Sieben Monate nach seinem ersten, später widerrufenen Geständnis hat ein Arzt (67) aus Recklinghausen am Bochumer Landgericht eine neue Kehrtwende vollzogen – und erneut ein Geständnis abgelegt. Zuvor hatten sich der Mediziner und seine mitangeklagte Ehefrau (57) aus Herten auch abermals mit Gericht und Staatsanwaltschaft auf mögliche Sanktionen verständigt.
„Ich gestehe, Impfzeugnisse ausgestellt zu haben, ohne tatsächlich geimpft zu haben“, gab der Angeklagte am Dienstag (29.8.) zu. Die von ihm nur zum Schein geimpften Patienten seien „hoffnungslos verzweifelt“ gewesen, hieß es, hätten die Zertifikate angeblich benötigt, um nicht ihre Existenzen zu verlieren.
„Ich war überzeugt davon, so handeln zu müssen“, sagte der Arzt, der vor seiner Festnahme in Dortmund-Oespel gelebt hat. Anders als noch beim Januar-Geständnis vermied der 67-Jährige in der nun kürzer und pauschaler gehaltenen Erklärung ausdrücklich Begriffe wie „falsch“, „verantwortungslos“ und „beschämt“. Auch Tränen blieben diesmal aus.
Verständigung aufgekündigt
Ende Juni hatte die 12. Strafkammer in einem „Teilurteil“ gegen den Arzt für 207 Fälle von nachweislich ohne tatsächliche Impfung ausgestellten Corona-Impfnachweisen zwei Jahre und zehn Monate Haft verhängt. Der Mediziner hatte zuvor ein Geständnis und eine Strafen-Verständigung aufgekündigt - danach geschwiegen.
Hintergrund dafür war der Prozesseinstieg bekennend impfkritischer Verteidiger. Einer der Anwälte hatte Scheinimpfungen als Nothilfe verteidigt und behauptet, der Arzt habe unter Impfdruck geratenen Patienten lediglich geholfen, sie vor Nebenwirkungen der Corona-Impfung geschützt. Auch ein Vergleich des Arztes mit Oskar Schindler, der vom Abtransport in nationalsozialistische Vernichtungslager bedrohte jüdische Zwangsarbeiter gerettet hatte, war herangezogen worden.
„Extreme Bauchschmerzen“
Dem neuerlichen Geständnis des Arztes war ein Verständigungsangebot der Richter vorausgegangen, das die Staatsanwaltschaft trotz teils „extremer Bauchschmerzen“ mittragen würde.
Das Gericht signalisierte dem Mediziner darin zwar keine Maximalstrafe in Zahlen, dafür allerdings eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls spätestens bei Verkündung des zweiten Urteils. Der Mediziner sitzt seit Mai 2022 in U-Haft.
Bewährung möglich
Der Frau des Arztes wurde wegen Beihilfe die Verhängung von maximal neun Monaten Haft auf Bewährung zugesagt. Im Gegenzug wird „eine umfassende Einlassung, dass sie an 420 Fällen beteiligt war“ erwartet.
Bei dem Arzt würde sich die Strafe eines zweiten Urteils auf weitere 213 Scheinimpfungen konzentrieren. Dabei handelt es sich um die Fälle von Patienten, die geständig waren und deren eigene Strafverfahren abgeschlossen sind.
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