
© Familie Terhoff
„Oma geht zugrunde“: 93-Jährige leidet im Seniorenheim an Panik-Attacken
Coronavirus
Anneliese Musial leidet an Demenz. Warum sie im Seniorenheim aktuell keinen Besuch empfangen kann, versteht sie nicht. Die 93-Jährige hat Panik-Attacken. Ihre Familie sucht nach Lösungen.
Senioren in Altenheimen gehören zu den Menschen, die unter der Corona-Krise am meisten leiden. Anneliese Musial ist 93 Jahre alt, lebt im Seniorenwohnsitz Westholz in Scharnhorst und leidet seit etwa zwei Jahren an fortschreitender Demenz.
Weil von ihren drei Kindern bereits eines verstorben ist und ein weiterer Sohn in München lebt, ist die Familie ihrer Tochter Brigitte Terhoff der einzige feste Bezugspunkt für die alte Dame, auch wenn sie mit ihrem Sohn in München regelmäßig telefoniert.
Die Familie lebt in Scharnhorst – folglich hat Anneliese Musial ein besonders enges Verhältnis zu ihrer Tochter und auch ihrer Enkelin Alexandra Terhoff.
Enkelin berichtet von Panik-Attacken bei der Oma
Doch seit der Corona-Krise ist der Kontakt abgerissen – und die alte Dame versteht nicht, warum. Sie habe deswegen regelrechte Panik-Attacken und müsse Beruhigungstabletten nehmen, berichtet Alexandra Terhoff. Sie wolle nicht mehr leben, habe sie bereits geäußert. Oder: „Alle haben mich vergessen – niemand will mich mehr.“

Oma und Enkelin: Anneliese Musial und Alexandra Terhoff © Familie Terhoff
Ihr tue das unglaublich leid, sagt Alexandra Terhoff: „Meine Oma geht zugrunde.“ Sie habe vollstes Verständnis dafür, dass die Verwandten das Haus momentan nicht betreten dürfen, aber man müsse doch andere Lösungen finden.
Sie habe der Leitung des Seniorenheims bereits verschiedene Vorschläge gemacht, wie man die Situation eventuell verbessern könne – zum Beispiel, indem ein Pfleger die Oma ans Fenster oder auf den Balkon des Hauses schiebt und die Familie ihr zuwinken und vielleicht auf Distanz mit ihr sprechen könne.
Das jedoch lehnte Heimleiterin Anja Sprenger-Lux bisher ab: „Wir hatten neulich einen ähnlichen Fall. Eine solche Situation hat bei einem dementen Bewohner für eine erhebliche Verschlimmerung seines Zustands gesorgt.“ So etwas müsse man bei der Krankheit bedenken, sagt Sprenger-Lux.
Video-Telefonate sind möglich
Nun hat sich die Familie Terhoff mit der Heimleitung auf Video-Telefonate geeinigt. Das erste hat bereits stattgefunden. „Oma hat uns auch erkannt“, sagt Alexandra Terhoff, „allerdings mussten wir es dann doch nach kurzer Zeit abbrechen, weil es nicht mehr ging.“
Heimleiterin Anja Sprenger-Lux hat Verständnis für die Sorgen der Verwandten. Sie habe aus anderen Heimen bereits von „Besucherboxen“ gehört, in denen die Angehörigen Oma und Opa treffen könnten, ohne sie direkt zu berühren – wie bei einem Besuch im Gefängnis, so schlimm sich das auch anhöre.
Auch über Konzerte im Hof zur Aufheiterung der Senioren – wie in anderen Heimen – habe Sprenger-Lux bereits nachgedacht. Das sei jedoch aus baulichen Gründen am Westholz schwierig, weil das Konzert dann nur wenige Senioren aus ihren Fenstern verfolgen könnten.
Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
