Mehr als vier Jahre liegt die Sprengung des ehemaligen Kraftwerks Gustaf Knepper zurück. Eine Million Tonnen Material hat das Unternehmen Hagedorn Revital danach bewegt, um für die Folgenutzung die knapp 60 Hektar große plane Fläche vorzubereiten.
Doch 50 Monate, nachdem gewaltige Detonationen Kühlturm, Schornstein und Kesselhaus zusammenstürzen ließen, herrscht gespenstische Ruhe an der Stadtgrenze von Dortmund und Castrop-Rauxel. Was ist da los?, fragen Anwohner und Leser.
Beide Städte wollen auf dem Areal ein Gewerbe- und Industriegebiet errichten. Schwerpunkt: Logistik. Vertragspartner ist die „LogPoint Ruhr“ GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen von Hagedorn Revital und des britischen Segro-Konzerns. Hagedorn ist Spezialist für die Aufbereitung von Industriebrachen, Segro ein Entwickler von modernen Gewerbe- und Logistikimmobilien.
Brücke ist standfest
Beide Städte müssen für das Vorhaben ihre Bebauungpläne ändern (Dortmund) oder erst aufstellen (Castrop-Rauxel). Ende 2022 standen die Ampeln sprichwörtlich auf Grün. Der Rat der Stadt Dortmund beschloss die Satzungsänderung. Darin eingeschlossen: ein Vertrag, in dem „LogPoint Ruhr“ in finanzielle Vorleistung für den Ausbau der Straße Langenacker und den Bau der sogenannten Planstraße über das künftige Logistik-Areal geht.
„Es passiert einiges, nur nicht auf der Fläche“, erklärt Rick Mädel, Geschäftsführer von Hagedorn Revital, auf Anfrage unserer Redaktion. „Der Satzungsbeschluss der Stadt Dortmund ist noch nicht rechtskräftig.“ Grund seien noch nicht unterzeichnete Verträge für die Erschließungssituation.
Konkret geht es um den Autobahnanschluss Dortmund-Bodelschwingh und sein Umfeld: die notwendige Fahrbahnerweiterung der Straße Königshalt mit der Kreuzung Langenacker sowie den Umbau der Rampen für Auf- und Abfahrt in der Anschlussstelle. Denn neben den beiden Städten und „LogPoint Ruhr“ sind auch der Landesbetrieb Straßen.NRW und die Autobahn Westfalen GmbH beteiligt.
Die Ertüchtigung des Autobahnanschlusses, der Landesstraße Königshalt und der städtischen Straße Langenacker sind der Dreh- und Angelpunkt des Verkehrskonzeptes: Das Verkehrsgutachten nennt allein 3862 Lkw-Fahrten täglich. 95 Prozent davon rollen über den Autobahnanschluss. Hinzu kommende tausende Autos.

Ein Unsicherheitsfaktor in der Verkehrsplanung sei seit Anfang April abgearbeitet, erklärt Rick Mädel. Die Brücke Königshalt, die über das Ende der Autobahn 42 führt, „ist standfest und bleibt standfest, wenn wir die Fahrbahnerweiterung machen“. Mehrere Ingenieurbüros hätten die Statik nachgerechnet.
Ende Mai, Anfang Juni rechnet er damit, dass die Verträge mit Straßen.NRW und Autobahn Westfalen unter Dach und Fach sind. „Der Ball liegt bei der Stadt Dortmund, konkret beim Tiefbauamt“, betont er. „Die müssen die Verträge aufsetzen.“
In Castrop-Rauxel solle der Satzungsbeschluss über den neuen Bebauungsplan für den kleineren Bereich des Gewerbegebiets im Mai erfolgen. Und dann gleich Rechtskraft erhalten. Anders als Dortmund schließe die Europastadt mit Straßen.NRW einen Vertrag über den Aus- und Umbau der Oststraße im Abschnitt zwischen Deininghauser Weg und der sogenannten Planstraße. „Castrop-Rauxel überträgt den Vertrag dann auf uns.“
Wirtschaftlich unter Druck
Die „LogPoint Ruhr“ GmbH stehe zu ihrem Wort gegenüber den Anwohnern. „Wenn das Baugebiet in Betrieb geht, muss eine deutliche Verbesserung der gesamten Infrastruktur gewährleistet sein“, erklärt Mädel. „Sonst hätten wir Chaos.“ Er rechnet mit dem Beginn des Neu- und Ausbaus der Straßen im letzten Quartal 2023. Wenn alle Verträge rechtskräftig seien, könne Entwickler Segro die Bauanträge für die ersten Gebäude stellen.
Der Hagedorn-Manager räumt ein: „Die vier Beteiligten und die LogPoint-Ruhr unter einen Hut zu kriegen ist Champions League.“ Aber: „Es gibt kein Problem, das wir nicht gelöst haben.“
Dennoch: „Durch den Formalismus haben wir zirka eineinhalb Jahre Verzögerung“, sagt Mädel. Dazu habe zu Teilen auch Corona beigetragen, wenn „gewisse Gesprächsrunden nicht zustande kamen“. Er verweist aber auch auf knappe Kapazitäten bei den Behörden und Baulastträgern.
„In der jetzigen Situation ist das nicht schön“, sagt er. „Wir stehen wirtschaftlich enorm unter Druck und leben davon, dass sich Projekte entwickeln.“ Die Energie- und Finanzkrise bedrohe derlei Projekte. Bislang hätten Hagedorn Revital und LogPoint-Ruhr nur investiert und Geld ausgegeben. „Irgendwann muss man mal in die Vermietung kommen.“

Der sich hin schleppende Fortschritt ärgert den Geschäftsführer hörbar. Die Entwicklung der ehemaligen Kraftwerks-Fläche sei „das immer noch größte Revitalisierungs-Projekt in Deutschland“, betont er. „Es steht im Fokus.“ Und sei beispielhaft, wie große Industrieflächen rückgebaut, Altlasten gemanagt und Bauland nachhaltig entwickelt werden.
Rick Mädel ist als Hagedorn-Manager auch Vorsitzender des Deutschen Brownfield Verbandes. Als solcher stehe er in Verhandlungen mit Bundesministerien. „Das muss schneller gehen“, sagt er mit Blick auf die Verzögerung beim „LogPoint Ruhr“. „Wir müssen Bürokratismen lösen, sonst kommen wir nicht vom Fleck.“
Die auf Entwicklung von Industriebrachen spezialisierten Brownfield-Unternehmen würden sonst nicht mehr in Deutschland investieren. Das von der Politik ausgerufene Ziel im Flächenverbrauch von „Netto Null bis 2050“ sei dann in Gefahr.
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