Schandfleck im Ortskern

Dortmunder Bauruine: Kuriose „Zwangsversteigerung“, die keine ist

Eine Bauruine im Dortmunder Westen ist seit Jahrzehnten ein Ärgernis. Den Termin für eine Zwangsversteigerung hob das Amtsgericht auf. Nun folgt ein neues Kapitel der unendlichen Geschichte.

Mengede

, 28.05.2022 / Lesedauer: 3 min

Zwangsversteigerung: „Termin aufgehoben“. Anfang Dezember 2021 verglomm ein Fünkchen Hoffnung auf eine Lösung für den Schandfleck am Rande des Mengeder Ortskerns. Offenbar hatte der Eigentümer der Bauruine an der Dönnstraße die Förderung eines Schuldners erfüllt – und die Zwangsversteigerung abgewendet.

Unter den Hammer kommen sollten neben der Bauruine auch die benachbarten Hallen und der leerstehende nordwestliche Turm des doppelten Ärztehauses. Ausgenommen waren der südöstliche Turm an der Straßenecke und die noch vermietete Ladenzeile. Sie haben einen anderen Eigentümer.

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Mit dem Aufheben des Termins sollte nun zunächst alles beim Alten bleiben – dem Ärger vieler Mengeder, dem Entsetzen auswärtiger Besucher und dem Ringen von Politik und Verwaltung zum Trotz.

Gläubiger setzen Makler ein

Nun beginnt in der schon gut 30 Jahre dauernden unsäglichen Geschichte ein weiteres Kapitel. Und das ist in mehrerlei Hinsicht kurios, wie Recherchen dieser Redaktion ergaben. Im Immobilien-Bereich bei eBay-Kleinanzeigen stehen der Gesamtkomplex (inklusive Südost-Turm und Ladenzeile) als Einheit sowie die vier Teile des insgesamt rund 2860 Quadratmeter großen Areals einzeln zum Verkauf.

Inserent ist die A4res Advisory GmbH aus Bautzen – ein „Spezialist“ für Immobilien- und Finanzierungsfragen, der nach eigenen Angaben regional und vornehmlich im Osten Deutschlands tätig ist. Auf der Internetseite heißt es: „Als Dienstleister für Immobilieneigentümer und Kreditinstitute bringen wir die Beteiligten an einen gemeinsamen Tisch und stellen die Weichen für ein erfolgreiches Immobilieninvestment.“

Als Schandfleck im Ortskern gilt die Bauruine. Nachdem der Eigentümer Anfang der 90er Jahre den dritten Turm ohne Genehmigung für eine höhere Geschosszahl errichtet hatte, verfügte die Stadt Dortmund einen Baustopp. © Uwe von Schirp

Auf telefonische Anfrage erklärt eine Mitarbeiterin zu den Mengeder Inseraten: „Wir sind als Makler von den Gläubigern eingesetzt.“ Außerhalb eines konkreten Kaufinteresses gebe es zu den Objekten nicht mehr zu sagen.

Spezialist für Zwangsversteigerungen im Boot

Zweites Kuriosum: Die vier Gebäudeteile tauchen als Einzelinserate noch ein zweites Mal bei eBay-Kleinanzeigen auf – Versehen mit dem Zusatz „Zwangsversteigerung“. Inserent ist das Unternehmen „Argetra“ aus Ratingen, das mit dem Slogan „Marktführer Zwangsversteigerung“ wirbt. Es handelt hier im Auftrag von A4res Advisory.

Jedoch weisen weder die Internetseite des Dortmunder Amtsgerichts noch der bundesweite Anzeiger aller Amtsgerichte für Zwangsversteigerungen die Dortmunder Objekte aus. Eine Vertriebs-Mitarbeiterin von Argetra erklärt, das sei durchaus normal. „Wenn Sie die Versteigerung beim Amtsgericht nicht finden, ist der Termin noch nicht veröffentlicht.“

Ihr Unternehmen arbeite mit vielen Amtsgerichten zusammen. Geschäftsmodell sei seit 35 Jahren, Vorfeld-Erwerbe – also vor einem Versteigerungs-Termin – zu ermöglichen. Damit gebe es keine Mitbewerber in einer öffentlichen Zwangsversteigerung.

Die Hallen in der rückliegenden Bebauung waren in den 70er Jahren zunächst Autohaus. Später war im linken Teil der Aldi-Markt. © Uwe von Schirp

In Verhandlungen mit den Gläubigern sei ein Erwerb der inserierten Immobilien bis zu 30 Prozent unter dem angegebenen Verkehrswert möglich. Die Versteigerung bei Gericht werde dann aufgehoben.

Akte im Gerichts-Archiv

Auf der eigenen Website nennen Argetra-Inserate das jeweilige Amtsgericht, das Aktenzeichen der Zwangsversteigerung, die Nummer des Grundbuch-Blattes und den Versteigerungs-Termin. „Termin noch nicht bekannt“, ist für die Mengeder Objekte vermerkt. Normalerweise stehe dort „Termin noch nicht veröffentlicht“, wundert sich die Mitarbeiterin.

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Zur Aufklärung trägt Sebastian Dröge bei. Auf Anfrage erklärt der Sprecher des Amtsgerichts Dortmund: Nachdem es im Dezember nicht zur Zwangsversteigerung gekommen sei, liege die Akte seit April im Archiv.

Das lässt den Schluss zu, dass ohne Zwangsversteigerung für Teile oder den Gesamtkomplex im Mengeder Ortszentrum eine Lösung angestrebt wird. Wie erfolgreich sie ist, erzählt wohl erst ein weiteres Kapitel dieser unendlichen Geschichte.

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