Nima Khalili ist Betreiber der "CU Bar" an der Kampstraße in Dortmund. Der Platz hinter seinem Gastronomiebetrieb wird immer wieder zum Schauplatz von Kriminalität und Provokationen unter einem sehr jungen Publikum.

Nima Khalili ist Betreiber der „CU Bar“ an der Kampstraße in Dortmund. Der Platz hinter seinem Gastronomiebetrieb wird immer wieder zum Schauplatz von Kriminalität und Provokationen unter einem sehr jungen Publikum. © Felix Guth

CU-Bar-Chef Khalili zur Gewalt an der Kampstraße: „Die Leute haben Angst“

rnInnenstadt

Die Kampstraße ist durch mehrere Gewalttaten innerhalb kurzer Zeit in den Fokus geraten. Menschen, die in dieser Gegend Gastronomie und Gewerbe betreiben, beschreiben massive Probleme.

Dortmund

, 05.10.2022, 11:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Mehrere Straftaten mit Verletzten binnen weniger Tage werfen ein Schlaglicht auf die Kampstraße in der Dortmunder Innenstadt. Aus Sicht von mehreren Anliegern zeigt sich gerade die Spitze einer Entwicklung, die schon seit längerem vielen hier Sorgen bereitet.

Nima Khalili ist Betreiber der „CU Bar“. Seit 20 Jahren ist diese eine Institution in der Dortmunder Innenstadt.

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„Wir haben ein Stammpublikum hier, das einzigartig ist. Aber manche davon kommen seltener und sagen auch deutlich, woran das liegt“, sagt er. „Es liegt daran, dass die Leute Angst haben.“

Beliebte Dortmunder Bar liegt genau am Ort des Geschehens

Die „CU Bar“ liegt mittendrin im Geschehen. Der Eingang befindet sich an dem Durchgang zu einem - namenlosen - Platz auf der Rückseite der Gebäude an Kampstraße, Freistuhl und Hansastraße. Erst der hintere Teil dieses Geländes ist als Platz von Amiens ausgewiesen.

Tagsüber ist das hier ein Ruhepunkt in der hektischen Innenstadt, den viele Angestellte, Schüler und Shopping-Besucher gerne nutzen. Doch dieser Platz, so beschreibt es Nima Khalili, werde ab 18 Uhr zu einem Treffpunkt für viele größere Gruppen junger Menschen und häufig Schauplatz von Konflikten.

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Ein beträchtlicher Teil der Personen sei dem Anschein nach minderjährig. „Viele profilieren sich über Krawall in der Gruppe. Diese Gruppen regulieren sich nicht.“

Drastische Schilderungen von Gewalt

Das, was der Bar-Betreiber in einem mehr als einstündigen Gespräch berichtet, schwillt nach und nach zu einem gewaltigen Strom an drastischen Schilderungen an.

Aus der Bar heraus seien regelmäßig Drogenkonsum und -handel zu beobachten. Es komme noch häufiger zu Prügeleien und auch Messerstichen als dies berichtet werde.

Zuletzt sei ein 13-Jähriger verletzt worden, dann aber vor Eintreffen von Polizei und Rettungskräften verschwunden, damit seine Eltern nichts von dem Vorfall erfahren.

Zunehmend geraten auch anliegende Geschäfte unfreiwillig in Auseinandersetzungen. So soll ein Mitarbeiter eines Restaurants mit einem Messer leicht verletzt worden sein, weil ein Jugendlicher sich nach einem Streit dort verstecken wollte und seine Kontrahenten das zu verhindern suchten.

„Der da ist ein Taschendieb“

Während er das erzählt, kommen zwei jugendlich wirkende Männer vorbeigelaufen. „Der da ist ein Taschendieb, den ich schon selbst erwischt habe“, sagt Nima Khalili über einen der beiden. Er sei außerdem auch Teil der Gruppe gewesen, die in der Nacht auf den 1.10 (Samstag) einen 19-Jährigen mit einem Messerstich, Schlägen und Tritten verletzt hatte.

Sevilay Algur ist Geschäftsführerin des Nachtclubs „iRoom“. Seit 2013 gibt es die Diskothek an dieser Stelle. „Natürlich hat sich einiges verändert in dieser Zeit.“

Sie beobachtet ebenfalls das Phänomen von Gruppen, die gezielt dieses Umfeld aufsuchen, um zu provozieren. Das betreffe auch von Zeit zu Zeit die Situation am Eingang. „Viele haben Probleme, mit einem Nein klarzukommen“, sagt Sevilay Algur.

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Im Club gebe es klare Strategien, die Gewalt verhindern. Dazu gehörten strenge Eingangskontrollen, bei denen selbst Kugelschreiber draußen bleiben müssten. Sie betont noch einmal ausdrücklich, dass die Tat Freitagnacht außerhalb der Kontrolle des Clubs passiert sei.

Club hat Sicherheitspersonal aufgestockt

„Wir haben unser Securitypersonal aufgestockt“, sagt die „iRoom“-Geschäftsführerin. Wo vorher drei Personen ausreichend waren, seien heute sieben notwendig. „Das Gewaltpotenzial hat zugenommen“, sagt sie.

„CU-Bar“-Betreiber Nima Khalili sagt, dass er mittlerweile ebenfalls Personal für die Sicherheit an der Tür abstellen müsse.

Im sozialen Netzwerk TikTok bestätigt schon eine simple Suche nach dem Schlagwort „Kampstraße“ einig der geschilderten Eindrücke. In Videos sind Jugendliche zu sehen, die in Gruppen über den Platz rennen, teils, weil die Polizei auftaucht.

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In anderen Sequenzen zeigen sie Gangster-Posen oder machen Witze über mitgebrachte Macheten. Vor einigen Wochen waren junge Männer mit einem solchen großen Dschungel-Messer und einer Axt angetroffen worden.

Die Wände zum Durchgang auf den Platz hinter dem Hochhaus sind vollständig besprüht. Sätze in arabischer Schrift stehen darauf, dazu Kürzel für Ortsnamen wie Aleppo oder Damaskus in Syrien.

Geschäftsleute haben Ideen, um den Platz neu zu beleben

Geschäftsleute wie Nima Khalili haben viele Ideen, wie schon Kleinigkeiten die Situation aus ihrer Sicht verbessern könnten. Bisher seien alle Vorschläge abgelehnt worden.

Khalili nennt etwa die Verbesserung der Verkehrsführung, die ein Grundproblem darstelle. Aber auch ein Beleben des Platzes durch regelmäßige Veranstaltungen oder Märkte könnten dafür sorgen, „dass wieder die richtigen Leute hierherkommen“. Zudem unterstützt er die Forderung nach Videoüberwachung und zumindest phasenweise mehr Polizeipräsenz.

Er ist der Ansicht, dass Dortmund als Ausgehstadt gerade an einem Wendepunkt stehe. „Es gibt viele junge Leute und Idealisten, die etwas Neues machen möchten. Darin liegt eine große Chance. Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen und die Leute dürfen keine Angst haben“, sagt er.

Eine am Dienstag (4.10.) bei der Polizei Dortmund angefragte Einschätzung zur Situation an der Kampstraße blieb bisher noch unbeantwortet.