Maja aus Dortmund steht auf Frauen und Männer: „Ein Dreier wäre eine Option"

© Unsplash Ave-Calvar

Maja aus Dortmund steht auf Frauen und Männer: „Ein Dreier wäre eine Option"

rnSexuelle Identität

Maja aus Dortmund war sich ihrer sexuellen Ausrichtung nicht immer bewusst: Erst war sie in einer lesbischen Beziehung, dann fühlte sie sich auch zu Männern hingezogen. Jetzt weiß sie, dass sie bisexuell ist.

Dortmund

, 30.10.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Es gibt verschiedene sexuelle Identitäten. Eine von ihnen ist die Bisexualität. Sie wird von und für Menschen verwendet, die sich sowohl von Frauen als auch von Männern emotional und sexuell angezogen fühlen. In einem persönlichen Gespräch berichtet eine Dortmunderin über ihr Coming-Out, ihre Erfahrungen als bisexuelle Frau und die Vorurteile, mit denen sie zu kämpfen hat.

LEBEN UND LIEBEN

LESEN SIE MEHR ÜBER SINGLES UND BEZIEHUNGSTHEMEN

Auf der Übersichtsseite „Leben und Lieben“ unserer Zeitungsportale finden Sie Themen rund um Singles, Beziehungen und Liebe Ruhr Nachrichten / Hellweger Anzeiger

Maja (23) aus Dortmund spricht über ihre Bisexualität

Maja ist 23 Jahre alt, lebt in Dortmund und ist bisexuell. „Auf der einen Seite bedeutet Bisexualität für mich, dass ich beide Geschlechter gleichermaßen lieben kann, ohne Präferenz zu Männern oder Frauen“, sagt sie. „Auf der anderen Seite denke ich dabei an Beleidigungen, die ich selbst schon erleben musste.“

Es gab keinen genauen Zeitpunkt, zu dem Maja bemerkt hat, dass sie bisexuell ist. Denn ihre sexuelle Ausrichtung hat sich im Laufe ihrer Jugend entwickelt. Im Alter von 14 Jahren sei sie erstmalig in einer Beziehung mit einer Frau gewesen. „Da dachte ich noch, dass ich lesbisch wäre. Mit Männern hatte ich noch nichts am Hut“, sagt sie.

Jetzt lesen

Während der vierjährigen Partnerschaft mit ihrer Ex-Freundin sei ihr immer häufiger aufgefallen, dass sie Männer ebenfalls interessant findet. Jedoch sei es ihr zu dieser Zeit noch nicht möglich gewesen, ihre Gefühle zum anderen Geschlecht einzuordnen. „Es war schwer für mich und es hat auch eine lange Zeit gebraucht, mir einzugestehen, dass ich auch noch auf Männer stehe. Aber dann wurde es mir nach und nach klar", so Maja.

Als Maja keinen Zweifel mehr daran hatte, sich ebenso sehr von Männern wie von Frauen angezogen zu fühlen, sprach sie mit ihrer damaligen Partnerin über ihren emotionalen Zustand. Diese sei locker damit umgegangen, weshalb sich an der Beziehung der beiden nichts geändert habe.

Der Begriff „Coming-Out" bezeichnet den Schritt einer Person, sich zu ihrer sexuellen Identität im privaten Umfeld oder im öffentlichen Kreis zu bekennen.

Durch das Coming-Out nahm das Versteckspiel endlich ein Ende

„Ich hatte zwei Coming-Outs. Zuerst habe ich mich als lesbisch und Jahre später als bisexuell geoutet“, sagt Maja. Sich vor ihren Eltern und ihren Freunden als lesbisch zu bekennen, habe die Dortmunderin viel Zeit gekostet. Dieser langwierige Prozess habe damit begonnen, dass sie ihre erste Freundin immer häufiger getroffen hat. „Wir haben uns jeden Tag gesehen, immer beieinander geschlafen und sind auch intim miteinander geworden.“

Jetzt lesen

„Anfangs dachten wir noch, dass wir uns in unserer Sexualität ausprobieren, wie das halt in der Pubertät so ist“, erzählt Maja. Fünf Monate hat es gedauert, bis sie und ihre damalige Freundin miteinander über ihre Beziehung zueinander gesprochen haben und sich schlussendlich eingestanden haben, lesbisch zu sein.

„Ab diesem Zeitpunkt wollte ich es am liebsten der ganzen Welt sagen. Es war mir auch vollkommen egal, was andere Menschen darüber denken“, sagt Maja. Ihre damalige Freundin habe jedoch Angst gehabt, ihre Sexualität anderen Leuten zu offenbaren. „Anders als ich hatte sie sich schon mehr mit dem Lesbisch-Sein beschäftigt. Daher wusste sie auch, dass viele unsere Sexualität nicht tolerieren. Mir war das da noch gar nicht klar“, führt sie fort.

Jetzt lesen

An Majas 15. Geburtstag haben die beiden ihrem privaten Umfeld über ihre Beziehung zueinander erzählt. „Es haben sich alle total für uns gefreut. Ich habe so geheult, weil ich so erleichtert war, dass ich endlich ich selbst sein darf.“ Zudem sei sie glücklich gewesen, dass das „Versteckspiel“ durch das Coming-Out ein Ende genommen hat. „Bevor wir uns geoutet haben, hat es sich so angefühlt, als würden wir etwas verbotenes tun, weil wir uns nie zeigen konnten.“

Ängste als bisexuelle Frau in einer festen Beziehung

„Dass ich bisexuell bin, habe ich meiner Familie und meinen Freunden so nebenbei erzählt. Das war keine große Sache“, so Maja. Inzwischen ist sie seit drei Jahren in einer festen Beziehung mit einem Mann. Die beiden wohnen auch zusammen und besitzen einen gemeinsamen Hund.

Obwohl Maja sehr glücklich in ihrer Partnerschaft ist, hat sie gelegentlich Zweifel, dass ihr eines Tages eine Frau an ihrer Seite fehlen könne. Das Gefühl, eine Beziehung mit einer Frau zu vermissen, habe sie nie gegenwärtig verspürt. „Trotzdem habe ich Angst, dass ich irgendwann mal das Bedürfnis habe, mit einer Frau zusammen zu sein - gerade auf die Intimität bezogen.“

Über ihre Sorgen habe Maja bereits mit ihrem Freund gesprochen. Eine mögliche Lösung für das Problem haben die beiden gefunden: „Ein Dreier wäre eine Option, falls mir die Intimität mit einer Frau mal fehlen sollte.“ Für Majas Freund sei ihre sexuelle Orientierung zu keinem Zeitpunkt ein Problem gewesen. Er sei diesbezüglich offen und verständnisvoll.

„Wer ist der Mann in eurer Beziehung?"

In der Vergangenheit hatte Maja es mit Vorurteilen und Diskriminierung zu tun. Viele Beleidigungen und negative Kommentare seien von Fremden gekommen. Wenn sie Händchen haltend mit ihrer Ex-Freundin durch die Stadt gelaufen ist, seien ihnen Bemerkungen hinterhergerufen worden wie „Ihr müsst euch doch schämen“ oder „Ihh, ihr seid ekelig“.

„Sowas hat mir immer sehr wehgetan und in solchen Situationen habe ich auch mal eine Träne verdrückt", erzählt sie. Nichtsdestotrotz zeigt sie sich in der Öffentlichkeit weiterhin als bisexuelle Frau und lässt sich nicht in die Ecke drängen. „Würde ich mich anders verhalten, müsste ich mich verstellen. Und das wäre für mich noch schlimmer als die Kommentare.“

Jetzt lesen

Außerdem hat Maja gehäuft Vorurteile und „dumme Sprüche“ von Kollegen sowie Bekannten erfahren müssen. Diese hätten sich insbesondere auf der sexuellen Ebene abgespielt. „Oft wurde mir damals unterstellt, dass ich auch auf Frauen stehe, weil ich noch nie von einem richtigen Penis befriedigt worden bin“, sagt sie.

Standardfragen wie „Können wir einen Dreier haben?" oder „Können sich Frauen gegenseitig überhaupt zum Orgasmus bringen?" seien häufig gestellt worden. Doch insbesondere die Frage „Wer ist der Mann in eurer Beziehung?" habe Maja während der Beziehung mit ihrer Ex-Freundin genervt. „In einer Beziehung zwischen zwei Frauen gibt es keinen Mann. Da hat auch keiner die männliche Rolle, weil beide ja weiblich sind“, erklärt sie.

Die Gesellschaft muss lernen, wie vielfältig Sexualität ist

Der Großteil der Gesellschaft reagiere inzwischen positiv auf Sexualitäten, die nicht der Norm entsprechen, findet Maja. Dennoch müsse eine breite Masse an Menschen hinsichtlich sexueller Ausrichtungen besser aufgeklärt werden. Ein weiterer Teil müsse erlernen, tolerant und aufgeschlossen zu werden.

Schlagworte:
Lesen Sie jetzt