In einigen Momenten ist es einfach zu viel. Selbst für einen so tapferen achtjährigen Jungen wie Lian Born. Er kämpft seit Monaten unter ganz besonderen Vorzeichen sehr tapfer gegen eine Krebserkrankung. Im Herbst 2024 haben er und seine Familie in der Kinderklinik Dortmund erfahren, dass er einen Tumor in Harnblase und Prostata hat. Ein unbegreiflicher Schicksalsschlag: Denn schon Lians großer Bruder Fynn hatte Krebs und starb nach langem, mutigem Ringen an einem Hirntumor.
Lian wusste von der ersten Minute an, was die Diagnose bedeutet: „Ich will nicht auch an Krebs sterben, der hat mir schon meinen Bruder genommen“, sagte er seinen Eltern, als sie ihm die Diagnose im September 2024 mitteilen mussten.

Seitdem tut die gesamte Familie alles dafür, dass Lian wieder gesund wird. Aktuell muss sich der Junge aus Castrop-Rauxel Bestrahlungen unterziehen. Von Montag bis Freitag geht es dafür jeden Tag in das Westdeutsche Protonentherapiezentrum nach Essen. Die Therapieform dort gilt als schonend, trotzdem verlangt sie Lian an manchen Tagen mehr ab, als ein Kind ertragen kann.
„Es ist schwierig auszuhalten“
„Manchmal ist alles zu viel und es fließen Tränen, dann bricht alles aus ihm heraus“, beschreibt Heike Born. Die drei Bestrahlungseinheiten pro Behandlung dauern jeweils zwar nur etwa zwei Minuten, aber in dieser Zeit ist Lian allein im Behandlungsraum. Insgesamt muss er 30 bis 45 Minuten regungslos auf einer speziell für ihn angepassten Vakuummatratze liegen. Die Geräte müssen sehr exakt ausgerichtet werden, die richtige Liegeposition muss perfekt passen und wird per Röntgenbild überprüft. Nur so ist sichergestellt, dass die Bestrahlung die richtigen Bereiche trifft.
„Sich so lange gar nicht zu bewegen, das ist für einen Achtjährigen extrem schwer.“ Die Alternative wäre allerdings auch belastend: „Die andere Möglichkeit wäre, ihn jeden Tag dafür in Narkose zu legen, das haben wir ihm auch so erklärt. Diese Variante wollen wir vermeiden.“
Und auch darüber die fordernde Behandlungszeit hinaus muss Lian aktuell einiges wegstecken: „Leider verträgt er die Bestrahlung nicht ganz so gut. Es ist sehr schwierig auszuhalten.“ Lians Haut ist durch die Bestrahlung gerötet und schmerzt.
Genug Gründe, dass der kleine Junge zwischenzeitlich nicht mehr kann und will. Umso wichtiger waren daher zwei Meilensteine, die Lian kürzlich erreicht hat. Wie schon sein großer Bruder Fynn hat er während der Chemotherapie ein Buch geschrieben: Im Gegensatz zu Fynn, dessen Zielgruppe eher Erwachsene waren, denen er vom Kampf gegen den Krebs berichtet hat, hat sich Lian für ein Kinderbuch entschieden.
Auf 52 Seiten erzählt er darin die Geschichte von einem kleinen Jungen, der mit imaginären Freunden Abenteuer erlebt. „Er hat mir gesagt, was ich schreiben soll, ich habe es getippt und beim Formulieren geholfen. In der letzten Chemo ist es fertig geworden. Da war ich sehr stolz auf ihn.“
Die letzte Chemotherapie in der Kinderklinik Dortmund - ein zweiter, riesiger Meilenstein in Lians Kampf gegen den Krebs. Etwas mehr als zwei Wochen ist das her. „Als wir davon nach Hause kamen, gab es eine Überraschungsparty“, erzählt Heike Born. Das Wohnzimmer mit Girlanden und Luftballons geschmückt und die ganze Familie feierte mit. „Es war eine Mischung aus: ‚Toll, dass du so tapfer warst‘ und ‚Den Rest schaffst du auch noch‘“, fasst die Castrop-Rauxelerin zusammen.

Das Zelltief, in dem die Blutwerte nach der Chemotherapie schlechter werden und er anfälliger für Infektionen ist, hält zwar noch an, doch in ein paar Tagen (Stand 10. April) sollte auch das überstanden sein. Nach den Osterferien möchte die Familie dann einen wichtigen Schritt zurück in den Alltag unternehmen: Stundenweise soll Lian wieder in die Schule gehen. Aktuell kommt ein Lehrer dreimal pro Woche zum Unterricht zu ihm nach Hause oder Lian nimmt über einen Avatar, eine Art Roboter, der ihn im Klassenraum „vertritt“, am Unterricht teil.
Fast zeitgleich zur Rückkehr in die Schule sollte Lian Ende April die letzte Bestrahlung hinter sich gebracht haben. Danach beginnt das Warten. Zwei Wochen nach der letzten Bestrahlung wird ein erstes MRT hoffentlich zeigen, dass das Tumorgewebe nicht mehr aktiv ist. Sechs Wochen später folgt ein zweites MRT, das endgültig Gewissheit bringen soll.
Eine zunächst angedachte Operation, um den Tumor zu entfernen, haben die Ärzte mittlerweile verworfen. Aktuell gehen sie davon aus, dass die Chemotherapie und die Bestrahlung ausreichen, um den Tumor zu zerstören.
Ein erstes äußeres Anzeichen für die Fortschritte gibt es schon: „Er hat für sich schon festgestellt, dass er wieder ein paar Haare bekommt. Ein ganz leichter Flaum, wirklich sehen kann man es noch nicht. Aber die Haare kommen wieder - dann sieht man ihm die Krankheit nicht mehr an. Das wird ihm viel Lebensqualität zurückgeben.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 10. April 2025.