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Mehrere hundert Millionen Euro für Weiterbau der Stadtbahn - wer zahlt das?
ÖPNV in Dortmund
DSW21 will das Bus- und Bahnangebot in Dortmund ausweiten. Mit ihrem Ideenpapier „Dortmund mobil 2030“ schlagen die Verkehrsbetriebe viele neue Projekte vor. Dabei bleibt die wichtigste Frage offen.
Neue Stadtbahn- und Buslinien. Kürzere Takte für Busse und Bahnen. Ein Ausbau der H-Bahn. Und jenseits von 2030 möglicherweise sogar ein neuer Stadtbahntunnel: Mit ihrem 22-seitigen Positionspapier „Dortmund mobil 2030“ listen die Dortmunder Stadtwerke (DSW21) eine Vielzahl neuer Projekte auf, die zur Verkehrswende beitragen sollen.
Welche Vorschläge umgesetzt werden, entscheiden die Politiker im Rat. Zwar ist davon auszugehen, dass sich die Ratsfraktionen nicht für alle Ideen aus dem Positionspapier erwärmen werden. Teuer wird es trotzdem: Allein Vorhaben wie die Weiterführung der Stadtbahn aufs frühere Gelände der Westfalenhütte und die Erschließung des Zukunftsareals „Smart Rhino“ (ehemalige HSP-Fläche) mit der H-Bahn und der U43/U44 kosten in Summe mehrere hundert Millionen Euro.
Investitionen, die weder die Stadt noch DSW21 aus eigener Tasche zahlen können. Für DSW21-Verkehrsvorstand Hubert Jung ist klar: „Der Gesetzgeber muss mehr Geld ins ÖPNV-System stecken.“
Elf Milliarden Euro mehr für ÖPNV
Wenn die Verkehrswende in Deutschland umgesetzt werden soll, müssen Bund und Länder ihre Fördermittel massiv aufstocken. Bis 2030 müssten bundesweit elf Milliarden Euro obendrauf kommen, sagt Verkehrsvorstand Jung.
Er muss es wissen: Der Dortmunder ist Vize-Präsident des VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen). Ein entsprechendes Gutachten will der VDV den Verkehrsministern der Länder am Dienstag (29.6.) vorlegen. Zum Vergleich: Pro Bundesbürger fließen jährlich 120 Euro Fördermittel in den ÖPNV. Der Bedarf liege aber bei 300 Euro pro Person und Jahr.
In Dortmund werden die Verkehrsdefizite von DSW21 gestemmt und durch die Erlöse im Energiebereich ausgeglichen. 2020 summierte sich das Minus bei Bus und Bahn auf 55,5 Millionen Euro. „Bis 2025“, schätzt Jung, „werden es 78,5 Millionen Euro Minus sein.“
Die Steigerung setzt sich aus Kosten für die jährliche Erneuerung der Infrastruktur zusammen, aus der Beschaffung neuer B-Wagen sowie aus erhöhtem Personalbedarf inklusive Lohnkostenplus.
Hoher Aufwand für Gleisbau
Da sei aber noch keine einzige Idee aus dem Positionspapier „Dortmund mobil 2030“ enthalten, sagt Jung. Zwar gibt es Fördertöpfe. Die helfen, decken aber nie die gesamten Investitionen ab. Beispiel: Für die laufende Erneuerung von Anlagen, Gleisen und Weichen erhalten die Verkehrsbetriebe zwar insgesamt 100 Millionen Euro vom Land NRW. Weitere 144 Millionen Euro muss DSW21 selber beisteuern.
Dagegen gibt es für die neuen 26 Stadtbahnwagen (B-Wagen), von denen der erste Ende 2021 kommen soll, gar keine Fördermittel. Die Kosten, insgesamt mehr als 200 Millionen Euro, bleiben bei den Verkehrsbetrieben.
Mit dem Weiterbau der Stadtbahn auf die frühere Westfalenhütte und auf das „Smart Rhino“-Gelände (plus Erschließung durch den H-Bahn-Bau) werden geschätzt weitere 250 Millionen bis 300 Millionen Euro fällig. Allein für den Gleis- und Anlagenbau. Zudem müssten für die 1,6 Kilometer lange Anbindung auf „Smart Rhino“ vier neue Stadtbahnwagen her – macht weitere 14 Millionen Euro. Außerdem würden bis zu 15 neue Fahrer benötigt, was die Personalkosten um jährlich 750 000 Euro erhöht.
Kosten-Nutzen-Rechnung entscheidend
Welche Positionen mit welcher Summe aus Bundes- und Landeskassen gefördert werden, ist zurzeit völlig offen. So geht das mit einigen Projekten aus "Dortmund mobil 2030".
Sowohl Grüne als auch Linke haben bereits angemerkt: DSW21 und die Stadt allein werden die Mammutvorhaben nicht finanzieren können. Die CDU will ihre Zustimmung zu neuen Projekten,vor allem zu Stadtbahn- und H-Bahntrassen, konsequent am „Kosten-Nutzen-Verhältnis“ orientieren – und plädiert zudem für eine Prioritätenliste. DSW21-Vorstand Jung hofft, dass Bund und Länder ihre Fördertöpfe kräftig auffüllen. Der Bund habe das Klimaschutzgesetz verabschiedet, die Länder hätten zugestimmt. „Wer bestellt, muss auch bezahlen“, sagt Jung.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.