
Nach dem Boxen geht es weiter mit dem „Boot Camp“ – und nein, das hat nichts mit Booten zu tun, sondern kommt aus dem amerikanischen. Es heißt übersetzt „Stiefel-Lager“, angelehnt an ein Militärlager. Wieso? Jede Übung dauert 60 Sekunden, dann gibt es eine kurze Pause und die nächsten 60 Sekunden werden runter gezählt. Und das eine Stunde lang. Um 13 Uhr kommt ein Bauch- und Rückentraining, um 14 Uhr Yoga.
So oder so ähnlich sieht das Programm aus, das Michael Polte anbietet. Es findet statt, wann immer er Zeit hat, meistens ist das aber ein bis zwei Mal wöchentlich.

Michael Polte weist Autorin Paulina Würminghausen ins Boxtraining ein. © Oliver Schaper
Warum er für das Ganze kein Geld nehmen will? „Ich mach das einfach aus Spaß heraus“, sagt Michael Polte. Und außerdem sei Geld nicht immer die richtige Motivation für die Teilnehmer: „Im Fitnessstudio zahlt man vielleicht 60 Euro pro Monat, aber nach drei Monaten ist einem die Speckrolle und der Beitrag auch egal.“ Wer will, kann aber ein Sparschwein füttern.
Um motiviert zu bleiben, sei ein Trainingspartner die richtige Lösung. Denn dann seien die Trainierenden aneinander gebunden und würde sich eher verpflichtet fühlen, zum Training zu gehen. Ein weiterer Tipp: „Man sollte sich extrem kleine Ziele setzen.“ Fünf Kilo in 28 Tagen abzunehmen sei utopisch, besser wären fünf Kilo in einem Jahr. Und mit dem Fitnessprogramm von Michael Polte kriegt man dann auch noch „einen Hintern aus Stahl“.