Am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht hat der Dortmunder Chef des Miri-Clans sein Geständnis untermauert. Mindestens 50 Kilo Kokain sollen durch seine Hände gegangen sein. Auch nach seiner Flucht in die Türkei soll der Angeklagte weiter Befehle erteilt haben.
Möglich war das, weil seine in die kriminellen Geschäfte verwickelten Verwandten und auch die Drogenlieferanten EncroChat-Handys benutzten, von denen sie glaubten, dass sie abhörsicher seien. „Deshalb war man untereinander sehr offen in den Unterhaltungen und hat auch bedenkenlos Bilder von den Drogen verschickt“, sagte einer der Ermittler der Polizei als Zeuge aus.
Polizei knackt Code
Nachdem die französische Polizei den EncroChat-Code geknackt hatte, wurden in ganz Europa Dealerbanden festgenommen. Auch der jetzt angeklagte Clan-Chef hat nach Auskunft seines Verteidigers Detlev Binder eingesehen, „dass er sicher eine lange Haftstrafe bekommt“. Einfach alles kampflos hinnehmen will Binder dennoch nicht.
Schon am ersten Verhandlungstag hatte sich der Anwalt darüber beklagt, dass sein Mandant wie ein Schwerverbrecher behandelt werde. Gespräche in der Haft seien nur durch eine Glasscheibe möglich. Und der Transport vom Gefängnis zum Gerichtsgebäude werde regelmäßig von Spezialkräften begleitet.
Von drei Autos flankiert
Tatsächlich wird der Angeklagte auf dem Weg in den Innenhof des Landgerichts von drei schwarzen Limousinen flankiert. Er muss Kopfhörer tragen und auch eine Augenbinde, damit er nicht weiß, wo er sich gerade befindet. Möglicherweise können diese Maßnahmen aber nach dem erfolgten Geständnis bald gelockert werden.
Vor Gericht geht es ihm nun eigentlich nur noch darum, nicht als der große Chef des Miri-Clans zu erscheinen, der für die Drogengeschäfte zahlreiche Untergebene und „Handlanger“ um sich scharte, während er sich selbst die Finger nicht schmutzig machte.
„Alle auf Augenhöhe“
„So war es nämlich nicht“, sagte Verteidiger Binder jetzt. „Es gab keine Handlanger oder so etwas, sondern alle an den Geschäften beteiligten Personen sind sich auf Augenhöhe begegnet.“
Bei der Frage, wie das eigentlich alles angefangen habe, wurde der Angeklagte dann etwas schmallippig. Eine Gruppe von Albanern aus Antwerpen sei auf ihn zugekommen und habe ihm gesagt, dass sein Bruder bei ihnen 100.000 Euro Schulden angehäuft habe. „Und die sollte ich mit Kokainverkäufen abarbeiten.“
Als der Vorsitzende Richter darauf entgegnete: „Sie sind also erpresst worden“, wurde der Clan-Chef dann aber ernst. „Erpressung war das für mich nicht“, sagte er. „Ich bin so erzogen worden, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, für die Schulden seiner Familie geradezustehen.“