
© Schaper
Mietkoch im Test: Gehobene Hausmannkost mit Entertainment-Faktor
Deftig und lecker
Eigentlich besitzt Jan Möllmann das Restaurant „Die Siedlerklause“ und hat keine Speisekarte. In Corona-Zeiten arbeitet er als Mietkoch und fällt durch seine authentische und forsche Art auf.
Wenn Jan Möllmann einen Raum betritt, dann ist dieser ausgefüllt. Mit seiner Präsenz, seiner Art und seiner Mimik und Gestik zieht er sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Aktuell arbeitet der Besitzer des Restaurants „Die Siedlerklause“ als Mietkoch, um in Corona-Zeiten seiner Leidenschaft nachzugehen.
In unserer Wohnung angekommen erforscht der Koch erstmal die Küche. Wie viel Platz ist da? Wo lässt sich welches Essen am besten anrichten? „Ihr habt keinen Herd mit Umluft. Das ist ungewohnt für mich. Dann könnte einiges etwas länger dauern“, lautet sein erster knurriger Kommentar. Er sagt das sehr direkt, aber mit einem liebevoll-frechen Unterton.
„Bitte auf die Schränke gucken“
Kurz nachdem er alle seine Utensilien in die Küche gestellt hat, folgt der Blick in die Schränke und in die Schubfächer. „Welche Teller habt ihr? Und was für ein Besteck - und wo sind die Weingläser?“ Im ersten Moment fühle ich mich etwas überrumpelt, wenig später merke ich, dass es einfach zu Möllmann dazugehört. Genauso wie auch folgender Spruch: „Guckt bitte am Ende auf die Schränke. Ich räume dort gerne Dinge hin, die mich beim Kochen stören.“
Aber dass das nicht falsch verstanden wird: Der Koch, der auch leidenschaftlicher Musiker ist, macht das auf eine sympathische Art und Weise - sehr direkt und authentisch. Er ist ganz und gar Entertainer - das merkt man den ganzen Abend.
Wenn gerade mal nicht Corona ist, kocht er in seinem Restaurant „Die Siedlerklause“ - und das seit 25 Jahren. Hier setzt Möllmann ein spannendes Konzept um: Es gibt keine Speisekarte und die Gäste werden von den Gerichten überrascht. Dazu gibt es Erklärungen zu den einzelnen Speisen.
Steinpilz-Quiche und Macairekartoffeln
Als ersten Gang erwartet uns eine Möhrensuppe mit Orange und frischem Ingwer. Dazu gibt es Rahm-Mangold als Einlage - er nennt es „Vorspeise mit Suppe“. Als Beilage dazu werden Pecorino-Gebäck und Ciabatta-Brot serviert. Die Suppe ist super cremig und hat durch den Ingwer eine leicht scharfe Note - sehr angenehm. Der Mangold passt super und auch das Pecorino-Gebäck ist sehr crunchy und etwas Besonderes - ein sehr gelungener Start in das 3-Gänge-Menü.

Die leckere Möhren-Ingwer-Orangen-Suppe wird mit einem Pecorino-Gebäck verziert. © Maximilian Konrad
Für die Hauptspeise erwarten meine Freundin und mich zwei unterschiedliche Gerichte. Als vegetarische Variante bereitet Möllmann ein Steinpilz-Quiche mit buntem Gemüse aus Zucchini, Aubergine, Paprika und Pinienkernen zu. Als Beilage gibt es Macairekartoffeln - Kartoffelküchlein, die ähnlich wie Rösti beidseitig knusprig gebraten werden.
Meine Freundin schwärmt von der Quiche - gerade der Boden ist sehr knusprig und der Pilz-Geschmack kommt deutlich durch. Auch von der Konsistenz ist sie begeistert.
Auch der Fotograf bekommt noch was zu essen
Für mich gibt es die Fleisch-Variante: Kalbs-Roulade in Madeira-Jus mit buntem Gemüse und Macairekartoffeln - ein kleines Probierstück Quiche hat es auch noch auf meinen Teller geschafft. Das Fleisch ist superzart und passt super gut zu den Kartoffeln und zu dem leckeren Jus - genauso wie das gut gewürzte Gemüse.
Die Größe der Portionen ist großzügig und für Menschen mit gutem Hunger gewählt. Das Tolle: Auch der Fotograf des Abends bekommt noch einen Teller und auch für den nächsten Tag lässt Möllmann eine kleine Menge übrig, sodass wir uns nochmal an dem leckeren Essen vergnügen dürfen.
Als Nachtisch wird eine Limetten-Tarte mit Himbeeren dekoriert und einen Klecks Himbeer-Mark serviert. Dazu gibt es eine Mousse au Chocolat. Die Tarte ist sehr saftig und ergänzt sich sehr gut mit der fruchtigen Creme. Das Mousse kommt fluffig und schokoladig daher und bietet einen guten Kontrast zur Limetten-Himbeer-Variation - ein insgesamt sehr gelungenes Zusammenspiel.

Der Nachtisch: Limetten-Tarte mit Himbeer-Mark und dazu Mousse au Chocolat. © Maximilian Konrad
Gesamtfazit
Die drei Gänge waren sehr lecker und haben unseren Geschmackshorizont erweitert. Gerade die Macairekartoffeln und der Mangold in der Möhrensuppe waren neu für uns. Auch die Quiche und die Tarte werden wir in sehr positiver Erinnerung behalten.
Der Entertainment-Faktor ist bei Jan Möllmann auf jeden Fall gegeben. Er lebt seinen Beruf. Es ergeben sich Gespräche zu vielen Themen - auch abseits des Kochens. Der Umgang ist sehr locker und sehr angenehm.
Preis
Das Menü kostet 55 Euro pro Person. Wenn wir eine Weinbegleitung gewollt hätten, wären es 75 Euro pro Person gewesen. Im Vergleich zu den anderen Mietköchen, die wir bisher begrüßen durften, bringt Möllmann nicht sein eigenes Geschirr mit Besteck, Tellern etc. mit - was natürlich für uns kein Problem war.
Zum Vergleich: Die Fünf-Gänge-Menüs von Tobias Filthaut und Norbert Jevcsak kosteten ohne Getränke-Begleitung 185 Euro für zwei Personen. Mit Wein oder Bier kommt man dann auf rund 200 Euro.
Variabilität
Jan Möllmann hat keine festen Menüs zur Auswahl. Viel lieber überrascht er die Leute und hat für jeden Geschmack etwas im Kopf. „Gerne frage ich die Leute, was sie gerne essen. Daraus entwickele ich eigene Ideen und werde kreativ. Gerade versuche ich beispielsweise ein altes Kochbuch aus den 1930ern in die heutige Zeit zu bringen.“
Gebürtiger Brandenburger. Hat Evangelische Theologie studiert. Wollte aber schon von klein auf Journalist werden, weil er stets neugierig war und nervige Fragen stellte. Arbeitet gern an verbrauchernahen Themen, damit die Leute da draußen besser informiert sind.
