Legenden des Dortmunder Nachtlebens Diese 8 Party-Locations machten die letzten 10 Jahre dicht

Legenden des Nachtlebens: Diese Clubs und Bars hat Dortmund verloren
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Das Nachtleben in Dortmund blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Von den zahlreichen Diskos, Clubs und Bars sind nicht mehr viele übrig. Legendäre Feierorte haben in den letzten Jahren geschlossen. Manchmal gab es einen Nachfolger, manchmal aber auch Leerstände. Andere Gebäude, wie vor kurzem das der Marlene-Bar im Unionviertel wurden abgerissen oder sollen wie im Fall des Rekorders abgerissen werden. Diese acht Party-Locations haben in den letzten zehn Jahren geschlossen:

Keller

Die Studenten-Disko „Im Keller“ in Dortmund an der Geschwister-Scholl-Straße 24 schloss nach 19 Jahren. „Wer nicht lieb ist, kommt in‘ Keller“ war das Motto des Clubs, der für seine Partys am Donnerstag bekannt war. Die Schließung 2015 folgte nach langen Streitigkeiten zwischen dem Betreiber, Georg Otto, und dem Eigentümer, der Familie Krämer. Pläne, das Gebäude umzunutzen, standen im Weg. Der Erhalt der Disko war ursprünglich geplant, doch Unstimmigkeiten über einen erneuerten Pachtvertrag führten zur Entscheidung, sich auf einen Auszug zu einigen.

Das Erfolgsgeheimnis war die familiäre Atmosphäre des Party-Wohnzimmers, fanden viele. Auch BVB-Spieler kamen regelmäßig. Neven Subotic hat hier sogar mal spontan eine halbe Stunde gerappt. Eine Neuauflage der Kellerpartys gab es ab 2018 im Alten Weinkeller an der Märkischen Straße.

Party in der ehemaligen Dortmunder Disko "Im Keller".
Der Keller war besonders bei Studenten beliebt. © Privatarchiv Miriam Graßhoff

Spirit

Eine der ältesten Diskotheken der Stadt schloss im Juli 2018 seine Türen. Die Kult-Disko Spirit im Brückstraßenviertel machte nach über 30 Jahren dicht. Ein Jahr vorher hatte Betreiberin Sarah Plat zum ersten Mal das Aus der 1982 eröffneten Diskothek an der Helle 9 verkündet. Hunderte Spirit-Fans feierten eine Abrissparty.

Eine Frau feiert in der Discothek "Spirit" in Dortmund.
Die Abschiedsparty in der Discothek Spirit im Jahr 2017. © Nils Foltynowicz

Fünf Wochen später aber gab es die Wende: Das Spirit machte noch einmal auf. Sarah Plat und ihr Team renovierten den Laden, fanden mit einer Brauerei und einem Getränkegroßhändler neue Unterstützer. Das Spirit, als Rock-Disko geliebt und berüchtigt, öffnete sich zudem für neue Musik-Richtungen. Die DJs legten Hip-Hop, Pop und zuletzt Techno auf.

Geschäftsführerin Sarah Plat sagte damals, es sei den Betreibern schwergefallen, aber die Disko könne aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiter bestehen. Sie beklagten einen deutlichen Besucherrückgang im Brückstraßenviertel. „Das Viertel stirbt aus“, erklärte Plat schon bei der ersten Schließung 2017.

2021 gab es mit dem Spirit 2.0 eine Neuauflage. Aber auch dieses Projekt scheiterte. Die Disko schloss noch im selben Jahr. Immerhin den Räumen der Kult-Disko ist neues Leben eingehaucht worden: Die Szene-Kneipe Hirsch Q ist dort eingezogen.

Village

Das „Village“ stand viele Jahre lang im Mittelpunkt des Nachtlebens und zog verschiedenste Gäste, von Abiturienten bis Promi-DJs, an. Aufgrund neuer Brandschutzbestimmungen musste der Club allerdings schließen, wie die Betreiber im Dezember 2018 auf der Facebookseite erklärt hatten. Seitdem waren keine weiteren Beiträge über das Village veröffentlicht worden. Der Club stand seitdem leer und wurde 2020 zur Miete angeboten.

Viele Menschen feiern im Village in Dortmund.
Das Village: Wo heute Leerstand herrscht, ging früher die Post ab, wie dieses Foto aus dem Jahr 2006 beweist. © Knut Vahlensieck

Das Village blickte auf eine 28-jährige Geschichte zurück. 1994 gab es Ärger mit BVB-Neuzugang Júlio César. Der dunkelhäutige Fußballer war ohne Begründung an der Tür abgewiesen worden. Eine Rassismus-Debatte entbrannte, es kam zu Demonstrationen vor der Disko am Westenhellweg. Selbst der damalige Oberbürgermeister Günter Samtlebe schaltete sich ein. Betreiber Herbert Schoeb schrieb César eine Entschuldigung. Der Brasilianer, der gedroht hatte, den BVB und Dortmund wieder zu verlassen, überlegte es sich doch anders und blieb beim Verein und in der Stadt.

Marlene-Bar

Die Marlene-Bar in Dortmunds Humboldtstraße schloss 2021 nach neun Jahren. Das löste eine Welle der Empathie und Betroffenheit aus. „Ich gehe lieber mit einem Knall und alle haben es gut in Erinnerung“, sagte Betreiber Tobias Heitmann damals. Er begründete die Schließung nicht mit finanziellen Problemen, sondern mit der Unmöglichkeit, die Bar unter den geltenden Abstandsregelungen zu betreiben.

Damals sorgte die Delta-Variante des Corona-Virus für Unsicherheit. Die Bar, bekannt für ihre Lage und Streetart-Verzierungen, wurde wegen der Corona-Pandemie geschlossen, was Heitmann als Ende eines „Herzensprojekts“ sah. Im März dieses Jahres wurde das Gebäude im Unionviertel dem Erdboden gleich gemacht.

Tobias Heitmann steht vor den Trümmern seiner alten Bar an der Humboldtstraße in Dortmund.
Tobias Heitmann steht vor den Trümmern seiner alten Bar an der Humboldtstraße. © Lukas Wittland

Daddy Blatzheim

Ebenfalls der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen ist der Club „Daddy Blatzheim“ im Westfalenpark. Der Geschäftsführer Philipp Winterkamp sagte, dass es schwer sei, ein angemessenes Corona-Hygienekonzept umzusetzen. Die Krise traf die Gastronomie hart, mit einem Wegfall von 70 Prozent der Veranstaltungen. Das Blatzheim war ein multifunktionaler Veranstaltungsort. Neben wechselnden Partys hatte der Club auch Lesungen, Konzerte und Ausstellungen im Repertoire.

Eine Party im Daddy Blatzheim im Dortmunder Westfalenpark.
Das Daddy Blatzheim war lange fester Teil der Dortmunder Party-Szene. © Archiv

View

Über den Dächern der Stadt thronte zehn Jahre lang das „View“ – eine gehobene Party-Location im Dortmunder U-Turm. Wegen der Corona-Pandemie mussten die Betreiber Thomas Pieper und Till Hoppe den Club schließen. Eine richtige Wiedereröffnung hat die Rooftop-Bar seitdem nicht gefeiert. Neben den erschwerten Bedingungen durch die Pandemie fehlte es an Personal.

Große Party im Club "View" im Dortmunder U-Turm.
Im View im Dortmunder U-Turm wurde über den Dächern der Stadt gefeiert. © Firestarter Pro

Letztendlich nutzten die Betreiber die von der Pandemie auferlegte Zwangspause und orientierten sich um. An derselben Stelle eröffneten Pieper und Hoppe den Brauturm. Statt Cocktails werden dort seitdem Spanferkel-Braten serviert. Der Biergarten über den Dächern der Stadt orientiert sich an bayerischer Wirtshauskultur.

Silent Sinners

An der Möllerbrücke schloss im Dezember 2022 das Silent Sinners. Sebastian Noetzel, der den Club 2006 mit 22 Jahren eröffnete, fühlt sich zu alt, um Berufliches und Privates zu vereinbaren. Als Hauptgrund nannte er das Bedürfnis nach Familienzeit: „Natürlich gab es auch wirtschaftliche Aspekte. Aber in allerletzter Konsequenz war es das Familiäre, das den Ausschlag gegeben hat.“ An die Kellerräume an der Möllerbrücke haben viele Menschen schöne Erinnerungen. Die Zukunft der Räume an der Rittershausstraße blieb zunächst ungewiss.

Dann die gute Nachricht Anfang Oktober: Der Club an der Möllerbrücke kehrt zurück – und bekommt eine überdachte Außenterrasse. Mitte Oktober sprachen wir mit den neuen Betreibern des „SNRS“, die sagen, die Disco wird mehr als nur ein Club.

Sinners-Inhaber Sebastian Noetzel (r.) und sein DJ-Kumpel MLM bilden zusammen das Duo Discocolada.
Sinners-Inhaber Sebastian Noetzel (r.) und sein DJ-Kumpel MLM bilden zusammen das Duo Discocolada. © Lukas Wittland

Rekorder

2013 eröffnete in Dortmund der Rekorder, der für Partys, Konzerte und kulturelle Veranstaltungen bekannt war. Nach zehn Jahren ehrenamtlicher Führung durch das Kollektiv Tonbande e. V. musste der Rekorder in diesem Jahr schließen, weil der Vermieter überraschend kündigte. Max Tröndle vom Rekorder sagte im Oktober 2023: „Wir sind total getroffen von der Schließung“. Laut ihm hätten die Betreiber gerne weitergemacht, aber die Eigeninteressen des Vermieters standen dem entgegen.

Nach zehn Jahren musste der Rekorder in der Dortmunder Nordstadt unfreiwillig schließen.
Nach zehn Jahren musste der Rekorder in der Dortmunder Nordstadt unfreiwillig schließen. © BARZ fotografie service | Rüdiger Barz

Der Rekorder galt als Platz, um Neues auszuprobieren, war seit 2013 ein wichtiger Treffpunkt für die Dortmunder Subkultur. Viele Menschen kamen im März zur Abschiedsparty. Das Haus an der Feldherrnstraße soll abgerissen werden. Um den Standort kursieren viele Gerüchte – ein Supermarkt könnte hier entstehen.

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Legenden des Dortmunder Nachtlebens

In einer Serie haben wir viele legendäre Dortmunder Diskos vorgestellt. Alle Folgen können Sie hier nachlesen.

Anmerkung der Redaktion: Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist lediglich eine Auswahl. Der Artikel erschien ursprünglich am 27. April 2024, wir haben ihn aktualisiert und erneut veröffentlicht.