
© Oliver Schaper
Aus dem Edel-Restaurant in die private Küche - Mietkoch im Test
Edel-Menü für Zuhause
Der Dortmunder Koch Norbert Jevcsak hat früher in einem ukrainischen Nobel-Restaurant gekocht - im Lockdown bringt er das Dinner-Gefühl nach Hause. Doch lohnt sich das? Der Mietkoch im Test.
Nach einem anstrengenden Arbeitstag mal nicht kochen müssen, sondern sich einfach nur zurücklehnen und sich in den eigenen vier Wänden bekochen lassen - ein tolles Gefühl, das Norbert Jevcsak möglich macht. Der 27-Jährige arbeitet als Mietkoch.
Eigentlich ist der gebürtige Ukrainer beim Restaurant „Der Schneider“ angestellt. Da die Gaststätten aber seit Monaten geschlossen sind, übt er seinen Beruf und seine Leidenschaft als Mietkoch aus. Mit unserer begrenzten Arbeitsfläche in der Küche kommt Jevcsak schnell klar und braucht für das Anrichten des Essens nur den Herd und den Ofen - alles andere bringt er selbst mit.
Kartoffel-Allerlei als Gruß aus der Küche
Aus seiner Zeit im Restaurant eines Fünf-Sterne-Hotels in seiner Heimatstadt Uschhorod schöpft der 27-Jährige auch seine Ideen für seine Menüs. Bevor das 5-Gänge-Gourmet-Menü beginnt, bekommen meine Freundin und ich ein warmes Brot mit einem selbstgemachten Dip aus Pesto und Zwiebeln sowie französischer Butter serviert - ein leckerer Appetithappen, der Lust auf mehr macht.
Als kleinen „Gruß aus der Küche“, wie Jevcsak es nennt, kommt dann ein Kartoffel-Allerlei - auch Apéros genannt - ein kleiner „Stapel“ an Köstlichkeiten in einem großen runden Teller. Auf Hirschfleisch als Basis befindet sich ein kleines Kartoffelstückchen, eingelegte Zwiebeln und ein Süßkartoffel-Püree - Zwiebelkrüstchen schließen das Ganze nach oben hin ab. Es schmeckt wie ein belegter Chip und es cruncht richtig - eine ungewöhnliche Kombination, sehr köstlich.
Pilz-Salat mit leckerer Mischung aus warm und kalt
Als erster „richtiger“ Gang kommt dann ein Lachs-Carpaccio in Öl, das mit leicht gesalzenen Mandarinen sowie Basilikum, Schnittlauch und kleinen Croûtons versehen ist - gerade letztere sind das besondere Highlight, da sie sowohl geschmacklich als auch von der Konsistenz her eine gute Ergänzung bieten. Der Lachs ist sehr zart und paart sich super mit den fruchtigen Mandarinen.
Es folgt ein Pilz-Salat: Austernpilze, Pfifferlinge und Steinpilze, die eingelegt bzw. angebraten serviert wurden. Dazu gibt es Radieschen, etwas Feldsalat und wieder die knackigen Croûtons. Gerade die Mischung aus kalt und warm kommt hier super rüber. Insgesamt ist vielleicht etwas viel Salz dran - aber das nimmt bekanntlich jeder anders wahr.
Besondere Dekoration auf dem Kabeljau
Zu jedem Gang gibt es andere Teller und ein anderes Besteck. Das Geschirr empfinde ich als originell. Daher gibt es neben den kulinarischen Köstlichkeiten auch optische Highlights mit speziell abgestimmten Tellern - wie beispielsweise dem Fischmesser, das es zum nächsten Gang gibt.
Uns erwartet ein Kabeljau - und zwar nicht irgendeiner. In einer cremigen Fenchel-Soße mit Erbsen und Möhren serviert, befinden sich auf dem Kabeljau noch feine Zwiebelkrüstchen - eine gelungene Ergänzung. Der Fisch ist sehr zart und zergeht im Mund - ein ganz besonderes erstes Mal, was die Kabeljau-Erfahrung anbetrifft.
Entenbrust ist zartrosa, aber teilweise etwas zäh
Und dann stand uns auch schon die nächste Gaumenfreude bevor: ein Entenbrustfilet von der Barbarie-Ente mit super leckerer feiner Kruste. Dazu gab es Kidneybohnen, Erbsen, Möhren und ein kleines Möhrenpüree wurde auf dem Fleisch angerichtet - als Soße diente ein kräftiger Wildfond.
Die Entenbrust ist zartrosa, aber an manchen Stellen etwas zäh. Die knackigen Bohnen passen gut, vielleicht hätte aber noch eine weitere Beilage wie Kartoffeln den Gang gut ergänzt.
Als Nachspeise kommt ein Panna Cotta zusammen mit einem Mango-Sorbet und frischen Mango-Stückchen auf die Teller. Dazu gibt es ein kleines Erdbeer-Biscuit, das in Minzöl angerichtet wurde. Das Fruchtige ergänzt sich mit dem Süßen sehr gut - sodass der Nachtisch einen gelungenen Abschluss des Menüs bildet.
Gesamtfazit: Menü war eine wahre Gaumenfreude
Lecker, abwechslungsreich und tolle Ergänzungen in den einzelnen Gängen: Das gesamte Menü war uns eine wahre Gaumenfreude. Gerade die Entdeckung von neuen Variationen wie Zwiebelkrüstchen auf dem Kabeljau oder Kidneybohnen zu Entenbrust haben unseren Geschmackshorizont erweitert.
Der Pilz-Salat und auch der Wildfonds waren vielleicht eine Spur zu salzig - wobei es auch schwierig ist, hier alle Geschmäcker abzuholen. Die Pausen zwischen den einzelnen Gängen hätten etwas länger sein können, sodass man sich etwas vom Essen „erholen“ kann und die einzelnen Portionen länger nachschmecken kann. Das sollen aber auch die einzigen Kritikpunkte sein.
Preis
Das Fünf-Gang-Menü kostet 185 Euro für zwei Personen. Wir haben uns für keine Getränke-Begleitung entschieden. Der Mietkoch bietet verschiedene Begleitungen an: Weiß- oder Rotwein, aber auch Champagner. Je nach Auswahl des Getränks ist man dann knapp 200 Euro.
Zum Vergleich: Mietkoch Tobias Filthaut, der mit Jevcsak zusammen im Restaurant „Der Schneider“ arbeitet, nimmt für fünf Gänge plus Wein- und Bier- Begleitung 203 Euro. Der „reine“ Preise für das fünf Gänge-Menü beträgt ebenfalls 185 Euro.
Variabilität
Der Mango-Panna-Cotta-Nachtisch gehört zu Jevcsaks Menü dazu. „Meist mache ich ein ganzes Blech davon - daraus werden dann zehn Portionen“, erklärt er.
Bei den anderen Gängen ist der Mietkoch flexibel: Statt Entenbrust kann man auch Lamm bestellen, statt des Carpaccio auch Tatar. Auch ein Drei-Gang-Menü ist möglich. Auch spezielle Wünsche lassen sich mit Jevcsak im Vorhinein telefonisch absprechen.
In einer früheren Version des Artikels haben wir versehentlich berichtet, dass Norbert Jevcsak in Ukraine in einem 5-Sterne-Restaurant gearbeitet hat. Das war nicht korrekt. Er arbeitete in einem Restaurant eines 5-Sterne Hotels. Wir haben diesen Fehler korrigiert.
Kontakt
- Norbert Jevcsak ist am besten unter seiner Handynummer 0173 98 29 061 erreichbar.
- Alternativ kann man ihm auch eine Mail an norbysk8@gmail.com schicken.
Gebürtiger Brandenburger. Hat Evangelische Theologie studiert. Wollte aber schon von klein auf Journalist werden, weil er stets neugierig war und nervige Fragen stellte. Arbeitet gern an verbrauchernahen Themen, damit die Leute da draußen besser informiert sind.
